Straßenblockaden in Frankreich: "Ich denke mit meiner EC-Karte"

Seite 2: Das Frankreich der Kreisverkehr-Peripherie

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Auch Mélenchon, Anführer des linken Bündnisses La France Insoumise ("Das Frankreich, das sich nicht unterwirft"), postiert sich auf Distanz, gibt aber auch Zeichen des Verständnisses für die Entrüstung. Er kritisiert die Regierung: "Wenn man nicht will, dass die Menschen mit dem Auto auf der Straße fahren, dann muss man ihnen eine alternative Lösung anbieten." Sich frei bewegen zu können, sei eine Freiheit (vgl. Liberté, Egalité, Fraternité), betont der gegenwärtig markanteste Wortführer der Linken in Frankreich.

Die Antworten, vor allem von Nicolas Dupont-Aignan und Marine Le Pen, sind auch Reaktionen auf Macron. Der Präsident führte über seine Selbstkritik und die schmerzende tiefe Empfindung eines Zerwürfnisses mit der Bevölkerung hinaus einen klaren Seitenhieb auf Politiker aus, die den Protest für ihre Interessen instrumentalisieren.

Es gibt noch einen anderen wesentlichen Unterschied der Mobilisierung der "gelben Warnwesten" gegenüber dem anfangs genannten Protest der "Roten Mützen" und der bringt einige Unsicherheiten mit sich: Die Gewerkschaften fehlen.

Damit wird manches kompliziert, denn es fehlt eine Adresse, an die sich die Polizei oder die Verwaltung wenden kann. Die Mobilisierung ist auch keine angemeldete Demonstration, auch das könnte Fragen oder Probleme aufwerfen, wenn es morgen zu Auseinandersetzungen kommen sollte.

In der Auseinandersetzung vor dem Tag der Blockaden ist der Satz zu hören: "Ich denke mit meiner EC-Karte." Er beschreibt die Situation vieler. Es geht um den Mittelstand, der nicht viel Geld hat und auf das Auto angewiesen ist, um zur Arbeit zu fahren, zum Einkaufen, für Erledigungen. Es ist der Protest des Frankreichs der Points Ronds (Kreisverkehr) gegen Paris, so ein Journalist aus Montpellier.