Tech-Crashs an den Börsen: Naht das Ende des Wachstums?
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Historischer Verlust für Facebooks Mutterkonzern Meta-Platforms. Auch andere Unternehmen sind abgestürzt. Wegen der anhaltenden Inflation hängt über den Börsen das Damoklesschwert der Zinsanhebungen
Nach dem durch das Coronavirus ausgelösten Börsen-Crash vom März 2020 schienen die Märkte nur eine Richtung zu kennen: steil nach oben. Sogar im eher börsenmüden Deutschland investierten auf einmal viele Anleger in Aktien und profitierten von den Wertsteigerungen.
Gleichzeitig waren auch die sogenannten Neobroker wie Trade Republic oder (in den USA) Robinhood Markets voll im Trend (Wohin mit unserem Geld?). Sie locken mit niedrigeren Gebühren als die traditionelleren Broker, die Privatpersonen den Börsenhandel ermöglichen. Auch um die Kryptowerte wie Bitcoin, Ethereum & Co. entstand ein neuer Hype.
Doch seit November 2021 sieht die Börsenwelt auf einmal anders aus: Die US-amerikanische Technologiebörse NASDAQ befindet sich im Abwärtstrend. Dort sind praktisch all Internet- und Computergiganten wie Alphabet (Google), Amazon, Apple, Meta (Facebook), Microsoft oder Netflix zuhause.
Am 22. November hatte der NASDAQ-100, also der Index mit den größten 100 Techwerten, sein letztes Allzeithoch. Das ist übrigens in auffälliger zeitlicher Nähe zum Bitcoin, der am 10. November mit rund 69.000 US-Dollar seinen bisher höchsten Preis erreichte.
Bis zum 24. Januar stürzte der Index von seinem Hoch auf rund 16.750 Punkten um fast 20 Prozent auf 13.750. Dabei täuscht die Gewichtung darüber hinweg, dass es viele Unternehmen noch heftiger erwischte: Je nach Größe bestimmen die Unternehmen nämlich einen größeren Anteil des Index.
Darum haben die genannten Giganten wie Amazon oder Apple, denen Anleger die Treue hielten, den Wert des Tech-Markts scheinbar oben gehalten. Diese Quasi-Monopolisten mit Milliardengewinnen und riesigem Kundenstamm gelten vielen als sicherer Hafen.
Spekulative Hype-Aktien wie die amerikanische Kinokette AMC, Veggie-Burger Hersteller Beyond Meat, die Computerspielekette GameStop oder das Weltraumtourismusunternehmen Virgin Galactic hatten aber schon im Dezember 70 Prozent ihres Börsenwertes verloren – oder sogar mehr. Seitdem ist der Aktienhandel schwierig geworden und jetzt scheinen erstmals auch die großen Unternehmen Schwierigkeiten zu haben.
Realität oder Versprechen
Ein wichtiger Unterschied bei Wachstumsunternehmen ist, ob diese bereits ein funktionierendes Geschäftsmodell haben oder das erst für die Zukunft versprechen. Gute Beispiele hierfür aus Deutschland sind die erfolgreichen Unternehmen HelloFresh und Zalando, die erst im September in den Dax aufgenommen wurden und damit zu den 40 stärksten Börsenwerten des Landes zählen.
Wenn es darum geht, sich als das Unternehmen für Telemedizin, Online-Shopping oder Videostreaming zu etablieren, um nur ein paar Möglichkeiten zu nennen, ist der Kundenstamm entscheidend. Die Politik der billigen Zinsen ermöglichte es dabei nicht nur Staaten, sondern auch Firmen, sich günstig zu verschulden. Ihnen stand im Wettlauf mit der Konkurrenz also viel Liquidität zur Verfügung.
Die Zeiten scheinen sich jetzt aber zu ändern. Die Geldflut, mit der viele Länder erst die volkswirtschaftlichen Folgen der Finanzkrise und jetzt der Coronapandemie bekämpfen wollten, feuert nämlich die Inflation an. Dazu kommen unterbrochene Lieferketten wegen der Lockdowns, die das Produktangebot verknappen.
Um die Preissteigerungen in Grenzen zu halten, fahren verschiedene Zentralbanken ihre Anleihenkaufprogramme zurück. In den Vereinigten Staaten und Großbritannien stehen nun Zinsanhebungen an. Selbst die Europäische Zentralbank scheint nun ihre Nullzinspolitik zu überdenken.
