Tanker-Stau auf den Weltmeeren

Seite 3: Die Aussichten: Rekordproduktion bei schwacher Nachfrage

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Die ungedrosselte Ölförderung bei gleichzeitig fehlender Nachfrage hat den Ölpreis seit 2014 um zeitweise mehr als 70% einbrechen lassen. Anfang 2016 wurde das weltweite Überangebot an Öl auf mindestens 2 Millionen Barrel pro Tag geschätzt. Diese Menge entspricht der Füllung eines Supertankers. Bei der CME Group, der größten Terminbörse der Welt, wurden Öllagerplätze über Terminkontrakte zur Handelsware. Produzenten und Händler können nun die Rechte zur Einlagerung verschiedener Ölsorten kaufen oder verkaufen.

Die Ölbranche sehnt einen Anstieg des Ölpreises herbei, der die Situation bereinigen soll. Optimistische Experten erwarten nach üblichen Wartungspausen Produktionssteigerungen der Raffinerien im Frühling und Sommer, damit der Lagerbestand abnehmen bzw. sich die Menge des schwimmend gelagerten Rohöls bei 70 Millionen Barrel normalisieren würde.

Andere Prognosen sind skeptischer. Robert Dudley, CEO von BP, orakelte im Februar, dass in der zweiten Jahreshälfte "jeder Vorratstank und jeder Swimmingpool der Welt mit Öl gefüllt" sein würde.

Anfang Juni kam die OPEC zu keiner Einigung über Förderbegrenzungen, die das Öl-Angebot zurückfahren würden.

Was bleibt, ist die bei gleichzeitig ungebrochener Rekordproduktion nach wie vor schwache Nachfrage auf dem Weltmarkt, kombiniert mit der angespannten Situation in der Vorratsspeicherung. Die Tankerknäuel auf den Wasserstraßen der Welt werden sich nicht so schnell auflösen, ob nun vor Galveston (Texas, USA), Lomé (Togo), Luanda (Angola) oder in der Nordsee vor den Häfen von Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen.

Tanker-Massierung vor Lagos, Screenshot 6. August 2016. Bild: MarineTraffic

Nigeria, bis vor kurzem noch bedeutendster Ölförderer Afrikas, muss fast seinen gesamten Treibstoffbedarf importieren, da die Raffinerien vor Ort heruntergewirtschaftet sind. Angriffe der Niger Delta Avengers, einer militanten Gruppe im Niger-Delta, haben die Ölförderung auf das niedrigste Niveau seit 25 Jahren zurückgeworfen, der "Pipeline-Vandalismus" beeinträchtigt das Ölgeschäft massiv.

Der niedrige Ölpreis hat dem Land außerdem die seit Jahrzehnten schwerste Wirtschaftskrise beschert. Ende Juni hat Nigeria ein 80 Milliarden US-Dollar schweres Abkommen mit China getroffen, mit dem die Infrastruktur des Energiesektors modernisiert werden soll.