Syrien: Maximaler Druck auf die Bevölkerung
Seite 2: Das Caesar-Gesetz
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Die Sanktionen, die mit dem Gesetz Caesar Syria Civilian Protection Act of 2019 verbunden sind, treffen nun sämtliche Akteure, die mit der Regierung al-Assad zusammenarbeiten. Das soll den Wiederaufbau Syriens bremsen. Es ist jedenfalls ein großes Hindernis.
Der Name des Gesetzes stammt von einem Fotografen, der früher im syrischen Sicherheitsdienst arbeitete und Tausende von Fotos von Folteropfern aus Syrien auf seine Flucht in den Westen mitnahm und damit große Furore machte.
Die Fotos sind ein bedeutendes politisches Instrument, da sie der Öffentlichkeit vor Augen führen, mit welchen brutalen Mitteln der Repressionsapparat der Regierung Assad arbeitet. Inwieweit sie die Geschehnisse in den Gefängnissen so präzise dokumentieren, wie es in Medienberichten dazu heißt, ist von außen schwerlich weder zu bestätigen noch zu relativieren oder zu leugnen.
Die Folter und ihre Gegner
Dass sich Assads Sicherheitsapparat übelster brachialer Methoden der Menschenquälerei bedient hat und noch bedient, dürfte nur von wildfremden Ideologen und der politischen Führung in Damaskus bestritten werden. Dafür gibt es zu viele Aussagen seit langen Jahren. Zweifel gibt es an der Dimension. Mit dem Caesars Act werden Bilder von Zigtausenden Opfern verbunden, was das von vielen Medien bequem übernommene Porträt Assads als "Schlächter seines Volkes" unterfüttert.
Vergessen wird bei diesem Kinoplakat für Medienkampagnen, dass die USA vor 2011 nichts gegen syrische Folterkeller hatten und sie auch unter Baschar al-Assads Führung zu eigenen Zwecken nutzten. Wie auch Staatschefs anderer wichtiger westlicher Staaten sich vor 2011 durchaus freundlich lächelnd an der Seite Baschar al-Assads zeigten und augenscheinlich wenig an der Folterpraxis, die von ihnen selbst in Kolonialzeiten weidlich praktiziert wurde, wenig auszusetzen hatten - bis sie den Aufstand gegen Assad als Aussicht auf neue politische Möglichkeiten interpretierten.
Sie stellten sich mit viel Geld, Waffen und Medienmacht auf die Seite der Gegner der Regierung, womit sie wesentlich mit zu einer eskalierenden Dynamik beitrugen, die zu Hundertausenden Toten in einem brutalen, zerstörerischen neunjährigen Krieg führte.
Wer bei Caesars Act nur auf die moralische Seite schaut - "ein Unrechtsregime muss bestraft werden" - blendet einen Teil der Wirklichkeit aus, der wichtig ist und politisch zählt. Es geht der US-Regierung nicht um die Bevölkerung in Syrien, sondern in der Hauptsache darum, der Regierung Assad sowie deren Verbündeten Iran und Russland die Situation in Syrien so schwer wie möglich zu machen. Ein Wirtschaftskrieg ist dazu ein probates Mittel, weil damit keine großen Verluste eigener Truppen riskiert werden.
Noch immer gilt: "Assad muss weg"?
"Assad muss weg", die Forderung wurde zwar offiziell vom politischen Verhandlungstisch genommen. Dass sie als Unterströmung des politischen Handels präsent bleibt, ist an Medienberichten abzulesen, die sich, wie im Fall des Streites zwischen Assad und dem syrischen Milliardär Rami Makhlouf, deutlich an der Möglichkeit delektieren, dass die Macht Assads gebrochen werden könnte. In der syrischen Wirklichkeit sieht es bisher nicht danach aus. Makhlouf hat seinen Machtkampf erstmal verloren.
Auch Berichte über die aktuelle Unzufriedenheit von syrischen Drusen mit der Regierung in Damaskus sind nicht frei von einem Spin, der an der Möglichkeit neuer Aufstände dreht.
Bislang zeigt sich aber, wie auch an den Spekulationen über einen Riss zwischen Assad und der russischen Regierung, dass sich diese Hoffnungen nicht erfüllen. Sollte dem entgegen aller Behauptungen von Landeskennern, die sich bislang als verlässliche Beobachter zeigten, nicht so sein, stellt sich die Frage, wer überhaupt dazu fähig wäre, dass Land in stabile Verhältnisse zu führen?
Die dschihadistische und islamistische Opposition sicher nicht und auf diejenigen, die mit dem Westen in enger Verbindung stehen, kann man keine Hoffnungen richten. Die Erfahrungen westlicher Einmischungen im Nahen Osten sind keine, die davon zeugen, dass die Region friedlicher oder wohlhabender geworden ist, eher im Gegenteil, wie ein Blick in den Irak exemplarisch zeigt.
Die Hoffnung auf einen nächsten Aufstand oder einen umsturzartigen Regierungswechsel ist eine Blase, die mit viel heißer Luft gefüllt wird: Es gibt vom Westen keinerlei Konzept für eine bessere Zukunft Syriens und Assad hat die letzten neun Jahre unter Beweis gestellt, dass er sich allen Widerständen zum Trotz halten kann.
Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte im Nahen Osten zeigen an, dass einmal erlassene Sanktionen lange Jahre aufrechterhalten werden. Es ist eine verfahrene Situation.