Spießrutenlauf im Stadtverkehr oder Cruisen in Colorado
Zwei neue Action-Rennspiele liefern frei befahrbare Welten - und jedes auf seine Weise
Während "Forza Horizon" auf Atmo macht, dreht "Need for Speed: Most Wanted" am Rad - zwei Games für zwei Geschmäcker.
Der englische Spieleentwickler Criterion Software, ursprünglich bekannt für seine Rennspiel-Crash-Orgien der "Burnout"-Reihe, nimmt sich ein zweites Mal der ebenfalls aus dem Hause Electronic Arts kommenden Arcade-Rennspielmarke "Need for Speed" an. Herausragendes Element von "Need for Speed: Most Wanted" (für PC, Xbox 360 und Playstation 3) ist seine Multiplayer Online-Fähigkeit. Darauf ist es zugeschnitten - zwar nicht komplett, aber größtenteils. Wer also ein tiefergehendes Singleplayer-Erlebnis erwartet und gar nichts mit Onlinemehrspieler anfangen kann, wird aller Voraussicht enttäuscht sein.
"Need for Speed: Most Wanted" ist kein Rennspiel im herkömmlichen NfS-Sinne. Der Spieler verfolgt zwar eine Karriere, muss aber nicht strikt eine Rennstrecke nach der anderen abarbeiten. Vielmehr liegt ihm ein riesiger Rennspielplatz zu Füßen, der mit Kurven zum Driften, Rampen zum Springen und, im Einzelspielermodus, Sammelextras und Rätseln gespickt ist.
Der Fuhrpark besteht - typisch Need for Speed - ausschließlich aus lizenzierten Superflitzern der Marken Jaguar, Lamborghini, Audi, Aston Martin, BMW, Mercedes, Porsche sowie ein paar Muscle Cars. Die insgesamt knapp 120 Boliden sind wie Ostereier kreuz und quer über die fiktive Großstadt Fairhaven verteilt; sie stehen auf offenen Parkplätzen oder sind in Gebäuden versteckt - alle sind praktisch vom Start weg verfügbar.
Im Sinne der Need for Speed-Reihe müssen die Wagen allerdings erst getunt werden, um schneller und konkurrenzfähiger für die im Laufe des Spiels immer schwierigeren Herausforderungen zu werden. Jedem Wagen sind daher drei Rennen zugeteilt, in denen es Tunings und Punkte zu gewinnen gibt. Ziel ist es, ab einer bestimmten Punktzahl gegen einen von insgesamt zehn berüchtigten Street Racern anzutreten - so viel zur dürftigen wenn auch ausreichenden Rahmenhandlung.
In "Need for Speed: Most Wanted" bewegt sich der Spielspaß ganz nah am Rande des Chaos. Da den Machern von Criterion schon 2010 mit "Need for Speed: Hot Pursuit" ein Spiel der Reihe im Stile ihrer Adrenalin-haltigen Crash-Rennen von "Burnout" gelang, dreht sich auch jetzt alles um Rennspielstress bei Tempo 300. Drängeln und Rammen gilt als das Mittel zum Erfolg und Aufmerksamkeit ist das A und O: Wer blinzelt, verliert.
Criterions Plan war es wohl, eine Art "Burnout Paradise" (2008) -"hoch-Zwei" zu liefern, das dank des prominenten Serientitels die Chance auf noch mehr Abnehmer hat. Rein optisch betrachtet brilliert "Need for Speed: Most Wanted" auch in detaillierter Grafikpracht. Das wiederum führt auf Konsolen zu Framerate-Einbrüchen und ganz besonders die Xbox 360-Hardware scheint für dieses Niveau nicht mehr gerüstet zu sein. Spielerisch hakt es auf anderer Ebene. Als Grundvoraussetzung sollte jeder Fan von Arcade-Racern ein extrem hohes Maß an Stressbereitschaft mitbringen. Selbst, wenn er sich nur auf die Suche nach Plakatwänden zum Durchbrechen macht, die teils nur über verschlungene Zugangswege erreichbar sind, läuft er Gefahr, sich die Cops an den Hals hängen. Im Blitzgewitter von Radarfallen und rot-blauen Sirenen werden Verfolgungsjagden gegen eine nicht selten viel zu schnelle und aggressive Polizeiwagenflotte zur ultimativen Frustprobe.
