Studie: Reiche sind oft nur mit dem zwei- oder dreifachen Vermögen zufrieden
Friedrich Merz ist Einkommensmillionär, gehört damit zu den obersten 0,04% der Steuerpflichtigen, die sich offenbar gar nicht so reich sehen und gerne immer noch mehr hätten
Schon wieder musste Friedrich Merz eine Niederlage einstecken. Und schon wieder gegen eine Frau. Ganz knapp verlor er gegen Annegret Kramp-Karrenbauer beim Rennen um den Parteivorsitz. Das könnte auch damit zu tun haben, dass der neoliberale Mann aus der Finanzwirtschaft doch nicht genügend Delegierte vollends überzeugte, die sich schwertun, wenn einem Reichen, der sein Geld bei der Vermögensverwaltung BlackRock macht, bei der Rente nur wieder einfällt, diese durch Wertpapiere zu ergänzen.
Als Friedrich Merz seine Kandidatur für die Wahl zum Parteivorsitzenden bekannt gemacht hatte, antwortete er Mitte November auf die Frage eines Lesers bei einem "Bild"-Talk, ob er Millionär sei, ausweichend, er lebe "in geordneten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen". Auf Nachfrage, räumte er ein, er wisse schon, ob er Millionär ist, um schließlich zu sagen: "Ich liege jedenfalls nicht darunter." Er betonte, er sehe sich als "Teil der gehobenen Mittelschicht", aber nicht der "kleinen, sehr vermögenden, sehr wohlhabenden Oberschicht".
Das war natürlich peinlich, Merz wollte sich unbedingt als Mann der Mitte darstellen und fürchtete, wenn er sich als Millionär, gar vielleicht als mehrfacher, bezeichnet, um seine Chancen beim Neueinstig in die politische Karriere. Oberschicht, nein um Gottes willen. In einem Land, in dem die Armutsgefährdungsquote bei 16,1 Prozent liegt, die weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens beziehen (= ein ÄquivalenzEinkommen von 21.920 Euro pro Jahr), muss man da schon aufpassen. Nach dem Statistikamt sind 19,0 % von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Das sind die da unten, die nach Merz wohl nicht "in geordneten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen" leben.
Nach dem Reichtumsbericht der Bundesregierung gehörten 2012, neuere Zahlen gibt es offenbar nicht, 2,4 Prozent der Bevölkerung zu den Top-Nettovermögenden, die ein Nettovermögen über 500.000 Euro haben. Der Durchschnitt liegt bei rund 123.000 Euro je Haushalt, wobei die untere Hälfte der Haushalte gerade einmal über 1 Prozent des gesamten Nettovermögens verfügt. Aber wir wissen ja nicht, ob Merz ein Vermögen von einer Million hat oder ein Einkommensmillionär ist. Zuletzt erklärte er, dass er "rund eine Million Euro brutto" verdiene. Als einkommensreich gilt, wer 200 (7,5%) oder 300 Prozent (1,9%) über dem Nettoäquivalenzeinkommen der Gesamtbevölkerung erzielt. Das durchschnittliche Äquivalenzeinkommen pro Jahr lag 2017 bei 24.780 Euro. Nimmt man mal als Vergleich das durchschnittliche Bruttoeinkommen aus unselbständiger Arbeit, so lag dies 2016 bei 2718 Euro. Schon daraus wird der weite Weg zum Einkommen von Merz deutlich, der zur vermögenden oder reichen Oberschicht gehört. 2014 gab es in Deutschland lediglich 19.000 Einkommensmillionäre (Anteil an allen Steuerpflichtigen 0,04%) , zu denen Merz gehört.
Der ist sicher nicht nur durch Fleiß und Leistung zum Hochverdiener in der Wirtschaft aufgestiegen, sondern wie viele andere hat er sich in der politischen Karriere die notwendigen Beziehungen verschafft, die dann in größere Einkommen in der Privatwirtschaft münden.
Es könnte allerdings auch gut sein, dass sich Friedrich Merz als Einkommensmillionär wirklich nicht zur reichen Oberschicht zählt. Das scheint nämlich eine Eigenschaft von Reichen zu sein, dass sie eigentlich nie genug haben und es in der Regel halt noch Reichere gibt, was die eigene Lebenszufriedenheit trübt, weil man dann doch nur Mittelmaß, wenn auch ganz oben, ist.
Mehr ist besser
Der Ökonom Michael Norton von der Harvard University wertete mit seinem Team zwei Befragungen von mehr als 4000 Vermögensmillionären aus, um zu eruieren, wie zufrieden sie sind und wie viel mehr Geld sie bräuchten, um ganz zufrieden zu sein. Die Angaben sollten in einer Skala von 1 bis 7 bzw. von 1 bis 10 gemacht werden. Die Befragungen wurden 2012 und 2013 durchgeführt. In einer Studie wurden 2129 Menschen, meist Männer, aus 17 Ländern befragt, die ein Nettovermögen von mehr als 1,5 Millionen US-Dollar haben und deren mittleres Jahreseinkommen zwischen 100.000 und 149.000 US-Dollar liegt. In der zweiten Studie wurden 2026 Menschen ebenfalls aus 17 Ländern befragt, die ein Nettovermögen von mehr als einer Million US-Dollar und ein mittleres Haushaltseinkommen zwischen 100.000 und 149.000 US-Dollar haben. Die Angaben über Vermögen und Einkommen beruhen auf den Angaben der Befragten (The Amount and Source of Millionaires' Wealth (Moderately) Predicts Their Happiness).
Fast alle Befragten gaben, unabhängig von ihrem Vermögen, an, dass sie eigentlich zwei bis drei Mal so viel bräuchten, um wirklich zufrieden zu sein, also 10 anzukreuzen. Erst mit einem Vermögen größer als 8 Millionen bzw. von 10 Millionen US-Dollar sind die Millionäre zufriedener als diejenigen, die weniger Vermögen besitzen, was aber noch lange nicht heißt, dass sie nicht gerne mehr haben wollen. Bei einem Vermögen über 15 Millionen nimmt der Unterschied zu den weniger Reichen wieder ab. Wer sein Vermögen selbst verdient hat, ist übrigens zufriedener als diejenigen, die durch Erbschaften reich wurden.
Nur die Vermögensmillionäre der zweiten Befragung sollten angeben, wie viel Geld sie mehr als notwendig erachtetet, um völlig zufrieden zu sein. 26,8 Prozent gaben an, dass dazu 1000% mehr notwendig sei, für 24,5% würden auch 500% mehr reichen und 23,2% wären sogar mit 100% mehr ganz zufrieden.
In anderen Studien, bei denen Menschen mit geringeren Einkommen befragt wurde, wurde zwar auch ein Zusammenhang zwischen Geld und Zufriedenheit festgestellt, aber ab einer gewissen Höhe - um die 80.000 US-Dollar - ergab sich hier keine Steigerung der Zufriedenheit mehr (Wie viel Einkommen ist nötig, um zufrieden zu sein?).
Das scheint bei den Reichen nach der Untersuchung von Norton anders zu sein. Es kommt zwar zu einer etwas größeren Zufriedenheit bei denjenigen, die zwischen 8 und 15 Millionen besitzen, aber dann steigt die Unzufriedenheit wieder an. Bei den Reichen ist größerer Reichtum mit größerer Zufriedenheit verbunden. Zusammenfassend schreiben die Wissenschaftler, dass nach Überzeugung der Millionäre "ein höheres Vermögen mit höherer Zufriedenheit assoziiert ist, die eher bei sehr hohem Vermögen erreicht wird und wenn es selbst verdient ist".
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