Taiwan mit Waffengewalt stürmen?

Seite 2: Die Stärke der PLA ist ausreichend

Zum Vergleich: An der Landung der Alliierten 1944 in der Normandie waren 156.000 Soldaten beteiligt, an der Invasion des Irak allerdings sogar 590.000.

Klar ist: Die chinesische Marine wächst seit Jahren zügig, die US-amerikanische schrumpft derzeit.

Klar ist auch, dass die USA sich auf den Waffengang ganz praktisch vorbereiten. So baut Washington im Moment Lagerbestände an Raketen und Lenkwaffen auf.

Viele Verantwortliche in Washington gehen davon aus, dass die Invasion im Jahr 2027 stattfinden könnte.

Das militärische Ergebnis ist ziemlich gewiss

Zu erwarten ist schließlich, dass der massive Einsatz von Künstlicher Intelligenz und weitgehend automatisierten und vielleicht schon teilautonomen Waffen neue Formen der Kriegsführung hervorbringen wird. Trotz alledem ist der militärische Ausgang eines solchen Waffengangs letztlich ziemlich gewiss. Die Rand-Corporation schreibt:

Taiwan könnte lange Zeit entschlossenen Widerstand leisten, aber ohne eine robuste militärische Intervention der USA würde Chinas enormer Vorteil bei den militärischen Ressourcen es ihm wahrscheinlich erlauben, die Insel schließlich zu unterwerfen.

Rand Corporation

Warum China eine Invasion Taiwans bisher dennoch scheut, klärt ein Blick über die rein militärischen Aspekte hinaus auf die immensen wirtschaftlichen und politischen Risiken, die Peking eingeht, wenn es zum Sturm auf die Insel ansetzt.

Weltweite Konsequenzen

Was vom Westen bei einem chinesischen Sturm auf Taiwan zu erwarten ist, hat der Ukraine-Konflikt gezeigt. Die Reaktion des Westens würde ähnlich radikal ausfallen, wobei viele Sanktionen noch schwieriger umzusetzen wären als gegen Russland. Dennoch ist mit harten Maßnahmen im finanziellen Sektor, politisch und beim Handel zu rechnen – die ganz sicher auch gegen Pekings Partner gerichtet würden.

Um den dadurch – und durch mögliche chinesische Gegenmaßnahmen – entstehenden Schaden zu begrenzen, würde der Westen versuchen, chinesische Sektoren zu treffen, die überdurchschnittlich abhängig von Lieferungen aus dem Westen sind. Das Atlantic Council mahnt allerdings, dass solche Asymmetrien erst noch erforscht werden müssten.

Ob die USA und die G7 ihre Ein-China-Politik aufgeben und durch die Anerkennung eines unabhängigen Taiwans ersetzen würden, ist ebenfalls denkbar, denn dann würde es leichter möglich, die Annexion Taiwans durch Peking abzulehnen ‒ gerade auch dann noch, wenn sie gelingen sollte.

Ist das Ergebnis das Risiko wert?

In Peking fragt man sich sicher auch, was gewonnen wäre, wenn die Operation gelänge. Und diese Bilanz kann bestenfalls gemischt ausfallen. Das Center for Strategic and International Studies zählt eine ganze Reihe von Schwierigkeiten auf:

  1. China würde eine erheblich zerstörte und isolierte "Sonderverwaltungszone" erhalten, die einen immensen wirtschaftlichen Einbruch erleiden und deren Unterwerfung, Überwachung und Wiederaufbau teuer würde.
  2. Die taiwanesische Halbleiterindustrie würde schwerstens geschädigt und wäre nicht in der Lage, die Produktion von hochmodernen Mikrochips wieder aufzunehmen.
  3. Chinas wirtschaftliche und diplomatische Beziehungen zu den fortgeschrittenen Volkswirtschaften würde sich erheblich verschlechtern.
  4. Die Peripherie Chinas, vor allem in Südostasien, würde voraussichtlich überwiegend feindselig reagieren.
  5. Die Wirtschaft würde zu bedeutenden Teilen auf Kriegsproduktion umgestellt und Pekings Ziel, China zu einem Land mit hohem Einkommen zu machen, wäre wohl noch schwerer zu erreichen und zu halten.

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