Teilnehmer kündigt Vergewaltigungen an
Eklat bei Big-Brother in Griechenland
Reality-Shows leben von der Provokation. Diese garantiert den Sendern Einschaltquoten. Trotz dieser bekannten Binsenweisheit, hat die neue Staffel von Big Brother in Griechenland den Eingriff von Regierungssprecher Stelios Petsas ausgelöst. Petsas verlangte am Sonntag Konsequenzen wegen eines Spielers, der in der Nacht zum Sonntag Vergewaltigungen ankündigte. Der Regierungssprecher ist gleichzeitig mit dem Presseressort der Regierung betraut.
Außer Petsas brachten am Montag im Parlament die Vorsitzenden aller Parteien bei einer großen Aussprache ihr Abscheu über die Sendereihe zum Ausdruck. In der griechischen Öffentlichkeit mehren sich die Stimmen, die ein Ende der Big-Brother-Show fordern. Bereits am Sonntag hatten die Parteien ihr Missfallen in Erklärungen manifestiert, und ernste Konsequenzen gefordert. Noch am Sonntag sprangen zahlreiche Werbepartner von SKAI TV von der Finanzierung von Big Brother ab.
Der Sender SKAI TV im Kreuzfeuer der Kritik
Übertragen wird die Reality-Show vom Sender SKAI TV, der in Griechenland als besonders regierungstreu gilt und dessen Kommentatoren zur Propagierung einer Alt-Right- oder neoliberalen Ideologie neigen. Bereits vor dem Start der täglichen Übertragungen aus dem "Big-Brother-Haus" warb der Sender mit der auf Kontroversen ausgerichteten Auswahl der Kandidaten. Eine Frau aus Thessaloniki wurde vorgestellt als Fan jüngerer Männer. Der nun geschasste Spieler aus Kreta wurde als "traditioneller Mann" beschrieben und seine Homophobie wurde zur Schaffung des Profils deutlich hervorgehoben.
Der Kreter gab vor seiner Ankündigung, er würde jeden Tag mit einer anderen Frau schlafen, um sein "Paket zu entleeren", oder aber die Frauen vergewaltigen, offen zu, dass er stets mit einem Messer unterwegs ist. Die Zuschauer ließ er wissen, dass er beleibten Frauen jegliche Weiblichkeit absprechen würde. Der Sender hat dafür gesorgt, dass eine etwas dickere Frau unter den Kandidatinnen ist.
Unter den Kandidaten war, bis zu seinem Rausschmiss am Freitag, auch ein Spieler mit Herkunft aus Bangladesch. Ihm gegenüber wurde eine Spielerin eingesetzt, die sich den Spruch auf den Arm tätowiert hat: "Wenn sie nicht als Griechin geboren wäre, sollte sie ungeboren bleiben." Eine Albanerin durfte ebenso wenig fehlen wie ein früherer Bürgermeister, für den "Flüchtlinge Invasoren sind" und der herbeisehnt, dass "Griechenland wieder den Griechen" gehört. Zwei offen homosexuelle junge Männer sind ebenfalls dabei. Einer von ihnen feierte am Tag der Premiere den 18. Geburtstag, wurde aber bereits im Vorfeld auch mit seinen sexuellen Erlebnissen vorgestellt und beworben. Offenbar sieht SKAI TV keinerlei Jugendschutz verletzt.
Schließlich hatten die Planer der Sendereihe einen weiteren Eklat eingeplant. Unter den Teilnehmern befindet sich ein fast vollkommen identisches Zwillingspaar. Beide jungen Männer traten in der ersten Woche der Show nie gemeinsam auf. Beide flirteten abwechselnd mit einer jungen Dame. Diese wurde am Freitag während der wöchentlichen Live-Show mit der Tatsache konfrontiert, dass sie gleich zwei Männern - on camera - ihre Geheimnisse anvertraute. Der verdutzt wirkenden Frau sagte der Moderator Andreas Mikroutsikos lapidar, dass sie doch froh sein sollte, einen Mann mit Ersatzteil gefunden zu haben.
Für den Musiker und Moderator Mikroutsikos ist es ein TV-Comeback nach vielen Jahren, in denen er vom Bildschirm verschwunden war. Für SKAI TV ist das vor zwei Jahrzehnten zum ersten Mal in Griechenland ausgestrahlte Big Brother "die Reality-Show der neuen Zeit".
Der Sender nutzte auch den zumindest grob fahrlässig herbeiführten Eklat um die Vergewaltigungsankündigung für seine PR. Der Rausschmiss des Kreters wurde mit einem inszenierten Video an Medien dokumentiert. Der Sender distanzierte sich von den Aussagen des Kandidaten und sah die Verantwortung auch bei den Technikern, welche das Live-Streaming mit den strittigen Aussagen des Kandidaten nicht unterbrochen hatten. Die Verantwortlichen von SKAI TV sind sich ansonsten keiner Schuld bewusst.
Die Show geht weiter. Sie wird wohl, auch aufgrund des Eklats, nun höhere Einschaltquoten erzielen. Der von Petsas ebenfalls zum sofortigen Eingreifen aufgeforderte Rundfunkrat (ESR), eine nominell unabhängige Behörde, verwies in einer ersten Stellungnahme darauf, dass er seine Statuten einzuhalten habe und die Angelegenheit nun prüft.