Spritpreise im Höhenflug: Kriegsfolgen auf der Tankstellenquittung
Der Importstopp für russisches Öl in den USA könnte die Spritpreise für lange Zeit auf einem hohen Niveau halten
Die Spritpreise in Deutschland kennen im Moment nur eine Richtung: nach oben. Am Dienstag kostete laut ADAC Diesel im Schnitt 2,15 Euro und er war damit zwölf Cent teurer als am Vortag. Für den Liter Super E10 mussten die Autofahrer an deutschen Tankstellen im Durchschnitt 2,103 Euro berappen. Auch hier ein Anstieg von fast zehn Cent innerhalb eines Tages. Und ein Ende des Anstiegs ist noch nicht in Sicht.
Als Hauptgrund nennt der ADAC die starke Nervosität am Rohölmarkt. Der Krieg in der Ukraine schüre Befürchtungen, dass es zu Lieferausfällen kommen könnten oder dass sogar ein Importstopp auf Rohöl aus Russland verhängt werden könnte. Ein Barrel der Sorte Brent klettere deshalb binnen einer Woche um fast 25 US-Dollar nach oben und kostet aktuell rund 130 US-Dollar.
Einsparpotenzial durch autofreie Sonntage?
Vor diesem Hintergrund wird bereits sinniert, wie man dem stetigen Preisanstieg begegnen könnte. Marion Jungbluth, Verkehrs-Expertin des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), hält autofreie Sonntage für sinnvolle Aktionen. Das hatte sie am Mittwoch im Handelsblatt erklärt. Darüber hinaus forderte sie von der Bundesregierung "intelligente und zielgerichtete" Entlastungsmaßnahmen. Schließlich solle Mobilität für alle bezahlbar bleiben.
Laut aktuellen Berechnungen der Umweltorganisation Greenpeace könnten in einem Jahr rund 1,3 Millionen Tonnen Kraftstoff gespart werden, wenn an zwei Sonntagen im Monat das Auto stehen gelassen wird. In der aktuellen Lage würde sich das aber wohl nur wenig auf die Spritpreise auswirken. Denn nur 2,6 Prozent des gesamten Absatzes an Kraftstoffen in der Bundesrepublik könnten auf diese Weise eingespart werden. Die Importe von Mineralöl würden um etwa 1,4 Prozent reduziert. Würden die Deutschen verpflichtet, jeden Sonntag ohne Auto unterwegs zu sein, würden die Importe auch nur um etwa 3,1 Prozent gesenkt werden.
Inzwischen hat die US-Regierung ein Importverbot für Öl aus Russland erlassen, was die Spritpreise noch weiter in die Höhe treiben könnte. Im letzten Jahr war Russland für die Vereinigten Staaten das drittwichtigste Land für Einfuhren von Rohöl und Erdölprodukten – hinter Kanada und Mexiko. Die russischen Öllieferungen machten etwa acht Prozent des gesamten Imports der USA aus.
Diese Menge muss nun aus anderen Ländern eingeführt werden – und das schmälert das Angebot auf dem Markt. Aber das russische Öl lässt sich nicht beliebig ersetzen, da für die Raffinerien eine ähnliche chemische Zusammensetzung des Öls notwendig ist. Am ähnlichsten ist das Öl aus Venezuela, Saudi-Arabien und dem Iran – und die US-Regierung unternimmt aktuell Versuche, von diesen Ländern – zusätzlich – beliefert zu werden.
Ob das gelingt, ist noch nicht sicher. Nicht umsonst warnte der russische Vizepremier Alexander Novak am Montag von Rohölpreisen von 300 US-Dollar oder höher.
Saudi-Arabien konzentriert sich auf Geschäfte in Asien
Saudi-Arabien, das einen vom "Westen" wenig beachteten brutalen Bombenkrieg im Jemen führt, gilt als enger Verbündeter Washingtons. Doch das Land konzentriert sich zunehmend auf das Geschäft in Asien. Nur wenige Stunden bevor der US-Präsident Joe Biden das Aus für Ölimporte aus Russland verkündete, gab der weltgrößte Ölkonzern Saudi Aramco seine Kooperation mit China bekannt.
Die Aramco-Tochter SAAC werde mit dem chinesischen Staatsölkonzern Sinopec Raffinerien und Petrochemiefabriken in China und Saudi-Arabien ausbauen, schrieb dazu das Handelsblatt am Mittwoch. Es gehe Aramco damit um seine "Expansionsstrategie in Asien". Ob von hier Hilfe zu erwarten ist, ist unklar. Auch deshalb, weil Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Kuwait genügend freie Förderkapazitäten hätten, um den Preis am Ölmarkt zu stabilisieren. Aber die zugesagte Menge von täglich 400.000 Fass mehr auf den Markt zu bringen, wurde bislang nicht umgesetzt.
Mit Venezuela verhandelt die US-Regierung momentan, aber auch das dürfte nicht so einfach werden. Denn bislang hatten die USA die Ölexporte aus Venezuela mit Sanktionen belegt. Auch mit dem Iran dürfte es nicht einfach werden. Zwar könnte er wieder mehr exportieren, wenn die Atom-Vereinbarung zwischen der USA, Russland, Iran und europäischen Ländern geschlossen wird. Doch bis der Export zulegt, könnten noch Monate vergehen, heißt es im Handelsblatt.
Denn Voraussetzung sei, dass der Iran zuerst seine Fortschritte im Atomprogramm zurücknimmt und dies von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) überprüft wurde.
Insofern wäre es nicht verwunderlich, wenn die Spritpreise für eine längere Zeit auf hohem Niveau verharren.
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