Südkoreas neue Überschallrakete: Eine Botschaft an den Norden
Mit einer neuen Überschallrakete will Südkorea seine Schlagkraft ausbauen. Die Waffe könnte Präzisionsschläge in Nordkorea ermöglichen. Experten warnen vor Eskalation.
Südkoreas Verteidigungsforschungsbehörde ADD hat auf der diesjährigen Luftfahrtmesse in Sacheon erstmals ein Modell einer neuen Überschall-Antischiffsrakete für die südkoreanischen Luftstreitkräfte vorgestellt, berichtet das Portal Naval News.
Die Entwicklung der als "Luft-Schiff-Lenkwaffe II" bezeichneten Rakete läuft seit 2022 und soll bis 2026 abgeschlossen sein.
Hochpräzise und schwer abzufangen
Die Rakete soll mit 3.000 Kilometern pro Stunde (Mach 2,5) fliegen und Ziele in mehr als 300 Kilometern Entfernung präzise treffen können.
Laut Naval News verfügt der Flugkörper über ein Staustrahltriebwerk für Hoch- und Tiefflug sowie ein modulares Design für verschiedene Einsatzzwecke. Ein doppelter Suchkopf mit Radar- und elektrooptischen Sensoren soll das Ziel unter allen Wetterbedingungen zuverlässig finden. Die hohe Geschwindigkeit verkürzt die Zeit, die dem Gegner zur Abwehr bleibt, erheblich.
Südkorea plant im kommenden Jahr erste Testflüge. Später soll die Rakete in die heimischen Kampfflugzeuge FA-50 und KF-21 Boramae integriert werden. Ab 2026 soll die Waffe in Serie gehen, wie ein Verteidigungsausschuss mitteilte. Geplant sind auch Exporte mit den Kampfflugzeugen, etwa nach Polen und auf die Philippinen.
Gezielte Schläge gegen Nordkoreas Führung
Die Entwicklung der Rakete ist laut Experten eine Botschaft an Nordkorea und Teil von Südkoreas Abschreckungsstrategie. Wie der Thinktank 38 North erläuterte, hat Pjöngjang seine Luftabwehr mit neuen Systemen wie der Rakete Meteor-1-2 und Lightning-5 (KN-06) zuletzt deutlich ausgebaut. Dennoch sei die nordkoreanische Verteidigungskapazität "anfällig für Luftangriffe".
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Südkoreas neue Rakete soll die Schwachstellen der nordkoreanischen Luftabwehr treffen. Vor allem aber scheint sie für "Enthauptungsschläge" gegen die Führung um Machthaber Kim Jong Un ausgelegt zu sein, berichtet die Asia Times unter Berufung auf ein Weißbuch des südkoreanischen Verteidigungsministeriums.
Wie aus dem Text hervorgeht, setzt Südkorea auf Abschreckung durch die Fähigkeit zu massiven Präzisionsangriffen gegen nordkoreanische Führungseinrichtungen. Zu diesem Zweck werden Raketen mit größerer Reichweite, Zerstörungskraft und Salvenfeuerfähigkeit entwickelt.
Nordkorea unterstützt Russland in Ukraine
Der Zeitpunkt der Präsentation dürfte auch mit Nordkoreas wachsender Unterstützung für Russland im Ukraine-Krieg zusammenhängen. Laut Asia Times haben nordkoreanische Militäringenieure Russland bei der Raketensteuerung geholfen. Auch Truppen sollen an der Seite russischer Einheiten kämpfen.
Wie das Fachportal The War Zone berichtet, arbeitet Nordkorea gerade gezielt an der Massenproduktion von Kamikaze-Dronen, die eventuell nach Russland exportiert werden könnten.
Bislang hat Nordkorea Russland bereits mit einer Reihe verschiedener ballistischer Raketen beliefert. Auch die schwere Koksan-Artillerie soll offenbar im Ukraine-Krieg zum Einsatz kommen (Telepolis berichtete).
Gefahr der Eskalation
Südkoreas Präsident Yoon Suk-yeol erklärte, dass seine Regierung angesichts der Präsenz nordkoreanischer Truppen im Ukraine-Krieg "nicht tatenlos zusehen" werde. Möglicherweise könnte Seoul damit beginnen, Offensivwaffen an die Ukraine zu liefern.
Unabhängig vom Ukraine-Krieg warnen Experten vor der Gefahr einer Eskalation durch die neue Waffe. Wenn sich das Kim-Regime in seiner Existenz bedroht fühle, steige die Gefahr eines verzweifelten atomaren Erstschlags, sagte der Politikwissenschaftler Sungmin Cho in einem Artikel für das Center for Strategic & International Studies (CSIS).
Drohungen gegen die Führung in Pjöngjang müssten daher von diplomatischen Bemühungen begleitet werden, so Cho. Dabei könne auch China als Vermittler zwischen den verfeindeten Nachbarn eine wichtige Rolle spielen. Denn die Risiken einer Eskalation scheinen derzeit die möglichen Vorteile der auf Abschreckung ausgerichteten Militärstrategie Südkoreas zu überwiegen.