Syrien: Sind die Kurden die "fünfte Kolonne" Washingtons?
Seite 3: Taktische Bündnisse
Brauns betont, dass die Kurden keineswegs ein politisches Bündnis mit den USA eingegangen seien. Vielmehr handele es sich um ein militärisches, taktisches Bündnis. So wie es auch Bündnisse mit Russland und auch dem syrischen Regime gegeben hat, wie z.B. dass sich russische Truppen in Afrin oder auch syrische Truppen in der Sheba-Region als Schutzschild gegen Angriffe der türkischen Armee zwischen SDF und Türken geschoben haben.
Dabei seien die SDF aber keine Befehlsempfänger Washingtons, sondern sie operieren am Boden auf Augenhöhe. Denn Washington hatte keine wirkliche Alternative zu den SDF, da sich schnell herausstellte, dass die Türkei mit ihren dilettantischen Operationen und dem nur halbherzigen Kampf gegen den IS keine Alternative darstellte. Bei der Eroberung von Manbij setzten sich die SDF gegen den Willen der USA durch, die nur die Rückeroberung Rakkas durch die SDF im Auge hatte.
Aber die Gefahr, instrumentalisiert zu werden, ist real. Karin Leukefeld weist mit Recht darauf hin, dass es sehr unwahrscheinlich sei, dass die USA ihre 10 Militärstützpunkte in Nordsyrien nach dem Sieg über den IS aufgeben werden. Auch die Gespräche in Astana über mögliche Wege im Syrienkonflikt zwischen Russland, Iran und der Türkei, wo die Kurden wie auch in den Genfer Verhandlungen ausgeschlossen sind, treiben sie in eine stärkere Abhängigkeit von den USA.
Die USA verhindern mit Rücksicht auf die Türkei nach wie vor ihre Teilnahme an den Genfer Friedens-Gesprächen. Sowohl darin, wie auch in den US-Bestrebungen, die Kurden in eine Konfrontation mit Iran und seinen Verbündeten zu bringen, sieht auch Brauns eine große Gefahr.
Entgegen den Behauptungen der Türkei, die USA würden die PKK unterstützen, unterstützen diese die Luftangriffe der Türkei gegen PKK-Stellungen im Nordirak mit nachrichtendienstlichen Informationen.
Gemeinsames russisch-kurdisch-syrisches Koordinationszentrum
Ein gemeinsames Koordinationszentrum von russischen Militärs, SDF und syrischer Armee in einem Dorf nahe der historischen Stadt Resafeh, südlich des Euphrat, belegt, dass die SDF keine fünfte Kolonne Washingtons sind. Ein Reporter der britischen Zeitung The Independent war vor Ort und führte Gespräche mit dem russischen Oberst Yevgeni, einem SDF/YPG-Mitglied, einer Gruppe von syrischen Offizieren und lokalen syrischen Stammesmilizen.
In dem Koordinationszentrum sollen weitere militärische Operationen koordiniert werden, um militärische Konfrontationen zwischen den russischen, kurdischen, amerikanischen und syrischen Akteuren zu vermeiden. Ein weiteres Koordinationszentrum gibt es mittlerweile auch in Afrin. Dies dürfte insbesondere Erdogan überhaupt nicht gefallen, der eine militärische Invasion in Afrin angekündigt hat.