Toronto: Vorsätzliche Todesfahrt, aber "wahrscheinlich kein terroristischer Anschlag"
Die kanadischen Behörden und Sicherheitskräfte agieren vorsichtig und zurückhaltend. Der verdächtige Fahrer ist festgenommen, das Motiv noch unbekannt
Der Fahrer eines Lieferwagens hat gestern am frühen Nachmittag in Toronto 10 Menschen umgebracht. Er tötete sie gezielt, so der Polizeichef der Stadt, in der gestern das Gipfeltreffen der G7-Außenminister zu Ende ging. Ob das zeitliche Zusammentreffen zufällige Koinzidenz war oder Teil des Plans der Mordfahrt, ist noch nicht geklärt.
Die kanadischen Behörden sind vorsichtig, ein terroristisches Motiv wird bislang nicht angegeben trotz der auffallenden Ähnlichkeit mit Terrorakten in Nizza, Berlin, Barcelona oder New York. Die Taten des Fahrers würden den Eindruck machen, dass sie absichtlich begangen wurden, aber sie erwecken nicht den Eindruck, dass es sich um einen terroristischen Akt handele, gibt die New York Times die Behörden wieder.
Die Bewohner Torontos sollen sich sicher fühlen. "Die Stadt ist sicher", wird Polizeichef Mark Saunder in der amerikanischen Zeitung wiedergegeben und der deutsche Spiegel zitiert den Minister für öffentliche Sicherheit, Ralph Goodale. Der wird vom kanadischen Sender CBS folgendermaßen wiedergegeben
Ich hatte die Gelegenheit, mich mit ranghohen Vertretern der Sicherheitsdienste und der Polizei der kanadischen Regierung zu besprechen - aufgrund der bisher vorliegenden Informationen sieht es so aus, als ob es keine Verbindung zwischen der nationalen Sicherheit und diesem speziellen Vorfall gebe.
Ralph Goodale
Festnahme des Verdächtigen, ohne dass ein Schuss fällt
Der Fall wird in Kanada vorsichtig behandelt, das fällt auf. Sieht man sich zum Beispiel das Video (auch hier) an, das einen Mann direkt vor einem weißen Lieferwagen mit zerbeulter Front zeigt, wie er mit ausgestreckten Armen dasteht, dem Anschein nach mit einer Waffe in den Händen, zumindest sieht es auf der Mobiltelefonaufnahme sehr nach einer Handfeuerwaffe aus, in der Haltung eines Schützen vor dem Schießstand, in jedem Fall bedrohlich, so wundert man sich über die Besonnenheit der kanadischen Polizisten, die den Mann nicht erschossen haben.
Man kennt genügend Video-Clips mit US-Polizisten, bei denen es anders ausging, wo schon bei geringeren "Bedrohungsszenarien " nicht lange gefackelt wurde. "Runter auf den Boden oder es wird geschossen", warnen die kanadischen Polizisten im Video. "Schießt mir in den Kopf", ruft ihnen der Täter zu. Eine Selbstmordaktion? Auch dazu gibt es noch keine Angaben.
Der Mann wurde festgenommen, ohne dass ein Schuss fiel. Die Polizei bewies Nervenstärke und Ruhe. Damit gibt es die Möglichkeit, ihn, der verdächtigt wird, dass er am Steuer des Fahrzeugs saß, mit dem mindestens 10 Menschen getötet und 15 verletzt wurden, "niedergemäht" wie die NYT schreibt, nach dem Motiv zu fragen.
Laut den ersten Angaben, die zur Person des Festgenommenen bekannt wurden, handelt es sich um einen Studenten, dessen Namen mit Alek Minassian angeben wird. Nach Informationen von Polizeichefs Saunders suche man noch intensiv nach einem Motiv.
Brutale Tat
Auch der CBS-Bericht mit den ersten Angaben zum Verdächtigen ist vorsichtig. Nach ersten Aussagen von Bekannten zeichnen diese vom Verdächtigen das Bild eines Einzelgängers.
Das würde sich zum Bild eines Einzeltäters fügen, das sich nach den ersten vorsichtigen Einschätzungen der Polizei ergibt. Bislang seien keine Akteneinträge zum Verdächtigen bekannt.
Die Tat selbst war brutal. Der Fahrer des oben erwähnten weißen Lieferwagens im Video, der in Medienberichten und Fotos als "Tatwaffe" dargestellt wird, soll auf der Yonge Street, eine berühmte Hauptverkehrsader Torontos, laut einem Augenzeugen "alles auf seinem Weg niedergemäht haben: Fußgänger, Briefkästen, Stromkästen, Bänke, einen Hydranten. " Er soll auf den Bürgersteig gefahren sein, auf die Straße und zurück, und auf die Gegenfahrbahn. 25 Minuten nach der Fahrt wurde der Verdächtige festgenommen.