Spiegel will www

Titelschutz in allen Schreibweisen und Darstellungsformen gefordert

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Was beabsichtigt der Spiegel mit seiner Titelschutzanzeige für "www."? Will der Spiegel mit diesem Anspruch das world wide web übernehmen? Doch nicht nur der Spiegel beschreitet einen merkwürdigen Weg.

Im Titelschutzanzeiger werden entsprechend dem Markenrecht Titelschutzansprüche bekannt geben. Hier kann man regelmäßig allerlei skurrile Namen oder Titel lesen. Oft werden diese Anzeigen von Rechtsanwälten veröffentlicht, damit der Anspruchnehmer nicht sofort auf den ersten Blick ersichtlich ist. In der 46. Kalenderwoche sorgt jetzt allerdings ein Hamburger Magazin für Aufsehen: Der Spiegel gibt dort tatsächlich bekannt, den Begriff "www." in allen Schreibweisen und Darstellungsformen für sich in Anspruch nehmen zu wollen.

Unter Hinweis auf § 5 Abs. 3 MarkenG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für www. in allen Schreibweisen und Darstellungsformen, zur Verwendung in allen Medien, insbesondere Druckerzeugnisse, Hörfunk, Fernsehen, Film und elektronische Medien einschließlich Multimedia-Anwendungen (Online-Offline-Dienste) sowie für Bild-, Ton- und Datenträger aller Art und Merchandising.
SPIEGEL-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG, Brandstwiete 19, 20457 Hamburg

Doch will der Spiegel nach Angaben des Fachinformationsdienstes Internet Intern weder eine gleichnamige Printpublikation herausgeben noch den "aberwitzigen Plan verfolgen, alle URLs des deutschen Webs anzugreifen". Vielmehr soll es sich angeblich um einen Versuchsballon gehandelt haben, um zu testen, "ob diese Titelschutzanzeige Resonanz findet."

Internet Intern hält diese Vorgehensweise für einen nicht ungeschickten und vor allem kostengünstigen Weg, um eine wesentlich teurere internationale Markenrecherche zu vermeiden. Von der Seite betrachtet war diese Aktion wohl ein Erfolg, denn ein Unternehmen aus Luxemburg meldet sich als Inhaber von Ansprüchen. Internet Intern spekuliert weiter: "Da aber die Luxemburger offenbar den deutschen Titelschutzanzeiger regelmäßig prüfen und ihre Ansprüche auch vertreten, ist es nicht unwahrscheinlich anzunehmen, dass man nicht zum letzten Mal von diesem Markeneintrag gehört hat." Was also plant das Luxemburger Unternehmen und was hat der Spiegel wirklich mit dieser Titelanzeige im Sinn gehabt? Die Webadresse www.www.de zumindest ist bereits an die OT Online Verlagsgesellschaft mbH vergeben.

Skurriles unter Hinweis auf § 5, Absatz 3, MarkenG ...

Solche Vorstöße scheinen System zu haben, denn auch allgemeine Begriffe wie "Netmanager" oder "Rechtsanwaelte" werden beansprucht. Selbst der "Bundeskasper" findet sich hier. Offenbar werden auch weitere Titel im Bereich des "Quiz" (Quiz ist Trumpf, Quiz & Co, Quizkönig, Masterquiz, Quizklub und Quizkaiser) schon vorgemerkt.

Besonders dreist ist die Firma SystemBeratung GeD. Sie beantragt Titelschutz für: "Community, bCommunity, business community, electronic community, bCommunity.de, bCommunity.com, bCommunity.net, solutions, solutions community, eCommunity und mCommunity". Mit einer solchen Vorgehensweise wird sie in der Netzgemeinde genauso Kopfschütteln hervorrufen wie der Spiegel mit seinen Ansprüchen.

Erstaunlich, was manche Titelschützer mit "Phlebo-logisch, Phlebologisch Gynäko-logisch oder Gynäkologisch" anfangen wollen. Selbst "Der Sonntag" bzw. "Sonntag" ist nicht mehr heilig. Besonders fleißig ist auch die Raab TV Produktion, denn die will gleich Markenschutz für "Internet Total, UMTS Total, Online Total, www Total, Digital Total, SMS Total, Mobil Total, Total Online, Total Digital und Total Mobil." Da sage einer, das Leben ist keine Comedy. Oder müssen wir bei der Spiegel-Aufklärung wirklich noch auf die Produktion aus der spot-Media AG warten, denn die planen etwas unter dem Titel: "Humanität und Ethik in den Neuen Medien"?