Terrorverdächtiger Syrer in Leipzig festgenommen

Der Mann soll angeblich mit seinen Anschlagsvorbereitungen schon sehr weit gekommen sein. Hinweise auf ihn stammen von ausländischen Geheimdiensten

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Die Polizei hatte offensichtlich mehrere mutige und geschickte Mithelfer, denn sie fand den Gesuchten in der Nacht vom Sonntag auf Montag gefesselt in einer Wohnung in Leipzig vor. Der Mann namens Dschaber B. gilt als Terrorverdächtiger mit Verbindungen zum IS und wurde vom sächsischen LKA als gefährlich eingestuft.

Seit Samstag hatte Dschaber B. Schlagzeilen gemacht: Wieder ein Syrer, wieder einer, der als Flüchtling nach Deutschland gekommen war, der mutmaßlich in Verbindung mit dem IS steht und nach ernstzunehmenden Hinweisen einen Anschlag plante. In seiner Wohnung in Chemnitz wurde, wie am Samstag in vielen Meldungen verbreitet, Sprengstoff gefunden.

Mehrere Hundert Gramm TATP (Triacetontriperoxid), ein Kilogramm Chemikalien und ein Zünder seien in der "Bombenwerkstatt" gefunden worden, berichtet der Spiegel - mit dem Zusatz, dass die Nachbarn in dem Chemnitzer Wohngebiet "Glück hatten, dass ihnen nichts passiert ist", da TATP hochexplosiv sei.

Fahndungsfoto der Polizei Sachsen

Der Polizei-Einsatz am Samstag verlief nicht glücklich. Der mutmaßliche Bombenbastler war außerhalb der Wohnung. Beamten hätten ihn dem Plattenbau-Viertel gesehen und einen Warnschuss abgegeben, ihn aber ihn nicht gefasst. Das LKA verteidigte sich gegen Pannen-Vorwürfe mit dem Hinweis, dass man in der Situation kein Risiko eingehen wollte. Man vermutete Sprengstoff in der Wohnung, das Haus war nicht geräumt worden, es habe die Möglichkeit bestanden, dass der Verdächtige Sprengstoff oder einen Zünder mit sich führe.

Dass sich die Polizei mutmaßlichen Terroristen dann gefesselt in einer Wohnung in Leipzig abholen konnte, war dem Umstand zu verdanken, dass der Flüchtige am Leipziger Hauptbahnhof einen Landsmann angesprochen hatte, der ihm eine Schlafgelegenheit bot und der anscheinend wach und informiert genug war, um zu wissen, dass er es mit einem "besonderen Fall" (Bundesanwaltschaft) zu tun hatte, weswegen er die Polizei verständigte.

Laut Informationen der ARD hatte sich der besondere Fall ziemlich rasch entwickelt. Der erste Hinweis auf den Fall soll laut ARD-Terrorismusexperte Götschenberg vor etwa zwei Wochen beim BND und dem Bundesamt für Verfassungsschutz eingegangen sein.

Die Rede ist von "verschiedenen Hinweisen ausländischer Nachrichtendienste". Der Verfassungsschutz, der die Person "identifizierte und lokalisierte", übergab den Fall der sächsischen Polizei. Nach dem Sprengstofffund in der Bombenwerkstatt in Chemnitz hat die Generalbundesanwaltschaft nun den Fall wegen der "besonderen Bedeutung" übernommen.

Laut Medienberichten gibt es einen dringenden Verdacht, dass Dschaber B. einen Sprengstoffanschlag geplant habe. Beim Gemeinsamen Terrorismus-Abwehrzentrum (GTAZ) des BND und des Verfassungsschutzes sollen "Hinweise eingelaufen", wonach "Berliner Flughäfen als mögliches Anschlagziel diskutiert" wurden. Wer darüber diskutierte, ist noch unbekannt.

Angenommen wird, dass Dschaber B. offenbar Verbindungen zur Terrormiliz "Islamischer Staat" hatte. Am Samstag wurden drei Männer im Zusammenhang mit dem Anti-Terror-Einsatz festgenommen, zwei wurden mittlerweile wieder auf freien Fuß gesetzt, der dritte Mann steht unter Verdacht der Mittäterschaft. Er ist der Mieter der Chemnitzer Wohnung, in welcher der Sprengstoff gefunden wurde. Gegen ihn wurde Haftbefehl wegen Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (Paragraf 89a StGB) erlassen.

Bislang ist noch völlig im Dunkeln, wie die Kontakte des Dschaber B zum IS aussehen und ob er in Deutschland Unterstützer hatte. Nach Aussagen des deutschen Jihadisten Harry S. (vgl. Terroristen in Syrien: Zweierlei Maßstäbe?) laufen Kontakte häufig telefonisch oder via Netz über Mittelsmänner, die aus Sicherheitsgründen nicht mit dem Kern des IS verbunden sind.

Harry S. Informationen zufolge, die er der New York Times in einem längeren Interview gab und die schon einige Monate alt sind, ist das deutsche IS-Netz nicht sonderlich groß. Vielleicht gibt der Fall Dschaber B.neue Einblicke.