Spuren in den Tiefen des Meeres

Vulkanausbrüche wirken der Erwärmung der Meere entgegen

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Forscher des Lawrence Livermore National Laboratoryhaben die Langzeitwirkungen von Vulkanausbrüchen anhand verschiedener Klimamodelle verglichen. Dabei stellten sie fest, dass Vulkaneruptionen die – durch den Menschen verursachte – Erwärmung der Weltmeere verlangsamen. In der aktuellen Ausgabe von Nature (Vol. 439, Vol. 7077, 9. Februar 2006) erklären sie, wie das vor sich geht.

Am Montagmorgen des 26. August 1883 erschütterte eine ungeheure Explosion die Welt: Der Vulkan Krakatau, in der Sundastraße zwischen Sumatra und Java gelegen, schleuderte gewaltige Mengen von Asche und Gestein bis zu 80 Kilometer hoch in die Atmosphäre. Die unterirdische Magmakammer entleerte sich in Windeseile und stürzte ein, woraufhin sich Tsunami-Flutwellen bildeten, die zusammen mit Ascheregen und glühend heißen Gas- und Staubwinden viele Dörfer und Siedlungen zerstörten und rund 36.000 Menschen töteten. Feine Vulkanasche (Aerosol) stieg auf und verteilte sich in wenigen Tagen weltweit in der Atmosphäre. Und weil Aerosole das Sonnenlicht absorbieren, sinkt die Oberflächentemperatur des Meeres, ein Effekt, der nur einige Jahre anhält. So zumindest lautet die gängige Meinung.

Vergleich von 12 Klimamodellen

Forscher des Lawrence Livermore National Laboratory unter der Leitung von Peter J. Gleckler sind bei ihren Untersuchungen jedoch zu einem anderen Schluss gekommen. Sie analysierten die Langzeitwirkung von Vulkaneruptionen am Beispiel von 12 der derzeit am weitesten entwickelten („state-of-the-art“) Klimamodelle. Dabei konzentrierten sie sich auf die Veränderungen des Wärmeinhalts der Meere im Zeitraum von 1880 bis 2000 und verglichen Modelle, die keine Vulkaneruptionen berücksichtigen, mit Modellen, die diese enthalten.

Veränderung des globalen Wärmeinhalts der Meere in Simulationen mit (grün) und ohne (blau) Einberechnung von Vulkanausbrüchen im Zeitraum von 1880 bis 2000. (Bild: Nature)

Die Modelle stammen vom Hadley Center, Exeter, den japanischen Instituten Center for Climate System Research, Tokio; National Institute for Environmental Studies, Ibaraki; Frontier Research Center for Global Change, Kanagawa sowie dem amerikanischen National Center for Atmospheric Research) und dem Geophysical Fluid Dynamics Laboratory.

Dabei stellten die Klimaforscher fest, dass Vulkaneruptionen und insbesondere ein Mega-Ereignis wie die „Explosion“ des Krakataus Auswirkungen mit sich ziehen, deren Dauer deutlich unterschätzt wird. Die als Folge eines Ausbruchs abgekühlte Wasserschicht der Meeresoberfläche sinkt im Lauf der Zeit immer weiter in die Tiefen des Meeres ab und hält sich dort sehr lange. „Die Abkühlung drang in immer tiefere Schichten des Ozeans vor, wo sie jahrzehntelang blieb”, erklärt Gleckler. „Wir fanden heraus, dass vulkanische Auswirkungen auf den Meeresspiegel sogar viele Jahrzehnte lang anhalten können.”

Im Falle des Krakataus schwanken die Aussagen der Klimamodelle zwischen einer Dauer von 40 und 100 Jahren.

Die Kraft der Vulkane

Der Pinatubo, der 1991 mit flächenmäßig vergleichbarer Auswirkung und Intensität ausbrach wie der Krakatau, führte zu einer ähnlichen Abkühlung des Wärmeinhalts des Meeres. Doch die Ozeantemperatur hat sich anschließend schneller wieder erholt. Der Grund, schreibt Gleckler, ist der durch den Menschen verursachte Treibhauseffekt. Das bedeutet: Die Eruptionen wirken seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert der Erwärmung der oberen Meeresschichten entgegen, die auf menschliche Einflüsse zurückgeht.

„Vulkane besitzen eine enorme Wirkung. Die Erwärmung der Ozeane und der Anstieg des Meeresspiegels wären ohne sie schon viel weiter fortgeschritten“, so Gleckler.

Globale Anomalien der Ozeantemperatur mit und ohne (Non-V) den Einfluss von Vulkaneruptionen. (Bild: Nature)

Obwohl die Forscher gewisse Schwächen bei den Klimamodellen einräumen, halten sie ihre Daten für stichhaltig. Sie fordern, dass die Auswirkungen des Krakatau-Ausbruchs unbedingt in Klimamodelle Eingang finden müssen, um die Erwärmung der Ozeane und den Anstieg des Meeresspiegels in der Vergangenheit zuverlässiger berechnen zu können.

Dass es im Indischen Ozean irgendwann wieder einen größeren Knall geben wird, ist absehbar. Schon das Seebeben von 2004 war, wie sich herausstellte, im Grunde keine große Überraschung (Die Weihnachtsflut kam nicht wirklich überraschend). Der so genannte indonesische Feuergürtel ist mit 150 aktiven Vulkanen eine der vulkanisch aktivsten Regionen der Welt. Dort stößt die Australische-Ozeanische Platte auf die Asiatische Kontinentalplatte. Doch ein Fünkchen Gutes bergen sogar solche Naturkatastrophen, indem sie den vom Menschen getriebenen Treibhauseffekt ein bisschen abmildern.