Stromspeicher vom Netzbetreiber
In Bayern bietet eine Tochter der Bayernwerk AG im Raum Schwandorf die Installation von Stromspeichern für private Haushalte an - es handelt sich hierbei offensichtlich um einen Versuchsballon, der sich noch in der Entwicklung befindet
Die E.ON-Tochter Bayernwerk hatte am vergangenen Wochenende über Twitter für einen PV-Speicher für Privatkunden geworben. Wer die Original-Meldung auf der Website der Bayernwerk AG nachlas, fand dort u. a. die Aussage "Unabhängig: Erzeugen und speichern Sie Solarenergie mit Photovoltaik-Solarmodulen und machen Sie sich unabhängiger von Strompreiserhöhungen". Am Schluss fand sich ein Hinweis auf die Ansprechpartner für die Beratung im Kundencenter Schwandorf.
Die Bayernwerk AG bietet die PV-Speicher-Produkte nicht in allen 19 Kundencentern in Bayern an, sondern nur in Schwandorf. Zudem ist ein Anschluss an das Stromnetz Bedingung für die angebotene Installation. Eine Netzautarkie sei mit dem System nicht möglich, erklärte das Unternehmen auf Anfrage von Telepolis.
Wer ist die Bayernwerk AG?
Der Name Bayernwerk hat im Freistaat noch immer einen guten Ruf. Das klingt heimatverbunden und regional und geht zurück auf die 1921 gegründete staatliche Stromversorgung in Bayern. Der Name Bayernwerk wurde vom Elektropionier Oskar von Miller erstmals genutzt, der die Stromversorgung auf das gesamte damalige Königreich Bayern ausbreiten wollte und zuvor schon in der damals ebenfalls zum Königreich Bayern zählenden Pfalz die Pfalzwerke gegründet hatte.
In den 1980er-Jahren kam es zu einer Überkreuzbeteiligung mit der ursprünglich bundeseigenen VIAG, die noch im gleichen Jahrzehnt privatisiert wurde. 1994 gab der Freistaat seine Mehrheitsbeteiligung am Bayernwerk auf und die VIAG besaß in der Folge gut 97 Prozent der Anteile. Mit der Fusion zwischen der VIAG und der damaligen VEBA kam es zur Gründung der E.ON Energie AG. Seit dem Jahre 2013 nutzt der bayerische Verteilnetzbetreiber E.ON Bayern AG wieder den Namen Bayernwerk. Grund für die Umbenennung war das gesetzlich vorgeschriebene Unbundling, also die Trennung zwischen Netzbetrieb und Stromhandel.
Die in Regensburg ansässige Bayernwerk AG ist heute ein Zwischenholding der E.ON und betreibt über die Bayernwerk Netz GmbH und die EnergieNetze Bayern GmbH zahlreiche Regionalnetze in Bayern. In der Folge der auch in Bayern um sich greifenden Entwicklung der Rekommunalsierung der Stromnetze stand das Bayernwerk vor der Herausforderung, dass der eigene Netzbetrieb sich zusehends zu einem Flickenteppich entwickelte und die in den vergangenen Jahrzehnten gewachsenen Verteilnetzstrukturen aufgelöst werden mussten.
Bayernwerk hat in der Folge zahlreichen Kommunen, die ihre Netze in eine eigene Netzgesellschaft überführen wollten, angeboten, sich mit einem bestimmten Anteil an den neuen Netzgesellsschaften zu beteiligen und den praktischen Netzbetrieb dann im Auftrag zu übernehmen.
Was bietet Bayernwerk mit seinem Solarspeicher-Projekt?
Wenn man den Interessenten jetzt mit dem Angebot winkt "Zudem sind Sie durch Erneuerbare Energien unabhängiger von den Strompreisen", ist das nicht falsch. Es ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Die Stromkosten bestehen durchaus nicht nur aus den Kosten für die Stromerzeugung und die Speicherung. Auch bei PV-Anlagen mit gekoppeltem Speicher auf dem gleichen Grundstück wird der Stromverbrauch vom Gesetzgeber hinsichtlich der fälligen Abgaben im ersten Schritt völlig gleich behandelt, unabhängig davon wie er erzeugt wurde. Erst im zweiten Schritt greifen dann einzelne Befreiungstatbestände.
Bei den zusätzlichen Kosten für den Stromverbrauch zählen die fälligen Abgaben. Hier fallen in erster Linie der Blöcke ins Gewicht: Die Netzentgelte, die EEG-Umlage und die Stromsteuer. Was den Stromspeicher angeht, besteht hinsichtlich der Netzentgelte eine Befreiung für 20 Jahre ab Inbetriebnahme. Das ist deutlich länger als die für aktuelle Stromspeicher auf Lithium-Basis genannte Lebenserwartung. Ob die Laufzeitbefreiung beim Ersatz eines Speichers aufgrund technischer Erschöpfung neu beginnt oder nur die ursprünglichen 20 Jahre fortgeschrieben werden, ist derzeit nicht geklärt.
Etwas komplizierter wird es bei der EEG-Umlage. Hier greift für PV-Anlagen mit weniger als 10 kW Leistung eine Befreiung und im Zusammengang mit einem Stromspeicher wird die EEG-Umlage nur, aber auch mindestens einmal erhoben. Bei der Stromsteuer gilt seit Jahresbeginn eine Ausnahmeregelung für Speicher, die Bestandteil des Netzes sind. Die Entscheidung, ob der jeweilige Speicher Bestandteil des Netzes ist, trifft das zuständige Hauptzollamt. Und in diesem Punkt könnte sich die Zusammenarbeit mit dem Netzbetreiber Bayernwerk für den Kunden, der eine PV-Speicher installieren will, durchaus lohnen.
Beim aktuellen PV-Speicherprojekt, das vorerst nur im Bereich Schwandorf angeboten wird und seltsamerweise keinen Produktnamen erhalten hat, sondern unter dem generischen Namen "Photovoltaik Solaranlage - Stromspeicher für Zuhause" angeboten wird, muss der Interessent aufgrund des vorgeschriebenen Unbundling bei seinem Strombezug kein Kunde eines Stromhändlers aus dem E.ON-Konzern sein. Man bietet dem Interessenten an: "Sie müssen sich um nichts kümmern! Sie erhalten alle technischen Komponenten, Installation, Service, Versicherung und Bayernwerk-Solar-App."
Wer sich weiter durch das Bayernwerkangebot hangelt, stellt fest, dass man sich für die Installation lokaler Fachfirmen bedient und als Speicher zwei unterschiedliche Lithium-Speicher-Systeme des Dresdner Herstellers Solarwatt anbietet und das Ganze zu einem Angebot bündelt, wie es auch von anderen Firmen auf dem Markt angeboten wird. Ein Alleinstellungsmerkmal könnte die "Bayernwerk-Solar-App" sein, doch von ihr ist bislang nur der Name bekannt. Bei dem neuen Bayernwerkangebot scheint es sich offensichtlich um einen Versuchsballon zu handeln, der sich noch in der Entwicklung befindet. Es dürfte spannend sein, diese Entwicklung zu verfolgen.