Thüringen: CDU enthält sich, FDP drückt sich

Auszählung der Stimmen nach dem zweiten Wahlgang. Bild: thueringer-landtag.de

Die Mitte-Parteien stimmen in den ersten beiden Wahlgängen nicht gegen den rechten AfD-Kandidaten Höcke

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Im ersten Wahlgang in Thüringen versuchte die FDP-Fraktion offenbar, ihren Patzer vom letzten Mal zu korrigieren, um es nur noch schlimmer zu machen und sich vor der Verantwortung zu drücken. Die "Liberalen" stellten im Februar im dritten Wahlgang Thomas Kemmerich zur Wahl, dieser wurde mit den Stimmen der AfD, die ihrem Kandidaten keine Stimme gab, und denen der CDU zum Ministerpräsidenten gewählt und nahm die Wahl an. Scheinheilig stellte die FDP Thüringen sich später als unschuldiges Opfer dar. Jetzt posierte die Fraktion vor dem Wahlgang im Parlament zum Fotoshooting und verweigerte sich einer Wahlentscheidung. Sollen doch die anderen machen, dabei stimmt man nicht einmal gegen Höcke. Das ist auch eine Haltung, die den Hang zur Mitte mit rechtsextremer Ausrichtung bestätigt.

Die Strategie scheint bei den neuen Liberalen Tradition zu haben, Parteichef Lindner brach so schon mal die Koalitionsverhandlungen mit Union und Grünen ab. Allmählich weiß man, was man hat, wenn man die Liberalen wählt: Flucht vor der Verantwortung oder Verbündung mit den Rechten, um an die Macht zu kommen.

Für Bodo Ramelow stimmt 42 Abgeordnete der Linken, SPD und Grünen, für Björn Höcke die 22 Abgeordneten der AfD, die 21 Abgeordneten der CDU enthielten sich entschlossen, um nur ja nicht für Ramelow, aber eben auch nicht gegen Höcke stimmen zu müssen. Damit belegt die CDU-Fraktion, dass sie lieber das Land regierungsunfähig hält und auch an den Sitzen klebend keine schnelle Neuwahl anstrebt, als konstruktiv für eine politische Lösung zu sorgen. Es entspricht zwar der Stabilitätsvereinbarung, eine Wahl von Ramelow durch Enthaltung in drei Wahlgängen möglich zu machen.

Wie zu erwarten, wurde im zweiten Wahlgang genauso abgestimmt wie im ersten. Und jetzt warten im Grunde alle darauf, was die AfD sich einfallen lässt. Die hat eine Pause von 30 Minuten zum Besprechen beantragt. Auch für die anderen Fraktionen gibt es so noch einmal Zeit, um die Strategie zu überdenken - und vielleicht für einzelne, aus dem Fraktionszwang auszusteigen.

Im Hintergrund befeuert der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Maaßen, der mit der WerteUnion und der AfD kokettiert, die CDU in Thüringen, noch einmal die rechte Karte auszuspielen: "Liebe CDU- MdL in TH, sorgen Sie mit Ihrer Stimme morgen dafür, dass die SED/Linke in TH nicht den MP stellt. Eine Partei, in der heute noch von der Revolution und der Erschießung oder Ausbeutung der Reichen gesprochen wird, darf nicht regieren!" Aber offenbar mit Höcke und AfD ginge es schon. Und er ist sich auch nicht zu schade, das friendly fire für die AfD von Seiten der Bild-Zeitung aufzugreifen, die Ramelow vorwirft, schon 2014 mit einer Stimme von der AfD gewählt worden zu sein. Damals war die AfD noch eurokritisch und nicht rechtsextrem, der Abgeordnete ist schon 2015 aus der AfD ausgetreten und nun bei der SPD.