Studie: Corona-Infektion vor allem von Sozialstatus abhängig
Auswertung der Daten aus den ersten drei Pandemie-Wellen belegt den Zusammenhang. Forscher schlagen deshalb maßgeschneiderte Maßnahmen für arme Menschen vor.
Bildung, Einkommen und Migrationshintergrund: Das Risiko, sich mit dem Coronavirus anzustecken, ist vom sozialen Status der Menschen abhängig. Das zeigt eine neue Studie zweier Wissenschaftler der Universität Bielefeld.
"Im Verlauf der Pandemie hat der soziale Status als Faktor für das Infektionsgeschehen an Bedeutung gewonnen", sagte der Epidemiologe und Studienautor Kayvan Bozorgmehr, der Professor an der Universität Bielefeld ist.
In der ersten Welle der Pandemie seien es vor allem die Wohlhabenden gewesen, die einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt gewesen sein, heißt es in der Studie. Doch in der zweiten und dritten Welle waren es demnach eher ärmere Menschen, die einem höheren Risiko ausgesetzt gewesen seien.
Mit Blick auf den Einfluss des Migrationshintergrundes auf das Infektionsrisiko zeigte sich das gegenteilige Bild. "In der ersten Welle war das Infektionsrisiko in Landkreisen mit einem höheren Anteil an Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit relativ hoch", erklärte Erstautor Sven Rohleder, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe von Bozorgmehr. In den späteren Wellen habe sich das Risiko dagegen verringert.
"Wir interpretieren unsere Ergebnisse so, dass sozioökonomische Faktoren in der gesamten Pandemie für das Infektionsrisiko bedeutsam waren und im Pandemieverlauf an Bedeutung gewannen", sagte Bozorgmehr. Ein Migrationshintergrund habe dagegen zu Beginn der Pandemie ein stärkeres Gewicht gehabt. Die Forscher schätzen, dass es zu Beginn länger gedauert haben könnte, diese Teile der Bevölkerung mit Informationen oder entsprechenden Maßnahmen zu erreichen.
Für die Studie hatten die beiden Wissenschaftler die Entwicklung in 401 deutschen Landkreisen in einem Zeitraum von 72 Wochen analysiert. Sie brachten unter anderem sozioökonomische Merkmale wie Bildung, Beschäftigungsstatus und Einkommen mit den Infektionen auf kommunaler Ebene in Verbindung. Hinzu kamen Bevölkerungsdaten, Informationen zur Siedlungsstruktur und zu Impfungen.
Die Studienautoren ziehen aus ihren Untersuchungen den Schluss, dass es künftig keine einheitlichen Maßnahmen, sondern dass es in sozial benachteiligten Stadt- oder Landkreisen maßgeschneiderte Angebote geben könnte. "Ganz grundlegend müssen die Politik und Behörden berücksichtigen, wie sozioökonomische Faktoren bei der Ausbreitung wirken", so Bozorgmehr. Es könnte sinnvoll sein, sagte er weiter, wenn "in Stadtteilen mit geringem Einkommen kostenlose Tests oder auch kostenlose Masken zur Verfügung" gestellt würden.
Mit Blick auf künftige Pandemien erklärten sie, dass die Diversität in der Gesellschaft stärker berücksichtigt werden müsse. "Insbesondere in frühen Phasen einer Pandemie muss man auf migrationsbedingte Faktoren vorbereitet sein, damit mehrsprachige und zielgruppengerechte Maßnahmen etabliert werden können", so der Gesundheitswissenschaftler.
Die aktuelle Veröffentlichung ist Teil der StopptCOVID- Studie. In einem weiteren Schritt wollen die Wissenschaftler untersuchen, wie wirksam die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie in den Stadt- und Landkreisen waren.
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