Tanker-Stau auf den Weltmeeren
Seite 2: Chinesische Teekannen-Raffinerien: Hoffnungsträger für die Belebung des Ölmarkts?
- Tanker-Stau auf den Weltmeeren
- Chinesische Teekannen-Raffinerien: Hoffnungsträger für die Belebung des Ölmarkts?
- Die Aussichten: Rekordproduktion bei schwacher Nachfrage
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Im April 2016 machten Meldungen die Runde, wonach 125 Supertanker vor chinesischen Häfen in Schlangen auf die Löschung ihrer Ladung warteten, mit einer Ölmenge an Bord, die dem chinesischen Bedarf für drei Wochen entsprach. Immer wieder war von vorher nie gesehenen Tankerrudeln vor Qingdao die Rede, wo Liegezeiten von mehr als drei Wochen bis zur Löschung der Ladung in Kauf genommen werden mussten, ebenso wie bis zu 100.000 US-Dollar, die pro Liegetag an Extra-Gebühren hinzukommen können. Die fünf Terminals mit ihren elf Liegeplätzen erwiesen sich als nicht ausreichend für solch einen Ansturm. 2015 lag die durchschnittliche Wartezeit noch bei drei bis vier Tagen.
Das kam nicht von ungefähr. Die Shandong-Provinz gilt als Zentrum der "Teekannen-Raffinerien", zahlreiche kleinere, von den Staatsbetrieben unabhängige Raffinerien, die wegen ihrer Größe so genannt werden. Gemeinsam stellen sie fast ein Drittel der Raffineriekapazitäten Chinas. Die chinesischen Behörden hatten erst im vergangenen Jahr elf von ihnen Lizenzen zum Ölimport gewährt, davor war dieses Vorrecht den staatlichen Unternehmen vorbehalten. Zuvor auf die Aufarbeitung von Heizöl oder den Bezug von Rohöl über die Staatsunternehmen angewiesen, wurden die Teekannen-Raffinerien nun selber zu großen Ölimporteuren. Im April waren sie für 15% des Ölimports des Landes verantwortlich. Sollte den anderen noch ausstehenden Anträgen auf Lizenzen zum Ölimport stattgegeben werden, könnten es bis zu 30% werden.
Schon redet man vom Moment, an dem China die USA als größten Ölimporteur der Welt abgelöst haben wird. Zurzeit jedoch haben die chinesischen Häfen noch mit einer überlasteten Infrastruktur zu kämpfen, die nachgerüstet werden muss. In Qingdao wurden im ersten Quartal 2016 zwei Millionen Barrel Öl umgeschlagen - pro Tag, ein Viertel des chinesischen Imports, eine 70%ige Steigerung der Hafenbilanz im Vergleich zum Vorjahr.
Der Rückstau in Qingdao hängt auch damit zusammen, dass die Teekannen-Raffinerien das Öl nicht schnell genug abtransportieren können. Aus Mangel an Pipelines müssen 80% des Öls per Tankwagen in die Raffinerien gebracht werden. Tausende Tankwagenfuhren sind nötig, um einen Supertanker zu entladen. Dongming Petrochemical, Chinas größte Teekannen-Raffinerie, hat mit anderen Klein-Raffinerien eine Allianz gebildet, die die Importe effektiver abwickeln und preiswerter gestalten soll.
Chinas Ölimporte stiegen 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 9% an, auf 335 Millionen Tonnen, trotz Abkühlung in der chinesischen Wirtschaft. Ende 2015 hatte China acht strategische Ölreserven mit einer Speicherkapazität von 26.1 Millionen Tonnen, das Doppelte als noch ein Jahr zuvor. Zum Vergleich: Die strategischen Ölreserven der USA belaufen sich im Moment auf 82.2 Millionen Tonnen; dazu kommen noch einmal 63 Millionen Tonnen, die aus wirtschaftlichen Gründen eingelagert wurden.
Unterdessen liefern sich Russland und Saudi-Arabien ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Führung in der Rolle als wichtigster Öllieferant Chinas. Und China weitet seine Bezugsquellen aus: Im Juli 2016 brachte der Supertanker OLYMPIC TARGET iranisches Erdöl nach China. Ziel: Die Teekannen-Raffinerien von Shandong.
In China rechnet man ab Sommer mit einer Verbesserung der Situation, mit neuen Speichern in Qingdao und einer Pipeline vom nordöstlich von Qingdao gelegenen Hafen von Yantai, die die Teekannen-Raffinerien direkt beschicken soll.
Die Erwartungen der Ölbranche, dass die Teekannen-Raffinerien Chinas zum Katalysator für eine dauerhaft steigende Ölnachfrage würden, haben sich trotz anfänglicher Euphorie bisher nicht erfüllt. Das liegt zum einen an der noch mangelhaften Infrastruktur. Eine Raffinerie benötigte beispielsweise zur Beladung eines Tankers mit 35.000 Tonnen raffiniertem Produkt per Tankwagen zwei Monate. Die Kosten für den Transport vom Inland zu den Verladeterminals sind ohne Pipelines zu hoch.
Zum anderen ist es eine Frage des Maßstabs: Während die drei Staatsmonopolisten Exportlizenzen für zusammen 5.7 Millionen Tonnen haben, kommen die fünf dafür lizenzierten Teekannen-Raffinerien auf insgesamt 335.000 Tonnen. Unterdessen lasten sie ihre Kapazitäten nicht voll aus. Die haben sich auf einen Halbjahrestiefstwert eingepegelt, zu niedrig sind momentan die Gewinnmargen im Raffineriegeschäft, die gleichzeitig das Interesse an dringend benötigten Investitionen in neue Infrastruktur gering bleiben lassen.