Thermo-bar-barischer Bomben-Terror außer Kontrolle?
Vakuum-Bomben oder Treibstoff-Luft-Bomben könnten zukünftig mit verheerenden Folgen bei Terroranschlägen eingesetzt werden
Waffen kehren sich immer wieder auch gegen ihre Erfinder und Spender, wenn damit ausgerüstete Freunde zu Feinden werden. Nun müssen die USA und ihre Verbündeten auch befürchten, dass sogenannte Vakuumbomben zukünftig von weltweit operierenden Terroristen, die sich auf dem Schwarzmarkt bedienen oder selbst Waffen herstellen, gegen sie eingesetzt werden. Die Forschung an Gegenwaffen läuft bereits.
Eine erste, kleinere Explosion reißt Benzin enthaltende Behälter auf. Der dadurch über eine große Fläche versprühte Sprit verbindet sich mit dem Luft-Sauerstoff zu einem leicht entzündlichen und hochexplosiven Gemisch. Eine zweite, stärkere Explosion läßt das Aerosol-Gemisch explodieren und verursacht eine Druckwelle mit unvorstellbarer Wirkung. Es entsteht direkt nach der Druckwelle ein Vakuum-Sog, der die Zerstörungswirkung noch verstärkt. Menschen innerhalb geschlossener Räume, die nach der Explosion noch am Leben sind, werden durch die Vernichtung des Sauerstoffs und die Entstehung giftiger Gase qualvoll erstickt.
So lässt sich die Wirkung sogenannter "Thermobaric Bombs" (Vakuumbomben) beschreiben, die auf der Militärtechnologie von Fuel-Air-Bombs (Treibstoff-Luft-Bomben) beruhen und die von amerikanischen oder russischen Streitkräften schon lange eingesetzt werden.
US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld brüstete sich kurz nach dem offiziellen Ende des Irak-Kriegs im Mai 2003 auf einer Pressekonferenz damit, dass eine mit einer Vakuumbombe bestückte "Hellfire"-Rakete präzise alles Leben im ersten Stock eines Gebäudes töten könne, ohne weiteren Schaden im Haus anzurichten. Vakuumbomben seien zudem in der Lage, tief in Höhlen und Bunkern versteckte Feinde zu liquidieren.
Diese Fähigkeit der thermobarischen Waffentechnologie wird von den USA gerade im bergigen Kriegsschauplatz Afghanistan natürlich gerne (vgl. War Games 2002) genommen. Osama Bin Laden und seine Kämpfer scheinen sich dort oft in schwer zugänglichen, verzweigten Höhlenanlagen zu verbergen. Im Herbst 2001 setzten die US-Streitkräfte daher den Bunkerbuster BLU-118 "Cave Buster" (s.o.) beim Rachefeldzug gegen die Taliban und Al-Qaida ein. Speziell für den Irak-Feldzug ließ das Pentagon den tragbaren Raketenwerfer SMAW-NE, eine modifizierte Variante des SMAW entwickeln, mit dem thermobarische Bomben verschossen werden können.
China arbeitet ebenfalls an einer solchen Vakuumbombe. Das britische Verteidigungsministerium bestreitet offiziell noch die Entwicklung eigener thermobarischer Waffensysteme. Die Russen dagegen besitzen seit den 60er Jahren zu Sowjet-Zeiten diverse thermobarische Waffen wie die tragbare Bazooka RPO-A Shmel und haben Vakuumbomben z.B. bei der blutigen Niederschlagung von Rebellionen in Tschetschenien und Dagestan in den 90er Jahren eingesetzt.
Die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion einsetzende unkontrollierte Verbreitung sowjetischer Waffenarsenale hat auch dazu geführt, dass Hightech-Waffen über den Militärtechnologie-Schwarzmarkt weltweit in falsche Hände gerieten. So setzten etwa die Cobra-Milizionäre des ehemaligen kongolesischen Präsidenten Sassou-Nguesso im Bürgerkrieg in der Demokratischen Republik Kongo die RPO-A Shmel-Bazooka ein.
Noch bedrohlicher ist die Tatsache, dass Terroristen in internationaler Kooperation versuchen, eigene thermobarische Waffen herzustellen. Der Al-Qaida zugeschriebene Selbstmordanschlag mit einem sprengstoffbeladenen Laster im April 2002 auf die La-Ghriba-Synagoge im tunesischen Djerba gilt als Indiz dafür. Die Treibstofftanks des Lasters waren auf eine bestimmte Art mit Sprengstoff zusammengebastelt, die nach Meinung von Experten auf Kenntnisse der Funktionsweise von Treibstoff-Luft-Bomben schließen läßt. Drei 2001 in Kolumbien festgenommene IRA-Terroristen haben nach CIA-Angaben gestanden, in Zusammenarbeit mit den einheimischen marxistischen FARC-Guerillas "Fuel-Air"-Waffen herzustellen.
Angesichts dieser Bedrohungen versucht man nun Waffen gegen die Vakuumbomben zu entwickeln. Die kanadische Regierungsbehörde Defence Research and Development Agency DRDC arbeitet an Testreihen für Gegenmittel. Beton-Barrieren um gefährdete zivile Gebäude oder Militärbasen schützen zwar zumindest teilweise gegen Attacken mit konventionellen Autobomben, bei Vakuumbomben verkehrt sich ihr Schutz aber eher ins Gegenteil. Von der DRDC entwickelte Software-Simulationen sollen nun helfen, vorherzusagen, wie Gebäudesubstanz auf thermobarische Explosionswirkungen reagiert. Dementsprechend könnten dann Befestigungen umgestaltet werden.
Und das US Marine Corps benutzt jetzt zur Rekrutierung gedachte Computer-Kriegsspiele wie America's Army auch, um Taktiken gegen mögliche Anschläge mit thermobarischen Waffen wie z.B. im Irak zu finden. Bei der aktuellen Offensive vom US-Geheimdienst unterstützter pakistanischer Truppen gegen Al-Qaida-Kämpfer im Grenzgebiet zu Afghanistan dürfte sicherlich an den erneuten Einsatz von Vakuumbomben gegen Höhlenanlagen gedacht worden sein. Der Armee eines islamischen Landes diese grausamen Waffen in die Hand zu geben, müßte für vorausschauende US-Militärs jedoch ein nicht geringes Risiko darstellen...