Streumunition: Ampel zeigt Verständnis für Lieferung geächteter Waffen an die Ukraine
Regierungssprecher stellt Einsatz durch russische Truppen in Rechnung. Nur: Blindgänger gefährden in beiden Fällen ukrainische Zivilpersonen. UN-Menschenrechtsbüro hat klare Meinung.
Streumunition hinterlässt große Mengen von Blindgängern und gefährdet zum Teil lange nach einem Krieg die Zivilbevölkerung im dann ehemaligen Kampfgebiet. Seit 2010 ist dieser Munitionstyp daher völkerrechtlich verboten – jedenfalls in den mehr als 110 Staaten, die das Oslo-Übereinkommen von 2008 unterzeichnet und ratifiziert haben. Die USA, Russland und die Ukraine gehören nicht dazu.
Nach Berichten der New York Times und anderer Medien über eine mögliche Lieferung von Streumunition aus den USA an die Ukraine hat die Bundesregierung nun zwar darauf hingewiesen, dass Deutschland dem internationalen Abkommen zur Ächtung dieser Munition beigetreten ist – zugleich signalisierte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag aber Verständnis für eine Lieferung durch die Vereinigten Staaten.
"Wir sind uns sicher, dass sich unsere US-Freunde die Entscheidung über eine Lieferung entsprechender Munition nicht leicht gemacht haben", sagte Hebestreit laut einem Bericht der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Die Streumunition würde von der Ukraine in "einer besonderen Konstellation" verwendet. "Die Ukraine setzt eine Munition zum Schutz der eigenen Zivilbevölkerung ein. Es geht um einen Einsatz durch die eigene Regierung zur Befreiung des eigenen Territoriums", sagte Hebestreit. "Wir sollten uns also auch noch mal vergegenwärtigen, dass Russland in einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine bereits in großem Umfang Streumunition eingesetzt hat."
Was mehr Streumunition für das befreite Gebiet bedeuten könnte
Den Einsatz der geächteten Munition durch russische Invasionstruppen haben auch Menschenrechtsorganisation wie Human Rights Watch und Amnesty International ausführlich dokumentiert – die ärztliche Friedensorganisation IPPNW verweist ebenfalls darauf, leitet daraus aber gerade kein Verständnis dafür ab, dass noch mehr Streumunition auf ukrainischem Territorium eingesetzt und hinterlassen werden soll.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte bereits in einer Videoschalte der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar die Lieferung derartiger Munition gefordert. Sogar der sonst engagiert für Waffenlieferungen eintretende Grünen-Politiker Anton Hofreiter hielt damals ein "Stoppschild" für nötig.
"Solche Munition tötet und verstümmelt Menschen lange nach dem Ende eines Konflikts", sagte eine Sprecherin des UN-Menschenrechtsbüros an diesem Freitag laut dpa-Bericht in Genf. Das Büro rief sowohl Russland als auch die Ukraine auf, dem Oslo-Übereinkommen beizutreten, das den Einsatz, die Herstellung und auch die Weitergabe bestimmter Typen von konventioneller Streumunition verbietet.
Nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz hinterlassen einige Arten von Streumunition bis zu 40 Prozent Blindgänger, die von spielenden Kindern zum Teil nicht als gefährlich erkannt werden.
Unter anderem die New York Times hatte an diesem Freitag unter Berufung auf Regierungsquellen berichtet, dass die US-Regierung die Lieferung von Streumunition an die Ukraine plant. Das Pentagon wollte dies aber zunächst nicht bestätigen.