Studie: Unternehmen wollen Kohleverbrennung ausweiten, nicht beschränken

Kohlebagger im Tagebau Hambach. Bild: Arthur Konze / CC BY-SA 4.0 Deed

Ohne schnellen Kohleausstieg wird sich die Erde weiter überhitzen. Kohle ist der CO₂-intensivste Brennstoff. Warum auch Staaten auf schmutzige Expansion setzen.

Überschattet von der Gefahr eines großen Krieges im Nahen Osten, rückt das Datum der diesjährigen Klimakonferenz (COP 28) in Dubai immer näher. Angesichts drastisch in die Höhe geschnellter Temperaturrekorde im laufenden Jahr, immer neuen Warnungen vor dem Erreichen von Kipppunkten im Klimasystem, wie zuletzt bezüglich des südamerikanischen Monsuns und der Tatsache, dass die nationalen Verpflichtungen zur Emissionsreduktion bislang nicht Paris-kompatibel sind, ist es unabdingbar, dass sich zumindest die Industrieländer auf beschleunigte Ausstiegspfade begeben.

Bei CO2-Ausstoß auf jetzigem Niveau blieben der Welt weniger als sechs Jahre, bis das Budget, um unter einer Erwärmung von 1,5 Grad zu bleiben, aufgebraucht ist. Eine Gruppe afrikanischer Staaten sowie Indien fordern die Industrieländer daher auf, bis 2030 keine neuen Projekte zur Förderung fossiler Brennstoffe mehr zu starten.

Indien möchte die Industrieländer zudem dazu bewegen, bis 2050 dazu überzugehen, der Atmosphäre CO2 zu entnehmen. Das berichtet das Portal Climate Home News. Laut Production Gap Report 2021 sind die geplanten Förderkapazitäten für fossile Brennstoffe im Jahr 2030 noch immer doppelt so hoch wie das Treibhausgas-Budget, um die globale Erwärmung auf unter 1,5 Grad zu beschränken.

Auch die aktuell veröffentlichte "Global Coal Exit List" (GCEL) der NGO Urgewald und 40 weiterer Partnerorganisationen macht deutlich, dass das Gros der Unternehmen entlang der Kohlewertschöpfungskette weit entfernt davon sind, die Pariser Klimaziele im Blick zu haben, sondern immer noch neue Kapazitäten für den Kohleabbau und die Kohleverstromung planen.

"Von den 1.433 Unternehmen auf der GCEL haben nur 71 Unternehmen Kohleausstiegsdaten gesetzt. Währenddessen entwickeln 577 Unternehmen immer noch neue Kohlekapazitäten", sagt Heffa Schücking, Geschäftsführerin von Urgewald. Seit der Unterzeichnung des Pariser Klimaschutzabkommens sei der weltweite Kohlekraftwerkspark um 186 Gigawatt (GW) gewachsen.

Neue Kohlekraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 516 GW seien weiterhin geplant, zwei Drittel davon in China. Mit Abstand folgen Pläne von Indien, Indonesien, Vietnam, Russland und Bangladesch.

Blackrock als Kohle-Investor

Interessant ist, dass auch chinesische Kohlekonzerne mittlerweile Blackrock als Investor im Rücken haben. Indien – das seine Kraftwerkskapazitäten laut der Recherche um 72 GW und die Produktionskapazitäten von 893 Millionen Tonnen auf 1,5 Milliarden Tonnen pro Jahr bis 20230 ausweiten möchte –, ist auch Heimat des größten privaten Kohleunternehmers weltweit, Gautam Adani, der von engen Beziehungen zur Regierung Modi profitiere, so Urgewald.

Der Adani Group, die auch über ein Unternehmen für erneuerbare Energien verfügt, sei es gelungen, seine Kohlesparte über Gelder aus der Sparte für grüne Energien querzufinanzieren.

Meister im Verschieben von Geschäftsbereichen ist auch das tschechische Unternehmen Energetický a průmyslový holding (EPH), das das Braunkohleunternehmen LEAG in der Lausitz übernommen hatte. Im Juli 2023 hat die LEAG angekündigt, bis 2030 aus der Kohleverstromung auszusteigen.

Nach Informationen von Urgewald bedeutet diese Ankündigung lediglich, dass das Unternehmen seine Kohlesparte in die Schwestergesellschaft EP Energy Transition auslagert. "Gleichzeitig ist völlig unklar, ob EP Energy Transition mit den notwendigen Rückstellungen für die Sanierung der Lausitzer Braunkohlegruben ausgestattet wurde", gibt Urgewald zu bedenken.

Und selbst von den 71 Unternehmen, die auf der Global Coal Exit List ein konkretes Kohleausstiegsdatum nennen, das Paris-kompatibel ist, planen zumeist keine wirkliche Dekarbonisierung, sondern lediglich eine Umstellung auf das vermeintlich sauberere, aber immer noch fossile Erdgas.