Ständekämpfe in der römischen Republik: Wie Plebejer um ihre Rechte rangen
Die soziale Ordnung der römischen Republik war von Ungleichheiten geprägt. Die Plebejer forderten Rechte von Patriziern. Ihr Kampf führte zu Reformen, die das politische System veränderten.
Was war die römische Republik? Welche sozialen Gruppen rangen in ihr um Macht, Reichtum und Prestige? Wie beeinflussten sich innere Konflikte und äußere Kriege gegenseitig?
Die Rezeption von Quellen jener Zeit und historischen Untersuchungen darüber kann uns Aufschluss geben. Über die soziale Ordnung der römischen Republik, die Ständekämpfe, Reformen und Revolten im alten Rom. Und darüber, wie hart arbeitende Hände und ein gefräßiger Magen zu einer Einigung fanden.
Soziale Gruppen in der Römischen Republik
Die römische Gesellschaft beschrieb der britische Historiker Perry Anderson in seinem Hauptwerk "Von der Antike zum Feudalismus: Spuren der Übergangsgesellschaften" als eine Sklavengesellschaft.
Die vollständige Verfügung der herrschenden Patrizier über rechtlose Sklaven sei die wirtschaftliche Grundlage nicht nur der römischen Antike gewesen, auf der andere Formen des Wirtschaftens – wie Handwerk, Handel und Kriegsführung – aufbauten.
Roms Überlegenheit in der Kriegsführung und Etablierung von Rechtsordnungen in eroberten Gebieten verschaffte der Stadt bald einen relativen Vorteil gegenüber anderen antiken Städten.
Karthago, die griechischen Städte und Königreiche sowie zahlreiche Stammesgesellschaften gerieten nach und nach in Roms Gewalt und sorgten für einen Zustrom von Sklaven sowie enormen Bedeutungszuwachs des Militärs in der Gesellschaft.
Ansprüche von Feldherren und Veteranen gewannen an Relevanz und spielten insbesondere in der späten Republik, in den Bürgerkriegen sowie im Übergang von der Republik zum Kaiserreich eine tragende Rolle.
Dennoch sollte Rom weder auf den Konflikt zwischen Sklaven und Haltern noch auf die militärische Dimension reduziert werden. Insbesondere in der frühen Republik prägten Auseinandersetzungen zwischen den Patriziern und Plebejern die politischen Entwicklungen.
Waren die Patrizier aus der Entmachtung des Königs als privilegierte, wohlhabende und militärisch mächtige soziale Gruppe aufgestiegen, stellten die Plebejer als Handwerker, Händler, Bauern und Tagelöhner die Mehrheit der Stadtbevölkerung. Sie erhoben Ansprüche an Mitbestimmung und Umverteilung von Ressourcen und forderten die Macht der Patrizier mehrere Male heraus.
Ständekämpfe der frühen Römischen Republik
Eine Quelle, um die sozialen Kämpfe der römischen Republik nachzuvollziehen, ist das Geschichtswerk "Ab urbe condita" (deutsch: seit Gründung der Stadt) von Titus Livius. Der römische Geschichtsschreiber lebte zwischen 59 vor Christus und 17 nach Christus und erlebte den Übergang von der Späten Republik zum Prinzipat des Augustus mit.
Selber nicht politisch und militärisch aktiv, widmete er sein Leben ganz dem historischen, philosophischen und rhetorischen Schreiben.
Livius beschrieb in Ab urbe condita die zu seiner Lebenszeit bereits über 700-jährige Geschichte Roms. Von der sagenhaften Gründung durch Romulus und Remus über die Einführung der Republik bis zur Machtergreifung des Augustus nach langen Bürgerkriegen. Die zahlreichen Kriege gegen andere Städte und Stämme standen stets in einer Wechselwirkung zu innenpolitischen und sozioökonomischen Entwicklungen. Die Römer waren Treiber wie getriebene ihrer eigenen Taten.
Eine aufschlussreiche Episode sozialer Kämpfe in der Römischen Republik ist die sogenannte Erste Sezession der römischen Plebejer im Jahre 494 vor Christus. Livius dokumentiert sie in Buch 2, Kapitel 32 seines Werks.
