Studie sieht Jobs gefährdet: Krieg und Sanktionen bremsen deutsche Wirtschaft
Die Folgen des Krieges in der Ukraine sind langfristig zu spüren. Der wirtschaftliche Schaden könnte sich auf einen dreistelligen Milliardenbetrag belaufen. Und Hunderttausende könnten ihren Arbeitsplatz verlieren.
Anfang Februar ist es gewesen, als die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) an das Mikrofon trat und verkündete: Im Falle von Sanktionen gegen Russland, sei Deutschland "bereit, dafür einen hohen wirtschaftlichen Preis zu zahlen".
Damals ging es ihr wohl vorrangig darum, der Ukraine die Solidarität Deutschlands zu versichern und gegenüber Russland Entschlossenheit zu zeigen. Es ist aber kaum anzunehmen, dass es ihr zu dem Zeitpunkt schon bewusst war, wie hoch der "wirtschaftliche Preis" ausfallen könnte.
Inzwischen lässt er sich besser abschätzen und spätestens mit der Energierechnung im nächsten Jahr dürften sich alle dieses Preises bewusst werden. Damit ist es offenbar nicht erledigt, wie eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsbildung (IAB) deutlich macht: Die Folgen werden wohl noch bis in das Jahr 2030 spürbar sein.
Der deutschen Wirtschaft könnte es bis dahin mehr als 260 Milliarden Euro an Wertschöpfung kosten, heißt es in der am Dienstag vorgestellten Studie. Auch auf die Beschäftigung in Deutschland wirkt sich der Krieg in der Ukraine negative aus: Im kommenden Jahr könnten deswegen rund 240.000 Menschen weniger erwerbstätig sein als ohne den Krieg, im Durchschnitt der Jahre 2022 bis 2028 wären es 150.000 Menschen.
Szenarien und Annahmen der Studie
Die Forscher haben für den Bericht zwei Szenarien erstellt: Das Referenz-Szenario soll die tatsächlichen Entwicklungen widerspiegeln, mit dem Krieg in der Ukraine und Sanktionen gegen Russland. Das Alternativ-Szenario geht davon aus, dass es zu keinem Krieg in der Ukraine gekommen sei. Der Vergleich beider Szenarien soll dann zeigen, welche Folgen Krieg und Sanktionen auf verschiedene Wirtschaftsbereiche und Berufsgruppen in Deutschland haben könnten.
Für ihre Prognose gingen die Forscher davon aus, dass die Sanktionen gegen Russland bis 2030 bestehen bleiben, selbst wenn der Krieg bis dahin beendet wäre. Weitere Faktoren für die Berechnung ist unter anderem die Zahl der ukrainischen Flüchtlinge, die nach Deutschland einwandern, die Entwicklung der Energie- und Importpreise, Lieferengpässe und staatliche Ausgaben für die Aufrüstung und für staatliche Entlastungspakete für Unternehmen und private Haushalte.
Die Ergebnisse zeigen, dass sich Krieg und Energiekrise sowohl mittel- als auch langfristig negativ auf die deutsche Wirtschaft und den Arbeitsmarkt auswirken. Das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird demnach im kommenden Jahr rund 1,7 Prozent weniger wachsen, als es ohne den Krieg zugelegt hätte.
Steigen die Energiepreise stärker, verlieren mehr ihren Job
Als einen entscheidenden Grund dafür nennen die IAB-Forscher die gestiegenen Preise für fossile Rohstoffe. Sie belasteten sowohl die Exportwirtschaft als auch die Konsummöglichkeiten der privaten Haushalte. In den Berechnungen sind es dann auch die geringeren Exporte, die den größten Anteil an der schwächeren Wirtschaftsleitung ausmachen.
Am stärksten trifft es das Gastgewerbe, das ohnehin noch die Folgen der Coronapandemie verdauen muss. "Denn die geringeren Konsumausgaben der privaten Haushalte führen hier zu einem deutlich niedrigeren Bedarf an Erwerbstätigen", heißt es beim IAB.
Mit den Jahren würden die negativen Effekte abnehmen, heißt es in der Studie. Für 2030 geht sie sogar von 60.000 zusätzlichen Erwerbstätigen aus. Doch das ist mit einer Unsicherheit verbunden: Alles hängt davon ab, ob die Energiepreise noch höher steigen oder nicht.
Sollten sie das tun, so rutsche Deutschland in die Rezession, warnt Enzo Weber vom IAB. Sollten sie doppelt so stark steigen wie angenommen, dann könnten im Jahr 2024 rund 660.000 Menschen weniger einen Arbeitsplatz haben als ohne Krieg und Sanktionen.
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