Sudan: Zaghawa-Rebellen vor der Hauptstadt
Präsident al-Baschir vermutet den Tschad hinter den militärischen Erfolgen des JEM
Standen vor drei Monaten noch mutmaßlich vom Regime in Khartum unterstützte Aufständische im Tschad so kurz vor der Einnahme des Präsidentenpalasts in N’Djamena dass einige Nachrichtenagenturen etwas verfrüht einen Umsturz meldeten, ist es jetzt die Rebellengruppe JEM, die sich in das mit der sudanesischen Metropole zusammengewachsene Omdurman vorkämpfte.
Dass Rebellen im Tschad und im Sudan so plötzlich vor den Toren der Hauptstädte stehen, hat einen Grund: zwischen ihnen und den Grenzregionen, in denen die Krieger ihre Rückzugsgebiete haben, liegen zwar häufig große Entfernungen – aber die bestehen überwiegend aus Wüste, welche im Allgemeinen wenige militärische Hindernisse enthält und mit Toyota-Technicals relativ schnell durchquert werden kann. So ist es erklärlich, dass am Samstag nach Meldungen des sudanesischen Fernsehens und des JEM-Sprecher Abu Sumam einige Hundert Kämpfer des „Justice and Equality Movement“ (JEM) in unmittelbare Nähe der Hauptstadt Khartum vordringen konnten.
Den Angaben der sudanesischen Regierung zufolge wurde der Angriff, der von Ibrahim Khalil, dem militärischen Führer der Bewegung, persönlich angeführt worden sein soll, von den regulären Streitkräften des Sudan abgewehrt. Präsident Omar al-Baschir erklärte in einer Fernsehansprache am Sonntag, die Armee habe jetzt "Alles unter Kontrolle". Khalil, so al-Baschir, würde sich jetzt in Omdurman verstecken. Nach ihm wird deshalb mit einem Foto gefahndet. Weiter erklärte al-Baschir, dass der Rebellenführer "ein Agent des Regimes im Tschad“ sei und von dort aus militärische Unterstützung erhalten habe, weshalb der Vorstoß als Angriff des Nachbarlandes zu werten sei.
Dass der sudanesische Präsident Omar al-Baschir das Nachbarland beschuldigt, hinter den Angriffen zu stecken, verwundert nach der jüngsten Geschichte der beiden Länder nur wenig: Auch deshalb, weil tatsächlich einiges dafür spricht, dass die JEM-Rebellen vom tschadischen Präsidenten Idriss Déby unterstützt werden. Nicht nur, dass Déby mit dem Regime in Khartum in einem bereits viele Jahre andauernden Konkurrenz- und Racheverhältnis steht, bei den JEM-Rebellen handelt es sich auch um eine Gruppe, die vor allem aus Zaghawa besteht. Die Zaghawa und die Bidayat, eine relativ selbständige Untergruppe dieses Volkes, siedeln beiderseits der Grenze in Darfur und im Tschad. Idriss Déby, der Präsident des Tschad, ist ein Bidayat. Angehörige seiner Volksgruppe nehmen Schlüsselpositionen in seinem Staatsapparat ein.
Dass die Zaghawa-Rebellen sich in die Außenbezirke der Acht-Millionen-Metropole vorwagen, in der überwiegend Araber leben, hängt damit zusammen, dass das JEM auch eine islamistische Bewegung ist: Es entstand aus der Spaltung des in den 1990er Jahren im Sudan herrschenden Bündnisses und vertritt den Turabismus, eine eher radikale, aber stärker „multiethnische“ Ideologie, als jene, der Präsident al-Baschir anhängt.