Telechirurgie: Roboter-gestützte Medizin als Lösung für die Versorgung von Kriegsverletzten

Medizinroboter

Bild: Marko Aliaksandr / Shutterstock.com / Bearbeitung: TP

Wie chirurgische Versorgung von Verwundeten in Deutschland mit Robotern kriegsfähig gemacht werden kann. Mit Da Vinci lässt sie sich am Fließband realisieren.

Während die Bundeswehr ihr Verletzten traditionell in Feldlazaretten nahe am Einsatzort versorgen, hat das US-amerikanische Militär seine Versorgung in großer Entfernung beispielsweise in Landstuhl in der Nähe der US-Basis Ramstein organisiert. Ganz in der Nähe baut die Bundesrepublik derzeit übrigens ein neues, noch größeres US-Militärkrankenhaus.

Herausforderungen in der Verletztenversorgung der US Army

Ein Problem im Falle der Verletztenversorgung der US Army war, dass nicht alle Verwundeten den Transport in die Klinik überlebten. Vor diesem Hintergrund suchte man nach Möglichkeiten, eine technisch möglichst hochwertige Versorgung auch im Einsatzland sicherzustellen, ohne die hochqualifizierten Operateure zu gefährden.

Da schien die Ende der 1980er-Jahre am damaligen Stanford Research Institute (SRI) im Silicon Valley entwickelte roboter-assistierte Chirurgie ein sinnvolles Element.

Die Entstehung der roboter-assistierten Chirurgie

Neben dem National Institutes of Health (NIH), einer Behörde des US-Gesundheitsministeriums für biomedizinische Forschung beteiligte sich bis in die frühen 1990er-Jahre auch die Defense Advanced Research Projects Agency, eine für Forschungsprojekte zuständige Abteilung des Verteidigungsministeriums, an der Finanzierung von Systemen, die operative Eingriffe in Krisengebieten durchführen konnten.

So wie man militärische Drohnen aus der Ferne steuert, wollte man auch aus der Ferne operieren. Die militärische Entwicklung hat inzwischen die Kriegführung mit Drohnen bevorzugt und versucht den Einsatz von US-amerikanischen Bodentruppen seither zu vermeiden.

Und damit wurde das militärische Interesse an der Telechirurgie geringer. Die nicht dauerhaft gesicherte Datenübertragung auf große Entfernungen war ein zusätzliches Hemmnis für die ursprünglich vorgesehenen militärische Nutzung.

Zivile Weiterentwicklung bei Intuitive

Einer der Gründer von Intuitive erwarb die aus diesen Projekten entstammende Technologie, um sie zu Operationssystemen für zivile Zwecke weiterzuentwickeln.

1995 wurde das Unternehmen "Intuitive Surgical Devices" zur Vermarktung der damals noch "SRI-System" genannten Lösung gegründet. 1997 begann das Unternehmen mit den Tests des ersten Da-Vinci-Operationssystems. Im Jahr 1999 erhielt Intuitive dann die europäische Zulassung und im Jahr 2000 die Zulassung der US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel FDA für das erste Da-Vinci-Operationssystem.

Einsatz von Da-Vinci-Systemen in Deutschland

Das Da-Vinci-System ist nur eines von zahlreichen vergleichbaren Operationssystemen. Es war zu Beginn umstritten, hat sich inzwischen hauptsächlich bei minimalinvasiven Operationen im Prostatabereich jedoch etabliert. Inzwischen werden auch Gallenblasen-OPs und gynäkologische Eingriffe mit Da-Vinci-Systemen durchgeführt.

In Deutschland arbeiten inzwischen mindestens 30 Kliniken mit diesem System, unter anderem auch in dem Sanitätsdienst der Bundeswehr.

Zu den grundlegenden Vorteilen des Systems zählen Optionen, wie die Beruhigung eventuell zitternde Bewegungen des Operateurs herausfiltert und ihm zu einer ruhigen Hand verhilft.

Zunehmende Erfahrung mit Da-Vinci-Systeme in Deutschland

Während sich die Telechirurgie bislang nicht zuletzt aufgrund von Verzögerungen bei der Datenübertragung und des Risikos von unbefugten Eingriffen in die Datenübertragung nicht durchgesetzt hat, sind die Erfahrungen mit der robotergestützten Chirurgie in Deutschland durchaus überzeugend.

Gerade bei minimalinvasiven OPs, welchen den Patienten deutlich weniger belasten als herkömmliche Eingriffe und somit nicht nur eine schnellere Heilung und weniger Schmerzen nach der Operation sowie ein besseres kosmetisches Ergebnis versprechen, haben sich die robotergestützten Operationssysteme bewährt. Zudem werden die Liegezeiten in der Klinik verkürzt und damit die Kosten für den Klinikaufenthalt gesenkt.

Da-Vinci-Systeme: Ein Game-Changer im Klinikwesen

Da-Vinci-Systeme gelten im deutschen Klinikwesen inzwischen als Game-Changer, weil sie für die Patienten ebenso deutliche Vorteile bieten wie für die Operateure und die Kliniken.

Gerade bei minimalinvasiven Eingriffen bieten die Vergrößerungsoptionen der 3D-Optik und die maximale Präzision durch Skalierung der Bewegungen der Instrumente deutliche Vorteile, auch wenn der Operateur an der Konsole sitzt und nicht mehr direkt am Patienten.

So lässt sich beispielsweise durch die Zehnfachvergrößerung die Anatomie auf dem dreidimensionalen HD-Bildschirm viel detaillierter darstellen, als es die Operateure direkt am Patienten realisieren konnten.

Dass es bei der Versorgung von Kriegsverletzten zumeist um chirurgische Eingriffe geht, ist damit zu rechnen, dass in Deutschland auch für die Versorgung größerer Verwundetenzahlen in einem erwarteten größeren europäischen Krieg zahlreiche Da-Vinci-Systeme beschafft werden, weil sich deren Einsatz leicht skalieren lässt und damit den Forderungen nach einer kriegstüchtigen medizinischen Versorgung in Deutschland gerecht werden kann.