Nach einem Krieg gegen die Sabiner erwogen die römischen Patrizier die Fortsetzung des Feldzuges gegen einen weiteren Gegner, die Aequer, um Versammlungen und Verschwörungen der Plebejer gegen die Patrizier vorzubeugen.
Die Plebejer, für den Krieg gegen die Sabiner zu den Waffen gerufen und auf den Diktator vereidigt, empörten sich und erwogen zunächst eine Revolte und die Ermordung der Konsuln.
Stattdessen entschieden sie sich für eine gewaltlose Widerstandsform. Sie zogen aus Rom aus und gingen auf den Heiligen Berg Mons Sacer, wo sie ein Lager aufschlugen.
Aus dieser Secession plebis (deutsch: Ausmarsch des einfachen Volkes) entstand eine politische Pattsituation: Einerseits fürchteten die Patrizier in Rom sich vor einem Aufstand oder einer Invasion feindlicher Mächte – andererseits wussten die Plebejer auf dem Mons Sacer nicht, wie weiter. Sie konnten keine neue soziale Ordnung schaffen.
Den Kompromiss fädelte schließich der Konsul Agrippa Menenius ein. Er vermittelte zwischen Plebejern und Patriziern und bewog erste dazu, nach Rom zurückzukehren.
Laut Überlieferung erreichte er dies mit der Parabel von Körper und Magen: Einst hätten sich die Körperteile entschlossen, den Magen nicht länger zu füttern, da er nur die Früchte der Arbeit anderer verzehre. Daraufhin wurden die Glieder kraftlos und mussten feststellen, dass der Magen für die Verteilung der Nährstoffe an die Körperteile zuständig war.
Livius zufolge beendeten die Plebejer daraufhin ihren Ausstand und kehrten nach Rom zurück. Allerdings geht Livius nicht darauf ein, dass auch die Patrizier etwas aus diesem Konflikt lernen mussten. So wurde nach der Secession das Amt des Volkstribunen, eine Vertretung der Plebejer im politischen System Roms mit Vetorecht bei Gesetzen, eingeführt.
Weitere Ausstände der Plebejer erkämpften beispielsweise die Erlaubnis von Ehen zwischen Patriziern und Plebejern, die Anerkennung von Beschlüssen der Volksversammlung als Gesetzen und schließlich die volle rechtliche Gleichstellung der Plebejer gegenüber den Patriziern.
Rom: Soziale Gruppen in Bewegung – Reformen und Revolten
"Es gibt keinen Grund für eine Veränderung, wenn jeder Bürger an seinem Platz fest etabliert ist", schrieb der römische Politiker Cicero in seiner staatstheoretischen Schrift De Re Publica.
So statisch und abgerundet war die Römische Republik zu keiner Zeit. Soziale Konflikte zwischen Plebejern und Patriziern, Stadt- und Landbevölkerung sowie zwischen Freien und Sklaven prägten die Entwicklung Roms.
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Neben den Ständekämpfen, den Erhebungen der Plebejer gegen die Patrizier, sind die Sklavenaufstände ein weiteres Konfliktfeld. Am bekanntesten ist hierbei der Dritte Sklavenkrieg, auch Spartacus-Aufstand genannt, im Jahre 73 vor Christus.
Er zeigte zunächst Erfolge des befreiten Sklavenheers, aber auch die Schwierigkeit, eine alternative Ordnung zur römischen Sklavengesellschaft zu organisieren und scheiterte schließlich an versperrten Fluchtwegen, Verrat und der Übermacht der römischen Legionen.
Ferner gab es auch Versuche, die Spannungen der römischen Gesellschaft von innen heraus zu verringern.
Die Reformversuche des Tiberius Gracchus strebten eine Verteilung des Landes und Abgeltung der Schuldenlast an, misslangen jedoch wegen an Intrigen seiner Widersacher und Grenzen der römischen Rechtsordnung. Spartakus' wie Gracchus' Geschichte sind unter anderem in der Schrift Bellum Civile (deutsch: Bürgerkriege) des römischen Historikers Appian dokumentiert.
Im kommenden Jahr erscheint die Monografie Strike: Labor, Unions, and Resistance in the Roman Empire der Althistorikerin Sarah Bond. Sie setzt sich weitergehend mit Widerständen der Plebejer auseinander.