Zinswende
Dabei schauen die Anleger insbesondere auf das Verhalten der US-amerikanischen Zentralbank Federal Reserve, kurz "Fed". Wenn sich deren heutiger Direktor Jerome Powell über die Zinspolitik äußert, interpretieren Analysten auf der ganzen Welt seine Worte und lesen auch eifrig zwischen den Zeilen.
Seit November 2021 rückt nun die Zinswende immer näher. Wird die Fed die Zinsen für US-Staatsanleihen dieses Jahr dreimal, fünfmal oder vielleicht sogar siebenmal anheben? Geht es um Schritte von 0,25 Prozent oder gar um 0,5?
Dabei waren die Sichtweisen auf die Inflation von großer Bedeutung. Powell und andere Zentralbankdirektoren nannten diese lange Zeit "vorüberghend". Davon rückte man nun ab und räumt zumindest ein, dass die Preissteigerungen weniger vorübergehend sind, als man zunächst dachte. Das bedeutet nicht nur höhere Kosten für die Konsumenten, sondern auch für die Unternehmen, insbesondere in energie- und rohstoffintensiven Sektoren.
Steigenden Zinsen für Staatsanleihen ziehen eine ganze Reihe von Folgen nach sich: Wie bereits gesagt, wird die Neuverschuldung dann teurer – sowohl für Staaten als auch für Unternehmen. Anleihen werden dann aber auch wieder eine attraktivere Geldanlage, verglichen mit Aktien, Kryptowerten oder Edelmetallen.
Wenn mehr Anleger in US-Staatsanleihen investieren, also der US-amerikanischen Volkswirtschaft ihr Geld leihen, stärkt das den US-Dollar. Das hat wiederum Folgen für Im- und Exporte oder auch für Rohstoffe, die in der US-Währung gehandelt werden, insbesondere auch Rohöl.
Crash und Realismus
Zu der erwarteten Zinswende kam Ende 2021 dann auch noch die neue Omikronvariante des Coronavirus hinzu, deren Gefährlichkeit zunächst nicht deutlich war. Auch der eskalierende Ukraine-Konflikt und womöglich drohende Krieg mit Russland verunsicherte die Anleger.
Das alles hat dazu geführt, dass die Bewertungen vieler Tech-Unternehmen an den Börsen nun kritischer hinterfragt werden. Sind die Wachstums- und Gewinnaussichten wirklich gerechtfertigt? Positiv könnte man das als eine Zunahme des Realismus sehen.
In den letzten Wochen kam es aber zu einigen Kurseinbrüchen, die wiederum übertrieben scheinen, nur jetzt ins Negative. Ein Beispiel hierfür ist der Streamingdienst Netflix, der den Bereich der Online-Filme dominiert.
Am 17. November wurde ein Anteil des Marktführers noch für 700 US-Dollar gehandelt. In der oben beschriebenen Abwärtsphase fiel er dann bis zum 20. Januar auf 500 Dollar, also um fast 30 Prozent.
Der Schock kam dann aber einen Tag später: Zwischenzeitlich hatte das Unternehmen die Quartalsergebnisse zum Dezember 2021 gemeldet. Und obwohl die Gewinne über den Erwartungen lagen, stürzte die Aktie am 21. und 22. Januar auf 350 US-Dollar ab.
Damit hatte sich der Marktwert innerhalb von nur rund zwei Monaten halbiert, mit einem Verlust von noch einmal satten 30 Prozent an nur zwei Handelstagen. Allein an diesen beiden Tagen wurden an der NASDAQ über 91 Millionen Aktien des Streaminganbieters hin- und hergeschoben, also über 30 Milliarden US-Dollar bewegt.
Steigende Gewinne waren den Anlegerinnen und Anlegern nicht genug. Wegen der abnehmenden Zahl an Neuabonnenten und den Erfolgen der Konkurrenz – beispielsweise durch Disney+ – kamen Zweifel an der Erfolgsstory von Netflix auf. Dabei hat der Streamingdienst vielversprechende neue Inhalte produziert.
Bei größerem Wettbewerbsdruck verliert ein Unternehmen an Preissetzungsmacht. Wenn dann auch noch weniger neue Kunden dazu kommen, kann der Profit in Zukunft kaum noch steigen.
Analysten brachten daher die Möglichkeit ins Gespräch, dass Netflix seine Filme an die Konkurrenz lizenzieren könnte – doch dann würde der Dienst natürlich auch an Exklusivität verlieren, also weniger für ein Abonnement sprechen. Das Unternehmen scheint in einer Wachstumsfalle zu stecken.
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