Stinkende Fische

Die Rächer im Internet sind die hässlichste Seite des Verbal-Autismus im Web

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Nett ist das nicht: Immer mehr Netz-Nutzer rächen sich an unliebsamen Mitmenschen im Internet. Sie fluten Posteingänge, beschimpfen, verleumden und stellen extrem private Fotos auf extrem öffentliche Seiten.

John French aus London musste nach sechs Jahren Ehe feststellen, dass ihn seine Angetraute regelmäßig betrog. Nach der Beichte ließ sie ihn sitzen. Da fühlte sich der John wohl in seiner männlichen Ehre verletzt und gierte nach Rache. Er erinnerte sich an Nacktfotos, die er einst von seiner damals noch Liebsten schoss und stellte diese auf eine Internetseite, die extra für solche Aktionen installiert wurde und deren Adresse wir an dieser Stelle nicht nennen wollen, weil wir finden, dass es niemanden etwas angeht, wie Leute nackig aussehen, die nicht in der Porno-Branche arbeiten. John also verewigte dort die Fotos seiner Ex und schickte den entsprechenden Link an Kollegen und Freunde der Dame. Im britischen Magazin Internet Advisor brüstete sich der Verlassene später seiner Tat. Arme Wurst. Aber er ist nicht allein. Immer mehr Leute nutzen das Netz, um sich an unliebsamen Mitmenschen zu rächen. Jemandem eins Auszuwischen ist dabei ganz leicht. Vor allem aber kann sich der Rächer dabei verstecken, bleibt anonym und muss seinem Opfer nicht in die Augen sehen. Rache üben konnten schon die Christen gut. Und früher hat man ja auch mal gerne auf Klassenreisen Schuhcreme unter die Türklinke des Zimmers der Klassen-Prolls geschmiert. Von derartigen Aktionen mag man halten, was man will. Für die einen ist es ein dezent grober Scherz, für andere die Verletzung von Privatsphäre, Datenschutz und guten Sitten. Vor allem aber ist das virtuelle Piesacken seiner Feinde eine bezeichnende Begleiterschienung des Verbal-Autismus im Internet, wo Menschen unter dem Deckmantel der Anonymität kommunizieren, Freundschaften schließen und gerne mal rüde beenden. Im Virtuellen schreitet der allgemeine Sittenverfall scheinbar noch schneller voran. Das Problem der Opfer: Sie wissen oft weder, von wem die Attacke kommt, nach können sie sich dagegen wehren. Deshalb gilt: Vorsicht beim Verbreiten der E-Mail-Adresse. Und geht lieber mal zusammen ein Bier trinken und lacht euch an, statt ständig dämliche :-)s und :-()s in die Tastatur zu hacken. Außerdem ist eine ordentliche Prügelei mit seinen Feinden oftmals nicht nur befreiender, sondern auch weniger feige als die hinterlistigen Racheaktionen im Netz. Auf welche Ideen Menschen heutzutage so kommen, um anderen eins auszuwischen, erfahren wir auf diesen Seiten.

www.rvengelady.com Die Rachedame gibt Ratschläge für wirksame Vergeltungstaten. Außerdem erzählen Surfer, wie sie sich einst wann an wem gerächt haben. Das ist zuweilen so amüsant wie die Geschichte von den doofen Jungs, denen die Mädchen aus Rache für unsanfte Annäherungsversuche einen toten Fisch in den Autositz genäht haben.

www.theypayback.com Neben dem Lesen diverser Rachegeschichten und Erfahrungsberichte kann man - natürlich anonym - im Online-Shop diverse Präsente ordern und jene einem Mitmenschen seiner Wahl schicken lassen. Im Angebot sind: geschmolzene Schokolade, tote Fische und Mundhygiene-Sets.

www.cyberangels.com Für jede Reaktion gibt es eine Gegenreaktion. Die organisiert sich im Netz unter dem Namen Cyberangels. Wer sich im Netz durch Hacker, Viren-Verbreiter oder sonst wie Racheübende belästigt fühlt, kann sich an die Cyberangels wenden. Jene sind eine Gruppe aus IT-Spezialisten und Rechtsexperten, die seit 1995 uneigennützig Ratschläge gibt und Cyber-Kriminalität bekämpft.

Fünf böse Rachetaten

1. Das E-Mail-Bombardement

Das Postfach des Mitmenschen wird überschwemmt mit einer Flut von E-Mails. Das permanente Senden ein und derselben Mail übernehmen mittlerweile sogar eigens dafür angefertigte Programme. Ergebnis: Das Opfer findet ein und dieselbe Mail in tausendfacher Ausführung im E-Mail-Account, verliert Zeit und Nerven. Im schlimmsten Fall geht der Rechner in die Knie.

2. Flaming

Warum Flaming so heißt wie es heißt, wissen wohl nur jene, die den Begriff erfunden haben, handelt es sich doch hierbei um nichts anderes als die gute alte üble Nachrede. Man klickt sich in einschlägige Gästebücher und Foren und verbreitet böse Gerüchte über die bestimmte Person, die im besten Fall den anwesenden Chattern gut bekannt ist.

3. Kontaktanzeigen

Sie, die Rächer, nehmen die E-Mail-Adresse des Opfers, schreiben Kontaktanzeigen auf einschlägigen Internetseiten und erfreuen sich an dem Gedanken, dass das Opfer eindeutige Mails von Fremden bekommt, die gerne mit ihm anbändeln würden.

4. Entprivatisierung

Eindeutig private Fotos des Opfers werden auf eindeutig öffentlichen Seiten installiert, der entsprechende Links an Freunde und Bekannte gesandt. Der Gipfel der Gemeinheit.

5. Adressenverbreitung

Die E-Mail-Adresse des Opfers wird auf zahlreichen Internetseiten eingegeben. Der nichtsahnende Surfer darf seinen Posteingang täglich frei schaufeln, weil sich dort unliebsame Newsletter, Porno-Links und sonstiger Schrott unerwünscht anhäufen.