Sputnik-Umfrage zur Migration: "Jeder zweite Deutsche sieht schwarz"

Eigentlich hätte es heißen müssen, eine Mehrheit der Deutschen sieht keine Veränderung oder eine Verbesserung

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die russische Nachrichtenagentur Sputnik macht gerne Umfragen in westlichen Ländern, vor allem in europäischen, die Stimmungen verstärken sollen. In der Regel handelt es sich um einzelne Fragen, Hintergründe werden nicht erhoben. Ausgeführt werden sie von beauftragten Meinungsforschungsinstituten. Herausgepickt werden gerne Themen wie die Immigrations- oder Flüchtlingspolitik, wo die Regierungen unter Kritik stehen und in Konkurrenz zu meist rechtspopulistischen oder rechten Parteien geraten.

Das ist auch bei der neuesten Umfrage der Fall, für die das französische Meinungsforschungsinstitut Ifop vom 22. bis 26. Oktober in sieben Ländern mehr als 7000 Menschen befragte, wie sich "die Situation um Migranten im Jahr 2016 entwickelt" hat.

Vorgegeben waren die Alternativen "verbessert", "verschlechtert" oder "unverändert". Das ist ein Indiz darauf, dass man gerne ein eindeutiges Ergebnis anstrebte. Es wird auch sehr zwanghaft versucht, aus den Ergebnissen Markantes herauszulesen, das für die Regierungsseite eher negativ ist.

In Deutschland sagen sogar 16 Prozent, die Situation, was immer damit genauer gemeint ist, habe sich verbessert (da im Oktober befragt, spiegelt darin nicht die Stimmung nach dem Anschlag in Berlin). Für 45 Prozent hat sich die Situation verschlechtert. Das würde bedeuten, dass für eine Mehrheit von 55 Prozent die Situation entweder besser oder weder besser noch schlechter wurde (36 Prozent). Sputnik macht daraus in einer ziemlichen plumpen Manier: "Jeder zweite Deutsche sieht schwarz." Aus einer Minderheit wird also für die deutsche Ausgabe eine Pattsituation gemacht. Dargestellt wird die Umfrage zudem als Stimmungsausdruck ein Jahr nach den sexuellen Über- und Angriffen in der Silvesternacht in Köln.

Genauere Auskunft erhält man nicht: "In Deutschland sprachen vor allem Anhänger eher rechter Parteien von einer Verschlechterung. Auffällig ist eine hohe Diskrepanz zwischen der Bundeshauptstadt und einzelnen Bundesländern: In Berlin sehen 'nur' 29 Prozent der Befragten eine Verschlechterung, in Brandenburg etwa sind es ganze 50 Prozent." Man darf vermuten, dass es sich eher um die ostdeutschen Bundesländer handelt, aber dass Brandenburg als Extrem erwähnt wird.

Die Polen scheinen nicht so überzeugt zu sein, dass ihre neue Regierung die Situation verbessert hat. Das meinen 6 Prozent, während 35 Prozent sagten, die Lage habe sich verschlechtert. In den USA haben sich mit 19 Prozent die meisten für eine Verbesserung ausgesprochen, 38 Prozent für eine Verschlechterung. Düster sieht es hingegen nach der Umfrage in Italien aus, das ähnlich wie Griechenland für den Rest der EU mit Flüchtlingen konfrontiert ist und damit alleingelassen wird. Hier sagen 79 Prozent, die Lage habe sich verschlechtert. Aber auch in Frankreich sind 67 Prozent oder in Großbritannien 53 Prozent dieser Meinung.

In der englischen Version spricht Sputnik davon, dass die Europäer eine "wachsende Migrationskrise" sehen. Hier wird weiter nicht viel interpretiert und festgestellt, dass die meisten derjenigen, die eine Verschlechterung sehen, dem Umkreis von rechten Parteien zuzuordnen sind und über 35 Jahre alt sind. Ausnahme seien Polen, wo es keine Unterschiede hinsichtlich der Parteipräferenzen gebe, und Deutschland, wo es keine Unterschiede bei Altersgruppen geben soll. In der französischen Version wird getitelt, dass "eine Mehrheit der Europäer keine Verbesserung der Migrationssituation" sieht.

Der russische Präsident Wladimir Putin genießt offenbar weiter das Vertrauen von fast allen Russen. Nach einer aktuellen Umfrage von VCIOM finden 85,5 Prozent der Befragten seine Politik für gut, im Oktober waren es noch 84 Prozent. Seine Popularität legt mit 61,3 Prozent ebenfalls weiter zu, Putin steht damit weit vor anderen Politikern wie Lawrow oder Medwedew in der Gunst der Russen.