Telepolis Salon: Sexbots
Neue Formen der Liebe, oder doch nur die alte Lust an der Selbstbefriedigung?
Wir laden ein zum nächsten Telepolis-Salon im Münchener Lovelace in der Kardinal-Faulhaber-Str. 1 am 07. März um 19 Uhr. Eintritt: 5 EUR, ermäßigt 3 EUR.
Die Menschen werden nicht nur in autonomen Fahrzeugen sitzen oder von intelligenten Kampfrobotern gejagt werden, sondern in die reale und virtuelle Lebenswelt dringen immer mehr kluge Roboter als Kollegen und Mitbewohner ein. Wie so oft, ist die technische Entwicklung beim Militär und in der Sexbranche am weitesten. Möglichst lebensechte Sexroboter mit einem klischeehaften weiblichen oder männlichen Traumkörper und unterschiedlichen Köpfen und Haar- und Hautfarben sowie unterschiedlichen Persönlichkeiten werden bereits vertrieben. Zunächst nur für die männliche Lust und mit 10.000 US-Dollar noch ziemlich teuer, aber männliche Roboter für die Frauen sind auch bereits auf dem Markt. Es haben bereits die ersten Bordelle mit Sexrobotern eröffnet. Auch hier könnten die Roboter menschliche Arbeit verdrängen oder menschliche Prostituierte zwingen, ihre Dienste billiger anzubieten und den Wünschen der Kunden noch williger zu sein.
Die Devise eines Herstellers: "Immer angestellt und bereit zum Reden oder Spielen." Und versprochen wird: "Sie mag, was Du magst." Sensoren lassen sie Berührungen fühlen, in den anatomisch realistischen Körperöffnungen ("Inputs"), auf die es den Nutzern wohl ankommt, arbeiten Motoren. Und für die Frauen wird versprochen, es sei, wenn sie "Rockys private Zone nutzen", als würde sie "mit einem schönen Adonis schlafen, der wirklich groß da unten ist". Die "Vibrationen seiner Männlichkeit zusammen mit seiner erotischen Persönlichkeit" würden als unschlagbar gelten.
Die Werbung verspricht wie gewöhnlich das Blaue vom Himmel, klar dürfte jedoch sein, dass bald mehr Männer und Frauen als Ersatz für Prostitution von Menschen, Pornos und Selbstbefriedigung mit humanoiden Robotern Sex haben werden, die auf ihre menschlichen Partner reagieren, mit ihnen sprechen und auch lernen werden, sich ihnen anzupassen. Man wird sich die Körper und Persönlichkeiten auswählen können, die Fantasien entsprechen oder andere wirkliche Personen darstellen, vielleicht wird man auch über die Sexroboter mit einem anderen, entfernten Menschen Telesex haben können.
Wird der Umgang mit Sexrobotern die Menschen unfähig zur Liebe mit menschlichen Partnern machen? Werden die mit einem gehorsamen, sich anschmiegenden Roboter ausgelebten Fantasien dann auch in der Wirklichkeit praktiziert, wodurch der Sexualpartner zum Roboter degradiert wird? So wird beispielsweise von True Companion der weibliche Sexroboter "Frigid Farrah" angeboten, die keinen Sex mag und die sich wehrt, wenn ihren "Intimbereich" berührt, was ganz offensichtlich anleitet, Vergewaltigungsphantasien umzusetzen, da die "frigide Fahra" nicht zurückschlägt und ihr Nein offensichtlich nicht Nein bedeutet.
Abgesehen davon, dass mit den intelligenten Sexrobotern eine Menge an wahrhaft intimen Daten erzeugt und von den Anbietern gesammelt wird, um Lernen und Updates zu ermöglichen, wird die Frage sein, ob die Herstellung, der Vertrieb und die Nutzung von Sexroboter reguliert werden müssen. Müssen Roboter, die Kinder darstellen, verboten werden? Dürfen keine "frigiden Fahras" angeboten werden? Welche Verhaltensweisen sind statthaft? Könnte man über Sexroboter die Menschen gar zu einem besseren Verständnis für ihre menschlichen Partner erziehen? Leben sie kathartisch die üblen Fantasien aus und befreien so den Umgang mit anderen Menschen von diesen? Oder verstärken sie gewalttätige Phantasien und Wünsche, die dann auch im Sex mit einem menschlichen Partner, der analog einer Maschine gesehen wird, umgesetzt werden? Mit der Pille, so heißt es, wurde Sex von der Reproduktion abgekoppelt. Trennen die Sexroboter nun den Sex von der Beziehung mit Menschen?
Es stellen sich viele weitere Fragen: Sind die Sexbots eine Chance, die Menschenausbeutung in der Sexindustrie zu bekämpfen? Oder gefährden sie Arbeitsplätze, die der Staat regeln und schützen sollte? Sind die Dolls die Erlösung für all jene, die keinen Zugang zu Sex haben? Und was ist mit den Grenzbereichen: Kinder-Sexroboter als Therapieanwendung für Pädophile?
Wir freuen uns auf spannende Gespräche mit unseren Gästen:
Prof. Dr. Barbara Vinken, Professorin für Allgemeine und Französische Literaturwissenschaft, u.a. Verfasserin von "Die deutsche Mutter. Der lange Schatten eines Mythos".
Prof. Dr. Klaus Benesch, Lehrstuhl für Nordamerikastudien an der LMU, u.a. Verfasser von "Romantic Cyborgs".
Manfred Scholand, Sexpuppenhändler, RS-Dolls.
Wie immer führen die Redakteure von Telepolis durch die Veranstaltung und die Gruppe Prismen interveniert mit Filmen, Zahlen, Schabernack.