Strafbefehle für Spanien aus Brüssel

Nach der Rekordstrafe für die Telefonica ist nun die Regierung direkt angesprochen, weil sie Direktiven zur Fernsehwerbung nicht umsetzt

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Dem spanischen Ex-Staatsmonopolisten Telefonica wurde von der EU-Kommission eine Rekordstrafe von 151,9 Millionen Euro aufgebrummt, weil sie ihre Stellung bei DSL-Internetverbindungen missbraucht. Nun hat die Regulierungsbehörde CMT die Regierung aufgefordert, den Beschluss anzufechten, obgleich sie eigentlich für Wettbewerb sorgen sollte. Direkt wendet sich Brüssel mit einer Mahnung an die Regierung, weil es auch im Fernsehen hakt, Direktiven nicht umgesetzt werden und dort kein Markt entsteht. Telefonica als großer Medienkonzern ist auch hier betroffen.

Madrid rückt immer stärker ins Visier der Brüsseler Konkurrenzwächter. Nach dem langen Streit um die Übernahme des spanischen Energieversorgers Endesa durch E.On (Die spanische Art der Übernahme), der an der Regierung im Frühjahr scheiterte, setzt die Kommission den Hebel an. Vergangene Woche war die größte spanische Firma dran, bei der die Regierung über die umstrittenen Goldenen Aktien die Fäden zieht.

Exemplarisch, so hieß es aus Brüssel, soll Telefonica eine Rekordstrafe zahlen. Von den Konkurrenten verlangt der Monopolist hohe Preise beim Weiterverkauf von DSL-Verbindungen, sagte die Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes. Von 2001 bis 2006 hätte die Firma ihre Stellung "sehr ernst missbraucht", um Konkurrenz zu verhindern. Mehr als vier Millionen der 5,8 Millionen DSL-Anschlüsse betreibt die Telefonica noch. "Wenn Verbraucher und Unternehmen in so einem wichtigen Markt negativ betroffen sind, leidet die ganze Wirtschaft", sagte Kroes. Das gelte für die gesamte EU, weshalb sie ein Signal an alle Sektoren schickt, in denen es ähnliche Praktiken gibt.

Das ist mit Abstand die bisher höchste Strafe gegen einen Telekommunikationsriesen und die zweithöchste Strafe überhaupt. Nur im Softwarestreit zwischen der EU und dem Softwareriesen Microsoft war die Strafe noch deutlich höher. Den Bürgern würden 20 Prozent höhere Preise als im EU-Durchschnitt abgenommen und sie damit von der Entwicklung abgehängt Spanien liegt bei der Nutzung des Internets im EU-Vergleich auf den unteren Plätzen und fällt nach einer neuen Studie weiter zurück.

Telefonica bezeichnet die Vorwürfe als ungerechtfertigt und kündigte an, die Entscheidung beim Europäischen Gerichtshof anzufechten, denn man habe sich stets an die Vorgaben der Aufsichtsbehörde (CMT) gehalten. Die wird, wie die Führung der Telefonica, auch von der Regierung bestimmt - und es ist wiederum die Regierung, welche der Firma ihre absurden Preise genehmigt. Nun hat sich der Kreis geschlossen, und die ohnehin zahnlose CMT hat die Regierung aufgefordert, die Entscheidung aus Brüssel juristisch anzufechten.

Direkt an die Regierung wendet sich Brüssel mit der Einleitung eines weiteren Verfahrens. "Spanien hat keine Maßnahmen getroffen, um die Respektierung der Direktive ´Fernsehen ohne Grenzen´ zu garantieren", sagte die Kommissarin Viviane Reding. Eine unabhängige Studie kam zu dem Ergebnis, dass die Direktive missachtet werde, weil die Höchstzeit von 12 Minuten Werbung pro Sendestunde oft überschritten würde und oft nicht einmal 20 Minuten Sendung einen Werbeblock vom nächsten trennen.

Das Land wurde aufgefordert, die Situation zu korrigieren, damit es zu einem "wirklichen internen Markt im Bereich der audiovisuellen Medien kommt". 30 Prozent der Sendezeit sind Werbung, was Fernsehen, so viele Zuschauer, zu einem Ärgernis statt einem Vergnügen macht, weshalb sogar die Vereinigung der Werbetreibenden das Verfahren begrüßt. Betroffen ist als größter Betreiber von Privatmedien wiederum die Telefonica (Spanien: Berlusconis Medienmacht als Vorbild?). Setzt Spanien die Direktive in den kommenden zwei Monaten nicht um, was schon wegen der Sommerpause zu bezweifeln ist, wird die Kommission ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg einleiten.