Studie fordert umgehenden Kohleausstieg

Seite 2: Verbilligte Kohle könnte bei Stahl- und Zementproduktion eingesetzt werden

Da diese ausschließlich auf den Kraftwerkssektor zielen, bestehe vielmehr die Gefahr, dass der sinkende Kohlepreis aufgrund der verminderten Nachfrage nach Kraftwerkskohle Anreize unter anderem in der Stahl- und Zementproduktion sowie in der chemischen Industrie zu vermehrten Kohleeinsatz schaffe.

Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, an dem einer der Autoren arbeitet, schreibt dazu in einer Presseerklärung:

Länder, die aus der Kohleverstromung aussteigen wollen, müssen ihre politische Strategie ausweiten, da sie sonst Gefahr laufen, das überschüssige Kohleangebot in andere Industriezweige im eigenen Land zu verlagern, etwa in die Stahlproduktion.

Das trifft sicherlich auch auf Deutschland zu. Zwar gibt es hierzulande erste Versuche der Stahlerzeugung mit Wasserstoff statt Kokskohle, doch gibt es bisher, abgesehen von der CO2-Bepreisung weder einen Ausstiegsplan noch direkte Reglementierungen des Kohleeinsatzes außerhalb der Kraftwerke.

Ohne einen Kurswechsel der Antikohle-Allianz laufe die Welt Gefahr, das seinerzeit 2015 in Paris verabredete Ziel zu verfehlen. Bis 2050 müssen nämlich die globalen Treibhausgase auf netto-null heruntergefahren werden. Was absolut nicht zu vermeiden ist, muss auf die eine oder andere Art kompensiert werden.

Anders wird es nicht möglich sein, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu beschränken. Auch das weichere Ziel der Pariser Klimaübereinkunft, die Erwärmung auf "deutlich unter zwei Grad Celsius" zu begrenzen, wird vermutlich nicht erreicht werden.

Die Welt stehe vor einem entscheidenden Moment, meint Studien-Hauptautor Stephen Bi vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und der Universität Potsdam. Und weiter:

Unsere Computersimulation der derzeitigen Klimaökonomie und -politik zeigt, dass die Chancen für einen Kohleausstieg bis Mitte des Jahrhunderts weniger als fünf Prozent beträgt. Dies würde bedeuten, dass wir nur minimale Chancen haben, bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen und schwerwiegende Klimarisiken zu begrenzen.

Neben der Allianz komme auch China, auf dessen Konto inzwischen mehr als die Hälfte des globalen Kohleverbrauchs geht, eine wichtige Rolle zu. Die Volksrepublik habe die Chance, den Markt für erneuerbare Energien zu prägen, wenn sie sofort mit dem Ausstieg aus der Kohle beginne.

Der Bau neuer Kohlekraftwerke, der vor der Corona-Pandemie schon einmal fast zum Erliegen gekommen war, dann jedoch wieder aufgenommen wurde, müsse bis spätestens 2025 zu Ende gehen. Andernfalls könne China den weltweiten Durchbruch der erneuerbaren Energien auf gefährliche Weise verzögern.

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