FDP fordert Umbenennung des Franz-Josef-Strauß-Flughafens
Spiegel erhebt zwei Wochen vor dem 100. Geburtstag des Politikers neue Vorwürfe
In den 1960er Jahren war die Politik in der Bundesrepublik von der Auseinandersetzung zweier mächtiger Männer geprägt, die für den schwäbischen Bundeswehrgeneral Gerd Schmückle den Gegensatz zwischen haneseatischem Puritanismus und bayerischem Barock verkörperten: Spiegel-Gründer Rudolf Augstein und CSU-Politiker Franz-Josef Strauß. Die Feindschaft ging so weit, dass Strauß nach der so genannten Spiegel-Affäre (bei der Augstein und mehrere Mitarbeiter des Blattes wegen des später entkräfteten Vorwurfs des Landesverrats längere Zeit in Untersuchungshaft genommen wurden) zurücktreten musste und der langjährige Spiegel-Chef es als seinen wichtigsten Lebensverdienst ansah, mit einer über Jahrzehnte andauernden Kampagne den Bayern als Bundeskanzler verhindert zu haben.
Insofern verwundert es nur bedingt, dass das Nachrichtenmagazin zwei Wochen vor dem 100. Geburtstag des langjährigen bayerischen Ministerpräsidenten mit einer Geschichte aufwartet, der zufolge Strauß mit Hilfe des Rechtsanwalts Reinhold Kreile (der von 1990 bis 2005 Chef der Musikverwertungsgellschaft GEMA war) über das Eureco Büro für Wirtschaftsberatung GmbH und Co. KG 1964 bis 1968 von großen Unternehmen insgesamt eine halbe Million D-Mark für "volks- und betriebswirtschaftliche Beratungen aller Art" überwiesen bekam.
Der bayerische FDP-Vorsitzende Albert Duin nahm diese Meldung (von sich in den Archiven der letzten 60 Jahre zahlreiche Vorgänger finden) zum Anlass, via Twitter eine Umbenennung des Münchner Franz-Josef-Strauß-Flughafens zu fordern. Denn - so Duin wörtlich - ein "machtarroganter Gauner" sei ein "schlechter Namenspatron". - Wir machen uns natürlich weder diese Meinung Duins noch die Vorwürfe des Spiegel zu eigen.
Als Ersatz-Namenspatronin schwebt dem ostfriesischstämmigen Wahlmünchner Duin die 1929 verstorbene Münchner Stadträtin Luise-Kiesselbach vor, die zwar (anders als Strauß) nichts mit dem Flughafen oder der Fliegerei zu tun hatte, aber der FDP-Vorgängerpartei DDP angehörte. Heute kennt man sie eigentlich nur noch durch den nach ihr benannten Luise-Kiesselbach-Platz und den Luise-Kiesselbach-Tunnel - zwei ewige Baustellen, die eher negative Assoziationen hervorrufen. Bei Willy Brandt, nach dem eine Berliner Flughafendauerbaustelle benannt wurde, überwiegt dagegen bislang noch die Erinnerung an seine Zeit als Bundeskanzler - was nicht ausschließt, dass sich das in kommenden Jahrzehnten noch ändert.
Die Beispiele zeigen, dass eine als Ehrung gemeinte Benennung für den Namensgeber langfristig nicht immer mit ausschließlich positiven Konnotation verbunden sein muss. Vielleicht sollte man das auch im Fall Franz-Josef-Strauß berücksichtigen und statt einer (angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Landtag ohnehin völlig illusorischen und potenziell sehr kostenintensiven) Umbenennung des relativ gut funktionierenden Münchner Flughafens etwas umstrittenere Verkehrswege und Bauten nach dem Ex-CSU-Vorsitzenden benennen, die seiner vielschichtigen Persönlichkeit eher gerecht werden.
Dafür infrage käme beispielsweise die neue Fahrradspur in der Münchner Maxvorstadt, die derzeit für Staus bis in die Dachauer Straße sorgt und Anwohner wie Autofahrer erregt. Immerhin wuchs Strauß nicht nur in der Maxvorstadt auf, sondern war auch ein leidenschaftlicher Radfahrer, der 1934 mit seinem Radclub Amor die süddeutsche Straßenmeisterschaft gewann und eine 210-Kilometer-Bergtour angeblich in fünf Stunden und 56 Minuten schaffte. Noch 1963 soll er von Rott am Inn aus 240 Kilometer zur Universität Innsbruck und wieder zurück geradelt sein.
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