Südkorea will ein Killerkommando aufstellen
Statt auf Annäherung an Nordkorea setzt man nun auch in Seoul auf das Militär, u.a. mit deutsch-schwedischen Taurus-Raketen
Nach dem sechsten Atomwaffentest kippt die Stimmung der südkoreanischen Bevölkerung und auch der neuen Regierung unter Präsident Moon Jae-in, die eigentlich angetreten war, um eine Annäherung an Nordkorea anzustreben. Während zunächst auch Widerstand gegen die Stationierung der Raketenabwehrsystems THAAD vorhanden war, das die Amerikaner noch schnell vor Amtsantritt der neuen Regierung installierten, um Fakten zu schaffen, überlegt man nun die Möglichkeit, die Amerikaner wieder Atomwaffen in Südkorea stationieren zu lassen, die 1991 abgezogen worden waren. Angekündigt wurde auch bereits eine deutliche Erhöhung der Rüstungsausgaben.
Nach einer Umfrage von Gallup Korea sind nach dem Atomwaffentest 60 Prozent der Südkoreaner dafür, dass sich Südkorea in Reaktion auf Nordkorea wieder mit Atomwaffen schützen soll, nur 35 Prozent sprechen sich dagegen aus. Kaum überraschend sehen 76 Prozent den Atomwaffentest als Bedrohung der Sicherheit, aber nur 37 Prozent gehen davon aus, dass Nordkorea einen Krieg beginnen könnte. Die Südkoreaner sind auch insofern für eine härtere Gangart, da nun zwei Drittel dafür sind, auch die humanitäre Hilfe an Nordkorea einzustellen, wenn es das Atomprogramm fortsetzt.
Mittlerweile geht in Südkorea die Sorge um, dass die unterirdische Atomwaffentestanlage in Punggye-ri einbrechen könnte. Der letzte Test zeigte eine deutlich höhere Sprengkraft. Befürchtet wird, dass bei einem Einbruch der Stollen Radioaktivität entweichen könnte.
In Übereinstimmung mit US-Präsident Trump und der US-Regierung setzt Südkorea nun erst einmal auch auf militärische Drohgebärden Richtung Nordkorea, das selbst wiederum auf die neuen Sanktionen des UN-Sicherheitsrats und die dabei deutlich gewordene Haltung Chinas und Russlands hin den USA Vergeltung androhte.
Während Bundeskanzlerin Merkel auf Vermittlung setzt, hat das südkoreanische Militär mit deutsch-schwedischen Taurus-Marschflugkörpern demonstriert, dass man Ziele in ganz Nordkorea treffen kann. Taurus-Raketen haben eine Reichweite bis zu 500 km. Von einem F-15K-Kampfflugzeugfighter wurde eine Taurus-Rakete abgefeuert, die 400 km weit flog und präzise ein Ziel getroffen haben soll. Die Übung wird auch in den südkoreanischen Medien breit geschildert. Nun soll die Luftwaffe mit weiteren Taurus-Raketen ausgestattet werden, die pro Stück immerhin 1,8 Millionen US-Dollar kosten. Bis 2018 sollen 260 Raketen gekauft werden, geplant waren 170. Taurus Systems hat auch in Südkorea eine Niederlassung.
Die New York Times berichtet, dass Südkorea angeblich eine neue Einheit zur Tötung der nordkoreanischen Führung aufstellen will. Der Verteidigungsminister Song Young-moo habe von der Spezialeinheit gesprochen, die bis Ende des Jahres eingerichtet werden soll und von Militärs als "Enthauptungseinheit" (decapitation unit) bezeichnet wird. Südkorea scheint damit die Führung in Pjöngjang warnen zu wollen, allerdings gab es schon vor einiger Zeit Meldungen, dass amerikanische Spezialeinheiten für solch einen Einsatz trainiert werden, um in das Land einzudringen und Kim Jong-un und die Führungselite zu töten. Die südkoreanische Einheit soll angeblich mit Hubschraubern und anderen Flugzeugen in der Nacht nach Nordkorea eindringen. Es geht wohl vor allem darum, die nordkoreanische Führung zu ängstigen.
Die NYT erzählt allerdings auch, warum Nordkorea nicht unbedingt vor Angst erstarren muss. Derartige Pläne gab es bereits Ende der 1960er Jahre. Aufgestellt wurde 1968 eine Truppe von Ganoven, die teils aus Gefängnissen kamen und bereit für ein Selbstmordkommando sein sollten. Damals war Kim Il Sung, der Großvater von Kim Jong-un das Ziel. Als das Programm 1971 eingestellt wurde, drehten die Auftragskiller durch, ermordeten ihre Ausbilder und drangen statt nach Pjöngjang nach Seoul vor und konnten erst kurz vor dem Präsidentenpalast von Park Chung-hee aufgehalten werden, wo sie sich in die Luft sprengten.