Technische Probleme lassen BER-Flughafen Baustelle bleiben
Steuerung der Türöffnung funktioniert nicht
Seit 27 Jahren wird in Berlin ein neuer Flughafen geplant und gebaut. Eigentlich sollte er 1,7 Milliarden Euro kosten und 2011 fertig werden - nun ist von sechseinhalb Milliarden Euro die Rede - und auch das zuletzt für 2017 versprochene Bauende ist seit letzter Woche wieder völlig offen, wie der Aufsichtsratsvorsitzende und Berliner Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) zusammen mit Geschäftsführer Karsten Mühlenfeld am Samstag öffentlich einräumen musste.
Als Grund für den wieder offenen Eröffnungstermin werden nun neben "Teilen der Sprinkleranlage", die "eventuell" nicht "wie erforderlich" gebaut wurden, automatische Türen genannt, die sich zu mindestens zwei Dritteln nicht wie geplant öffnen und schließen, aber als Sicherheitsschleusen und Bestandteil der Entrauchungsanlage vorgesehen sind. Im Herbst hatten Mühlenfeld und Technikchef Jörg Marks Journalisten noch funktionierende Türen präsentiert, als sie glaubhaft machen wollten, dass technische Probleme gelöst seien.
Probleme angeblich nicht aus Rücksicht auf die Berliner Abgeordnetenhauswahlen im letzten Herbst verschwiegen
Bei der Suche danach, warum sich die Türen im Fluggastterminal nicht wie vorgesehen öffnen, ob es (wie die Süddeutsche Zeitung schreibt) an der Steuerungssoftware oder doch an der Verkabelung liegt (wie der Rundfunk Berlin-Brandenburg andeutet), und wer die Aufträge ausführte, stößt man an Mauern der Unzuständigkeit. Dafür widersprach ein Sprecher Mühlenfelds bereits am Sonntag dem Vorwurf, dass man das Eingeständnis der neuen Probleme aus Rücksicht auf die Berliner Abgeordnetenhauswahlen im letzten Herbst verzögert haben könnte.
Die Verschiebung des Eröffnungstermins in die (inzwischen unbestimmte) Zukunft ist bereits die fünfte. Auch bei denen in der Vergangenheit wurden vorwiegend technische Probleme als Gründe genannt: Zum Beispiel das Licht (das sich nicht ausschalten ließ und für elf Millionen Euro umgebaut wurde), die Rolltreppen und Gepäckbänder (die man zu kurz bestellt hatte), überlastete Kabeltrassen (in denen sich Hitze staute), die Brandschutz- und Entrauchungsanlage (die in kleinere Einheiten aufgeteilt werden musste, bis sie funktionierte), Ventilatoren (die für die Decken zu schwer waren), über 1.000 der insgesamt 4.000 Räume, die wegen einer unzureichend kommunizierten Umplanung eine falsche Nummer bekommen hatten, und 1.000 falsch gepflanzte Bäume (von denen 600 wieder herausgerissen und neu eingesetzt wurden).
Rentabler Betrieb fraglich
Dabei entstanden nicht nur hohe Kosten für die Umbauten: Selbst dann, wenn alles stillsteht, verschlingt die Baustelle monatlich 17 Millionen Euro an Betriebskosten. Frank Welskop, der ehemalige Wirtschaftsausschussvorsitzende der Landesentwicklungsgesellschaft Brandenburg, glaubt, dass der Flughafen sogar nach seiner Eröffnung laufend Verluste produzieren wird, weil der Plan der Politik, Berlin zu einem "Drehkreuz" zu machen, nicht aufging. Statt zu einer "internationale Luftverkehrs-Drehscheibe" zu werden oder Frankfurt und München wenigstens als innerdeutscher Zubringer Konkurrenz zu machen, ist die Ortschaft seinen Worten nach zur "Hauptstadt der Billigflieger mutiert" ist, die inzwischen 70 Prozent der Starts und Landungen dort ausmachen.
Durch den Billigflug-Effekt wird der BER-Flughafen Welskops Ansicht nach "immer eine riesige Umsatzlücke haben" und "nicht in der Lage sein, auch nur in die Nähe der Gewinnschwelle zu kommen". Damit die Kosten des Betriebs gedeckt sind, wären seiner Rechnung nach "mindestens 800 Millionen Euro Umsatz nötig" - mit der geplanten Kapazität von 22 oder 27 Millionen Passagieren wird das seine Ansicht nach bei weitem nicht erreicht. Selbst wenn man alle anderen Berliner Flughäfen schließen und 33 Millionen Passagieren haben würde, käme man lediglich auf die Hälfte: 400 Millionen Euro (vgl. Willy-Brandt-Flughafen: Unrentabler Betrieb absehbar?).
Bedingt geeignetes Gegenbeispiel München
Obwohl der BER-Flughafen Welskops Rechnung nach unrentabler wird, wenn man nach seiner Eröffnung den Flughafens Tegel nicht zumacht (der bislang Gewinn abwirft) plädiert unter anderem Sebastian Czaja, der Fraktionsvorsitzende der FDP im Berliner Abgeordnetenhaus für einen parallelen Weiterbetrieb. Er befürchtet, dass der BER-Flughafen sonst für ein "Verkehrschaos" sorgen könnte. Roman-Francesco Rogat, der Berliner Landesvorsitzende der Jugendorganisation von Czajas Partei, fordert derweilen eine Namensänderung des bislang als Willy-Brandt-Flughafen geplanten BER-Bauwerks, weil es seiner Meinung nach unwürdig ist, dass "ein so erfolgreicher und verdienter Kanzler wie Willy Brandt [der mit der FDP koalierte] mit seinem Namen" für ein "Symbol für Chaos und Planungslosigkeit" stehen müsse. In München hatte die FDP vor zwei Jahren gefordert, dass der dortige Franz-Josef-Strauß-Flughafen umbenannt wird, nachdem neue Enthüllungen zu geschäftlichen Verbindungen des ehemaligen bayerischen Landesvaters bekannt wurden (vgl. FDP fordert Umbenennung des Franz-Josef-Strauß-Flughafens).
Auch wenn man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass die Politik in Berlin und Brandenburg durch andere andere Prioritäten zumindest mit verschuldete, eignet sich der (heute relativ gut funktionierende) Münchner Flughafen nur bedingt als Beleg dafür, dass es anderswo in Deutschland besser läuft: Auch hier gab es Verzögerungen und Kostensteigerungen, deren heute fast vergessenes Ausmaß die Wochenzeitung Die Zeit das Bauprojekt am 24. März 1989 als umgerechnet dreieinhalb Milliarden Euro "teures Chaos" und als "Prachtbeispiel für Fehlplanungen bei Großprojekten" kritisieren ließ. Zu den damaligen Verzögerungen trugen neben ständigen Planungsänderungen auch bundesweit existierende Probleme wie ein übertriebener Naturschutz und ausufernde Klagemöglichkeiten bei, die eine vierjährigen Bauunterbrechung zur Folge hatten.
Passendere Gegenbeispiele für schnellen und kostengünstigen Flughafenbau gibt es dagegen in Asien: Im chinesischen Yangzhou entstand vor einigen Jahren ein Airport für zwei Millionen Passagiere in weniger als einem Jahr. Vielleicht sollte man den nächsten deutschen Großauftrag ja einfach von der Planung angefangen komplett an die Firmen vergeben, die das dort geschafft haben - unter dem Strich käme das deutsche Steuerzahler vielleicht sogar günstiger.
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