Syrien-Treffen in Astana: Kaum Chancen auf Erfolg
Seite 2: Islamischer Staat keineswegs auf dem Rückzug
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Dass ausgerechnet Fateh al-Sham ein Hauptquartier von Ahrar al-Sham angegriffen hat, nachdem diese in einer Schwäche bereits die Teilnahme an den Gesprächen in Astana abgesagt und damit die enge Bindung an die Türkei revidiert hat, weist auch auf die unübersehbare Verflochtenheit der Machtlinien im syrischen Chaos, in dem die Groß- und Regionalmächte teils zusammen, teils gegeneinander ihre Interessen verfolgen und der Islamische Staat noch weit entfernt von einer Niederlage ist, wie die Rückeroberung von Palmyra, die Offensive in Deir Ez-Zor (Über 100.000 Bewohner und syrische Armee vom IS eingekesselt)und der anhaltende Widerstand in al-Bab (Al-Bab - türkische Mission gescheitert ) offenbart.
Angeblich soll der IS Kämpfer und Führungspersonal von der Stadt Raqqa, der sich die kurdischen YPG vom Osten her nähern, nach Deir- ez-Zor verlegt haben. Die vom IS eingeschlossene Zone, in der sich um die 100.000 Menschen aufhalten sollen, kann nach dem WFP seit dem 15 Januar auch nicht mehr von der Luft aus mit Lebensmitteln versorgt werden, da die Abwurfstelle in der Nähe des Flugplatzes nicht mehr von der syrischen Armee kontrolliert wird. Obgleich russische Flugzeuge Ziele in Deir ez-Zor und gemeinsam mit türkischen in al-Bab bombardieren, sind nach der Zurückeroberung von Aleppo und dem Waffenstillstand russische Erfolge eher ausgeblieben.
Und auch die türkischen Bodentruppen mit den Milizen kommen in al-Bab nicht voran, wo der Islamische Staat es geschafft, einige Leopard-Panzer der türkischen Armee zu zerstören. Das türkische Militär führt das Scheitern der Offensive darauf zurück, dass man trotz intensiver Bombardierung angeblich durch die Rücksichtnahme auf die Zivilbevölkerung in der Stadt, in der sich noch mehr als 30.000 Menschen aufhalten sollen, behindert werde. Unklar ist, inwiefern der IS hier mit anderen bewaffneten Gruppen zusammenarbeitet. Zudem besteht ein Konflikt zwischen türkischen Interessen, die den Korridor sichern und eine kurdische Kontrolle verhindern wollen, nicht nur mit den syrischen Kurden, sondern auch mit Damaskus. Richtung al-Bab sind auch syrische Truppen vorgerückt und haben ebenfalls mit russischer Luftunterstützung einige Dörfer in der Nähe eingenommen.
Kaum entwirrbares Geflecht
Russland steht hier zwischen den unterschiedlichen Interessen, man munkelt, es habe einen Deal zwischen Damaskus und der Türkei gegeben, gemeinsam mit Russland al-Bab einzunehmen. Allerdings opponiert hier ebenso wie in Astana der Iran, der die syrischen Bodentruppen mit Kampfverbänden und schiitischen Milizen entscheidend verstärkt, den türkischen Vormarsch in al-Bab und überhaupt in Syrien verhindern will. Auch im Irak treffen türkische und iranische Interessen beim Kampf um Mosul oder Tal-Afar aufeinander. Schwer vorstellbar, wie sich in Astana in dieser Konstellation alleine der drei Staaten eine anhaltende Lösung für Syrien finden lassen könnte. Gut möglich, dass man nun in Russland darauf hofft, mit einer Kooperation mit den USA die Lage in Syrien besser in den Griff zu bekommen.
Dazu kommt, dass im Unterschied zu Russland, das einen schwierigen Spagat auch im Hinblick auf die syrischen Kurden vollzieht und Gespräche zwischen diesen und Damaskus unterstützt, die Türkei wohl die unverhandelbare Position bezogen hat, dass es keine Verhandlungen mit der YPG bzw. der PYD geben darf und diese ebenso wie der Islamische Staat als Terroristen bekämpft werden müssen. Die Türkei bestand auch darauf, die syrischen Kurden der YPG bzw. die SDF nicht nach Astana einzuladen. Damit konnte sich Ankara durchsetzen. Allerdings soll der Kurdische Nationalrat (KNC), ein kleineres Bündnis von kurdischen Parteien aus Syrien, teilnehmen. Das Bündnis kam durch Vermittlung von Masud Barzani, des Präsidenten der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak, zustande, mit der auch die Türkei kooperiert. Die Einbeziehung des KNC und der Ausschluss der YPG wird die Spannungen zwischen den beiden Gruppen verstärken. Die YPG lassen Peschmerga des KNC, die im Nordirak ausgebildet wurden, nicht nach Rojava, solange sie sich nicht den YPG unterstellen. Der KNC lehnt die multiethnischen und multikulturellen Selbstverwaltungsstrukturen in Rojava ab. Während der KNC der YPG eine Kooperation mit Assad vorwirft, wirft diese dem KNC eine Zusammenarbeit mit der Türkei vor.