Terroristen untergraben das "Monopol über die Massenkommunikation"
Bei einer Anhörung im US-Repräsentantenhaus über die Internetnutzung der Terroristen ging es auch darum, dass in Mods von Computerspielen die US-Soldaten bekämpft werden
Bei Ego-Shootern und anderen mehr oder weniger realistischen Computerspielen, in denen militärische Konflikte der Vergangenheit nachgespielt oder aktuelle Kämpfe simuliert werden können, geht es nicht um Moral. Allerdings wird oft suggeriert, dass die Guten gegen die Bösen kämpfen, wichtig aber ist dann nur noch, die Feinde gnadenlos zu besiegen. Das ist in Computersimulationen, die das US-Militär nicht mehr nur zum Üben, sondern auch zur Werbung neuer Rekruten benutzt, nicht anders. Aber etwa in America’s Army ist es für den Spieler unmöglich, sich auf die Seite der Feinde oder Bösen zu schlagen. Die Umdrehung des Feindbilds erlauben Mods von bekannten Shooter- und Militär-Spielen, die von islamistischer Seite gemacht werden.
Zumindest wurde dies bei einer Anhörung vor dem Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses ausgeführt. Thema war, wie die Terroristen das Internet für die "strategische Kommunikation" benutzen. Ein Pentagon-Team versucht seit einiger Zeit, Websites zu beobachten, die mit Terrorismus in Zusammenhang gebracht werden. Über 5000 solcher Websites würden permanent von einem Team des damit beauftragten Rüstungskonzerns SAIC beobachtet, berichtete Peter Rodman vom Pentagon, im Zentrum stünden 25-100 Webseiten, die zu den wichtigsten gezählt werden. Zum Beobachtungsteam gehören 25 arabische Sprachexperten, um die Inhalte lesen und Berichte anfertigen zu können. Terroristen würden mittlerweile alle Mittel von Websites über Blogs bis hin zu Webcasts, Songs oder Computerspielen für ihre Zwecke nutzen. Texte und Videos würden schnell auch in andere Sprachen wie russisch oder türkisch übersetzt.
Die Terroristen würden die Technik immer besser beherrschen, hätten wie al-Qaida mit der Global Islamic Media Unit eigene Medienabteilungen und hätten auch Internetexperten, um weltweit Server zu betreiben. Ziel der Propaganda sei es, den Eindruck hervorzurufen, der Westen und besonders die USA würden einen „Kreuzzug“ gegen den Islam betreiben, um die Muslims zu unterwerfen und in den Besitz des Öls zu gelangen.
Dan Devlin, der als „public diplomacy specialist“ des Pentagon bezeichnet wird, sich also mit Propaganda und Medienwirkung beschäftigt, wiederholte zum Teil Bekanntes. Gesucht würden über Online-Werbung Mitarbeiter für al-Qaida, beispielsweise Menschen für die Medienabteilungen für die Terrorpropaganda. Es werden auch Texte, Spiele und Montagen von Filmen verbreitet, um die anti-amerikanische und anti-westliche Stimmung zu schüren und Sympathisanten oder Rekruten zu gewinnen. Angeblich richte sich die Propaganda, wie ein anderer Pentagon-Mitarbeiter sagte, vor allem an Kinder und junge Menschen zwischen sieben und 25 Jahren, manchmal würde man auch Kinder unter sieben Jahren mit entsprechenden Produkten anzusprechen versuchen. Damit liegen das Pentagon mit seinen Spielen zur Werbung und Image-Bildung und die islamistischen Terroristen wohl direkt in Konkurrenz.
Devlin zeigte sich verwundert, wie geschickt sie es schaffen, „Multimedia-Produkte oder Bilder zu verwenden und sie in eigene Produkte einzupacken, um ihren Zielen zu dienen“. Dazu gehört auch, dass auf islamistischen Seiten Spiele-Modifikationen angeboten würden, in denen nun die US-Soldaten die Bösen sind und von den guten Aufständischen bekämpft werden (Mods von kommerziellen Computerspielen verwendet auch das US-Militär). So würden Spiele wie Half-Life oder Battlefield 2 so umgepolt werden, dass die Spieler sich mit den Kämpfern identifizieren, die gegen die westlichen Soldaten kämpfen. Damit würden Kinder und Jugendliche geworben und für den Kampf trainiert – das aber ist auch der Vorwurf, der gegen die Shooter-Spiele und Kriegssimulationen erhoben wurde. Dass sich die andere Seite derselben Mittel bedient, ist eigentlich nicht verwunderlich.
Auch der Terrorismusexperte Bruce Hoffman von RAND durfte seine Einschätzung vortragen. Er sagte u.a., dass “the weapons of terrorism today are no longer only the gun and the bomb, but . . . the mini-cam and video tape, the editing suite and attendant production facilities” seien. Daher wäre es eigentlich des Spotts nicht wert gewesen, mit dem das Pentagon den irakischen Terrorführer düpieren wollte, der Schwierigkeiten mit der Bedienung eines amerikanischen Maschinengewehrs hatte (Der Terroristenführer, der nicht einmal schießen kann). Hoffman meint, dass die Terroristen „das Monopol über die Massenkommunikation“, das bislang kommerzielle und staatlich kontrollierte Medien inne gehabt hätten, untergraben werde. So könnten sie endlos ihre wilden „Verschwörungstheorien“ verbreiten und ihre Websites wie die Nachrichtenagenturen täglich mehrmals aktualisieren.
Entscheidender als Waffen sei daher für Terroristen der „Zugang zu Notebooks und PCs, CD-Brennern, Email-Accounts und dem Internet und Web“ geworden. Allerdings war Terrorismus von Anfang an eine Kombination aus Gewalt und Medienpropaganda, jetzt aber stehen im Unterschied zum 19. Jahrhundert schlicht bessere Kommunikationsmittel zur Verfügung, um Informationen herzustellen und sie vor allem weltweit verteilen zu können. Es sei wichtig, so Hoffman, die von den Terroristen verbreiteten falschen Informationen mit dem Ausschöpfen der medialen Mittel zu widerlegen.