Stopp auf illegalem US-Stützpunkt: das Schweigen der "Bayern"
Eine Fregatte der Bundeswehr beteiligt sich im Indopazifik an einer Machtdemonstration gegen China. Zwischenzeitlich aber wurde es seltsam still um die Mission. Hier die Erklärung
Zuletzt war es beachtlich ruhig geworden um die Fregatte "Bayern" der Bundesmarine. Nachdem das Kriegsschiff Anfang August von Wilhelmshaven aus in dem Indopazifik aufgebrochen war, um mit weiteren Nato-Staaten militärische Präsenz zu demonstrieren, teilte sich die Besatzung fast täglich über den Kurznachrichtendienst Twitter mit.
Ein geplanter Tankstopp auf der von Großbritannien besetzen Insel Diego García hemmte die Mitteilungsbereitschaft nun erheblich. Nachdem in Deutschland Kritik an dem "Bunkerstopp" laut geworden war, schwieg die "Bayern". Sie meldete sich nach dem Auslaufen aus dem pakistanischen Karachi am 18. September erst wieder aus Australien. Das Transpondersignal wurde in der Zwischenzeit teilweise abgeschaltet.
Auch die Bundesregierung möchte zu dem angekündigten Stopp in Diego García keine Stellung nehmen. Sie tat sich merklich schwer, zu erklären, wie der Kontakt mit dem oft angestrengten Ziel einer "regelbasierten internationalen Ordnung" zu vereinbaren war.
Vielleicht, weil es keine schlüssige Erklärung gibt: Das deutsche Militär und die Bundesregierung haben mit dem geplanten Versorgungsstopp gleich mehrere international gültige Urteile missachtet, die eine Rückgabe des Eilands an den Inselstaat Mauritius fordern. Auch die UN-Vollversammlung hatte die westliche Militärverwaltung auf der kleinen Insel der Chagos-Gruppe als völkerrechtswidrig eingestuft.
Klärung konnten auch Anfragen aus dem Bundestag nicht schaffen. Erkundigt hatten sich die Fraktionen der AfD und der Linken nach dem umstrittenen Kontakt. Der zentrale Punkt, die Völkerrechtskonformität, aber ließ das zuständige Verteidigungsministerium (BMVg) offen. Auf eine entsprechende der Anfrage der Linken verwies das BMVg auf die Antwort an die AfD – ohne in der einen oder anderen eine rechtliche Erklärung zu liefern.
Anders als im Fall der Krim mochte sich die Bundesregierung noch nicht einmal mit der Frage auseinandersetzen, welche Staaten extraterritoriale Militärstützpunkte auf der geplanten Route der Bayern unterhalten.
Inwiefern die "regelbasierte Ordnung" es ermöglicht, das Völkerrecht zu unterlaufen, lässt die Bundesregierung ebenfalls unklar. Es handele sich um einen politischen Begriff, der "rechtlich nicht bindende Normen, Standards und Verhaltensregeln" beinhalte.
Völkerrecht nur, wenn es den eigenen Interessen dient
Rechtlich begründbar ist die Kollaboration mit dem Besatzungsregime nur schwer, zumal der Inselstaat Mauritius die Rückgabe der Insel seit Jahren fordert. Ursprünglich gehörte das Eiland zur britischen Kolonie Mauritius.
Vor deren Unabhängigkeit 1968 hatte London die kleine Insel der Chagos-Gruppe aus dem bisherigen Einflussgebiet ausgegliedert, um sie weiter besetzt halten zu können. Sie ist derzeit bis zum Jahr 2036 an die USA verpachtet, die dort einen Marinestützpunkt unterhält.
Mauritius' Kampf für die Rückerlangung des besetzten Gebietes ist nicht etwa umstritten, die Rechtslage ist eindeutig. Auch der internationale Gerichtshof in Den Haag hatte Großbritannien im Jahr 2019 aufgefordert, die Insel so schnell wie möglich an Mauritius abzutreten.
Im Januar dieses Jahres bestätigte der Internationale Seegerichtshof diese Rechtsauffassung. Einem entsprechendem Mehrheitsvotum der UN-Vollversammlung stellten sich neben den USA und Großbritannien nur weitere vier Staaten entgegen. Deutschland enthielt sich.
Der Linken-Verteidigungspolitiker Alexander Neu sieht in den verweigerten Antworten einen Beleg dafür, dass für die Bundesregierung sowohl das Verfassungsrecht als auch das Völkerrecht nur dann Bestand haben, wenn es den eigenen Interessen diene. Gegenüber Telepolis sagte er:
Die Bundesregierung propagiert zwar eine regelbasierte internationale Ordnung und trägt das Völkerrecht - wie immer - demonstrativ vor sich her. Was sie jedoch als Verstoß gegen das Völkerrecht benennt, macht sie davon abhängig, ob es zu ihren eigenen geopolitischen Ambitionen passt. So werden völkerrechtswidrige Aktivitäten anderer Staaten ganz nach dem eigenen Nutzen und Belieben ignoriert oder thematisiert. Das darf so nicht einfach hingenommen werden
Alexander Neu
Neu verweist auf einen schnell übersehenen Aspekt. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU habe bei Entsendung der Fregatte "Bayern" in den Indopazifik den "Wohlstand" und die "regelbasierte internationale Ordnung" als Ziele der Mission genannt. Die Absicherung von "Wohlstand" gehöre jedoch ausdrücklich nicht zum verfassungsgemäßen Aufgabenspektrum der Bundeswehr, so der Abgeordnete.