Studie: Leben an vielbefahrenen Straßen könnte auch für das Gehirn gefährlich sein
Wer in der Nähe großer Straßen lebt, scheint einem höheren Risiko für Demenz-, Alzheimer-, Parkinson- und MS-Erkrankung ausgesetzt zu sein
Es wird Zeit, dass die Elektroautos kommen und die Verbrennungsmotoren verschwinden. Das dient nicht nur der Senkung der verkehrsbedingten CO2-Emissionen, sondern daneben auch der Gesundheit. Es gibt zahlreiche Studien, die belegen, dass Stickoxide, Feinstaub, Ruß und Ozon neben der Lärmbelastung das gesundheitliche Risiko etwa für Lungen- oder Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes, Krebs oder neurologische Störungen erhöhen und damit die Lebenserwartung senken. Feinstaub wird allerdings auch von E-Autos oder solchen mit nicht-fossilen Motoren etwa durch den Abrieb von Reifen und Bremsen erzeugt.
Dagegen ist der Gesundheit förderlich, in der Nähe von Parks oder Grünanlagen oder im Grünen zu leben. Das hebt die Stimmung und mindert nach einer Studie das Risiko einer Depression und von Angsterkrankungen (Grün für's Gehirn). Eine Studie von kanadischen Wissenschaftlern, die in der Zeitschrift Environmental Health erschienen ist, bestätigt umgekehrt das höhere gesundheitliche Risiko für neurologische Erkrankungen, in der Nähe von viel befahrenen Straßen zu leben. Erstmals hätten sie eine Studie mit großer Population zur Korrelation zwischen vier neurologischen Erkrankungen und der Nähe zu Straßen und Grünflächen, der Luftverschmutzung und Lärm gemacht.
Ausgewertet wurden Gesundheitsdaten von fast 680.000, 45-84-jährigen Einwohnern von Vancouver, die erstmals 1994-1998 und darauf 1999-2003 auf Demenz, Alzheimer, Parkinson und multipler Sklerose (MS) untersucht wurden. Die räumliche Nähe zu großen Straßen und Autobahnen sowie zu Grünanlagen wurden über die Adressdaten bzw. Satellitenbilder ermittelt und mit berechneten Werten der Lärm- und Luftbelastung verbunden. Bis zur zweiten Untersuchung nach vier Jahren traten 13.170 Fälle von Demenz, 4201 Parkinson-, 1277 Alzheimer und 658 MS-Fälle auf.
Vor allem steigt mit der Nähe zu Straßen das Demenz- und Parkinson-Risiko
Wer nur bis zu 50 Meter von einer großen Straße und bis zu 150 Meter von einer Autobahn entfernt wohnt, hat ein 14 Prozent höheres Risiko für nicht mit Alzheimer verbundener Demenz und von 7 Prozent für Parkinson, aber auch für Alzheimer und multiple Sklerose. Je mehr Feinstaub-, Ruß- und Stickstoffdioxid-Belastung, desto höher ist auch das Risiko für Parkinson und nicht mit Alzheimer verbundener Demenz, aber nicht für Alzheimer und multipler Sklerose. Hier gab es vielleicht zu wenige Fälle, um einen Zusammenhang ermitteln zu können. Lärm steht in keinem Zusammenhang mit den Krankheiten, dafür zeigte sich aber wieder der umgekehrte Effekt, nämlich dass die Nähe zu Grünflächen das Risiko für Parkinson und nicht mit Alzheimer verbundener Demenz senkt.
Das Geschlecht scheint für das Erkrankungsrisiko keine entscheidende Rolle zu spielen. Seltsamerweise ist das Risiko deutlich für die Menschen höher, die in Wohnvierteln an großen Straßen mit einem Anteil von über 10 Prozent an "sichtbaren Minderheiten" leben, wie solche, die in Wohnvierteln mit einem Anteil von unter 10 Prozent leben. Seltsam ist auch, dass das Risiko für Alzheimer und MS in der Nähe von Grünanlagen ein wenig höher liegt. Das wird von den Wissenschaftlern aber nicht näher aufgeklärt.
Die Ergebnisse dieser Studie würden vorhergehenden Studien entsprechen, die die Korrelation zwischen neurologischen Krankheiten und Luftverschmutzung untersucht haben. Viele Risikofaktoren, die auch eine Rolle spielen, wurden allerdings nicht berücksichtigt. Zudem war die Zeit zwischen der ersten und der zweiten Untersuchung sehr kurz, da die Krankheiten sich langfristig entwickeln. Ermittelt werden konnte aus den Adressdaten auch nicht, in welchen Gebäuden und in welcher Höhe die Menschen leben.