"Bitcoin könnte bald von der Bildfläche verschwinden"

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Amerikanischer Wirtschaftsprofessor Eswar Prasad hält den größten Kryptowert für zu ineffizient

Bitcoin, der größte unter den Kryptowerten, hatte am 10. November sein bisheriges Allzeithoch bei rund 69.000 US-Dollar pro Einheit. Am 4. Dezember kam es dann zum Ausverkauf auf bis zu fast 42.000 US-Dollar, rund 40 Prozent tiefer. Seitdem hat der Wert Mühe, die Marke von 50.000 zurückzuerobern.

Aber auch bei vielen Technologie- und Hype-Aktien kam es zu einem Absturz: Die amerikanische Kinokette AMC, Veggie-Burger Hersteller Beyond Meat, die Computerspielekette GameStop oder das Weltraumtourismusunternehmen Virgin Galactic verloren beispielsweise rund 70 Prozent vom Jahreshoch oder gar mehr.

Ende des billigen Geldes?

Ein Grund dafür dürfte gewesen sein, dass die US-amerikanische Zentralbank ein Ende der Zeit des billigen Geldes ankündigte. Bei einer Anhebung der Leitzinsen könnten sich Unternehmen mit unsicherem Geschäftsmodell nicht mehr so leicht verschulden, um ihr Wachstum zu finanzieren.

Außerdem würden dann auch die in Zukunft erwarteten Gewinne – wenn sich das Geschäftsmodell denn durchsetzt – schmäler. Dazu kamen Sorgen wegen der Omikronvariante des Coronavirus und damit verbundenen Lockdowns. Diese könnten die Lieferketten im globalen Handel weiter unter Druck setzen.

Dass übrigens die bedeutenden amerikanischen Börsenindizes wie der S&P 500 für die 500 größten Unternehmen oder Nasdaq-100 für die 100 größten Technologieunternehmen nicht abschmierten, hängt mit deren Berechnung zusammen: Diese werden nach den Marktkapitalisierungen der einzelnen Unternehmen gewichtet.

Und da die Börsenriesen wie Alphabet (Google), Amazon, Apple, Meta (Facebook) oder Microsoft bei den Anlegern weiter sehr hoch im Kurs stehen, fallen die Wertverluste zahlreicher anderer, doch viel kleinerer Unternehmen nicht so ins Gewicht. An der Marktmacht der US-Technologiegiganten dürfte sich so schnell nichts ändern, sofern sie nicht irgendwann in einem Kartellverfahren wegen Missbrauchs ihrer Monopolstellung zerschlagen werden. Beispielsweise könnte YouTube von Alphabet oder Instagram von Meta abgetrennt werden.

Bitcoin: Was bisher geschah

Seit der Finanzkrise der Nullerjahre stützen bekanntermaßen die Zentralbanken die Märkte und die Verschuldung von sowohl den Unternehmen als auch den Staaten. Seit dem Coronacrash vom März 2020 hat sich dieser Trend dann noch einmal erheblich verstärkt.

Der Algorithmus des Bitcoin-Erfinders sieht vor, dass insgesamt nicht mehr als rund 21 Millionen dieser digitalen "Münzen" errechnet werden können. Zurzeit sind davon nur noch rund 2 Millionen übrig. Um das zu erreichen, wird die ausgeschüttete Belohnung für das Erraten der richtigen Zufallszahl, mit der dann ein neuer Datenblock an die vorhandene Kette angehängt werden kann, alle paar Jahre halbiert.

Mit dieser algorithmisch bedingten Verknappung des Guts Bitcoin soll der Geldvermehrung der Zentralbanken – aber auch durch Kredite der Privatbanken – eine feste Größte entgegengesetzt werden. Optimisten gehen darum davon aus, dass der Wert einer Einheit in absehbarer Zukunft über 100.000 oder gar eine Million US-Dollar steigt.

Das funktioniert aber nur unter der Voraussetzung, dass Investoren an Bitcoin (und in analoger Weise an die inzwischen über 10.000 anderen Kryptowerte) glauben. Mit anderen Worten: Der Bitcoin-Kurs wird genau dann steigen, wenn genug Menschen mit genügend Geld glauben, dass er mehr wert ist, als er im Moment kostet.

In solchen Phasen kommt es zu neuen Allzeithochs. Es herrscht dann FOMO, Fear Of Missing Out, die Angst, die nächste Welle zum angeblichen Reichtum zu verpassen. Wer zu so einem Allzeithoch Bitcoin kauft, wird auch im Telepolis-Forum gerne mal als Idiot dargestellt. Dabei ist der Kauf dieses FOMO-Opfers Bedingung dafür, dass Andere, die früher eingestiegen sind, ihre Gewinne einheimsen können.

Dass man diejenigen, die einem die Gewinne ermöglichen, als dumme Schafe darstellt, sagt viel über die Psychologie des Handels mit Kryptowerten aus. Stellen wir uns einmal zum Vergleich vor, der Bäcker würde diejenigen, die seine Brötchen kaufen, für Idioten halten; oder die Journalistin diejenigen, die ihre Artikel lesen, für Volltrottel. Der Handel über anonyme Börsen macht aber möglich, dass sich Zocker und Abgezockter nie begegnen.

Dieses Muster kann sich theoretisch unbegrenzt wiederholen. Wer mit Bitcoin spekuliert, wartet auf die nächste FOMO. Wenn sich die Erkenntnis durchsetzt, dass die Preisanstiege (Inflation) bleiben, könnte schon die nächste Welle beginnen. Doch falls sich irgendwann die meisten Menschen vom Bitcoin abkehren, wäre das Spiel ausgespielt.

Bitcoin zu ineffizient

Laut dem Wirtschaftsprofessor Eswar Prasad von der Cornell University im amerikanischen Ithaca, Bundesstaat New York, könnte es schon bald soweit sein. Der Ökonom hat sich in seinem unter anderem vom Economist und der Financial Times preisgekrönten neuen Buch "The Future of Money: How the Digital Revolution Is Transforming Currencies and Finance" mit der Zukunft des Geldes im Zeitalter der Digitalisierung auseinandergesetzt.

Gegenüber dem Nachrichtensender CNBC hob er kürzlich die großen Nachteile des beliebten Kryptowerts hervor: Der Algorithmus zur Bestätigung der neuen Datenblöcke skaliere schlecht mit der Anzahl der Transaktionen und zerstöre zudem die Umwelt. Es gebe inzwischen zahlreiche Alternativen auf dem Kryptomarkt, die nicht so ineffizient sind.

Der Wirtschaftsprofessor lehnt die Digitalisierung von Währungen also nicht ab. Im Gegenteil hebt er die Vorteile digitaler Währungen hervor, dass dadurch bestimmte Transaktionen einfacher und billiger werden und auch mehr Menschen auf der Welt am Zahlungsverkehr teilnehmen können.

Ermöglicht werde dies durch die Blockchain-Technologie, die durch Bitcoin bekannt wurde. Damit seien auch die Zentralbanken unter Zugzwang gesetzt worden, ihre traditionellen Währungen zu digitalisieren. Auch wenn der älteste Kryptowert letztlich scheitere, könnten wir alle damit von seinem vorübergehenden Erfolg profitieren.