Den mittellangen Einzelspielerspaß erweitert "Need for Speed: Most Wanted" mit einem Multiplayer Online-Modus, der seinem Namen alle Ehre macht. Hier können sich Gruppen an Spielern in ihren bevorzugten Autos zusammentun und gegeneinander antreten - sei es in Rennen oder zu Herausforderungen. Die sauber reagierende Steuerung und Fahrphysik sowie das unkomplizierte Tuning- bzw. Levelsystem gleichen allerdings nicht die vom Chaos verursachten Schwächen aus. Übertriebene Rempler und Seitenverkehr aus dem Nichts machen den Kampf um die Bestzeit zum Spießrutenlauf.
Rennspielfans, denen die Unberechenbarkeit inmitten eines randalierenden Autoschwarms aus Irren und einem Heer aus Cops weniger Spaß macht, müssen dieser Tage schon eine Xbox 360 ihr Eigen nennen. Exklusiv für Microsofts Konsole geht es im neusten Forza-Ableger gepflegt zur Sache. "Forza Horizon" schafft die Balance aus Arcade-Racer und Simulation und findet ebenfalls in einer offenen Spielwelt statt - eine Premiere für Forza. Handlungsort des Wettkampffestivals ist ein ländliches, an Colorado angelehntes Gebiet, dessen Straßennetz sich von der Flachebene bis ins Gebirge der Rocky Mountains erstreckt - eine Landschaft, die grafisch sehr stimmungsvoll in Szene gesetzt ist.
Der Spieler nimmt als unbeschriebenes Blatt an den Events teil, zunächst mit einem VW Corrado, später mit BMW, Mini, Audi, Chevrolet, Mercedes, Porsche, McLaren, Gumpert, Ferrari oder Lamborghini. Um an Ort und Stelle zu gelangen, markiert er einen Punkt auf der Karte und düst los. Es steht ihm frei, an welchem Event er als nächstes teilnimmt - sei es ein Festivalrennen, ein Schaurennen, ein Stuntrennen oder ein Straßenrennen. Die wichtigsten Events seiner Karriere sind Festivalrennen bei denen er neben Cash Punkte erspielt. Bei den Offroad-, Asphalt- oder gemischten Rennen handelt es sich um Rundstrecken oder kurvige Straßen von A nach B. Mit gesammelten Punkten schaltet der Spieler schließlich Qualifikationen zu neuen Rennserien frei.
Das Angebot weiterer Herausforderungen bringt Abwechslung ins Spiel und rechtfertigt das Konzept der offenen Welt mit simuliertem Tag- und Nachtzyklus: Die Rennautos, die der Spieler in zehn Schaurennen gewinnen kann, mit Preisgeldern kauft oder in versteckten Scheunen findet, kann er im freien Gehege fahren, um zufällig kreuzende Rivalen herauszufordern, Geschwindigkeitsrekorde aufzustellen oder mit dem Belohnungssystem zu spielen. Dieses verleiht ihm unentwegt Stilpunkte für 30 verschiedene Fahrmanöver wie Drifts, beinahe-Zusammenstöße, U-Turns oder Sprünge. So steigert er bei Fans wie Sponsoren seine Popularität und gewinnt weiteres Geld. Das Cruisen durch Colorado soll nun mal nie langweilig werden und wenn doch, gibt es Schnellreisepunkte, die allerdings solange Cash vom Konto abziehen, bis der Spieler drei Herausforderungen pro Stützpunkt bestanden hat.
Entwickler Playground Games hat den Forza-Ableger "Forza Horizon" für Anfänger wie Profis zugänglich gemacht und ein wenig an der Fahrphysik geschraubt: Während vorige Forza-Teile eher simulatorisch streng waren, liegen die Autos hier wesentlich kontrollierbarer in der Spur. Stellt der Spieler aber Hilfeeinstellungen nach seinem Geschmack um, wird auch "Forza Horizon" zur anspruchsvollen Simulation.
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