Totalitarismus hat viele Gesichter

Seite 2: Die europäische Umma formiert sich

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Wie bereits erwähnt, ist der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoǧan eine exponierte Persönlichkeit im weltumspannenden Netzwerk der Muslimbrüder, dem auch die Bewegung Millî Görüş, deren deutscher Ableger IGMG und auch die türkische Religionsbehörde DIYANET zuzuordnen sind. Diyanet untersteht zu 100% der türkischen Regierung, letztlich Erdoǧan.

Ankara stellt Diyanet enorme Geldsummen zur Verfügung, die nicht nur in die Islamisierung der Türkei fließen, sondern auch in die weltweit verbreiteten Unterorganisationen von Diyanet, z. B. dem deutschen Ableger DITIB. Viele mögen das erinnern, es gab heftige Auseinandersetzungen um den Bau der Ditib-Moschee in Köln-Ehrenfeld. Die ist inzwischen allen Widrigkeiten zum Trotz fertig gestellt und wurde von Präsident Erdoǧan persönlich eingeweiht. Allein daran lässt sich schon erkennen, wie wichtig diese Moschee für die Türkei ist.

Die Auseinandersetzung um die Moschee lässt sich durch die Bedeutung von Moscheen ganz allgemein erklären: Sie sind Männerhäuser. Frauen haben in vielen Moscheen gar keinen Zutritt, in den anderen müssen sie sich mit Nebenzimmern oder Emporen begnügen, die sie durch gesonderte Eingänge betreten müssen.

Moscheen in der Größe des Gebäudes in Köln-Ehrenwelten sind nicht nur Gebetshäuser - das waren Moscheen auch historisch nicht - sondern eine Art muslimischer Marktplatz, an dem alles geboten wird, was für ein rechtgeleitetes muslimisches Leben so vonnöten ist: Cafés - für Männer, versteht sich - Restaurants, die Halāl-Speisen anbieten, Hijab-Stores - die dürfen die Frauen dann durch den Haupteingang betreten - Kindergarten, Seminarräume, in denen z. B. der Koran-Unterricht stattfindet. Sie sind Gebetshaus, bieten Entertainment für Männer, Kaufhaus und Kommandozentrale.

Und genau das ist auch die Ditib-Moschee in Köln-Ehrenfeld. Von der Öffentlichkeit völlig unbemerkt, und auch ohne die politische Verantwortlichen davon in Kenntnis zu setzen, lud Diyanet, wohlgemerkt die staatliche türkische Religionsbehörde, Anfang Januar 2019 zu der II. Europäischen Islam-Konferenz in eben diese Moschee.

Offenbar betrachtet Recep Tayyip Erdoǧan die Moschee als ex-territoriales Gebiet, als eine Enklave von Diyanet, in der er schalten und walten kann, wie er will. Laut Ditib nahmen an der Tagung mehr als 100 Vertreter muslimischer Organisationen aus 17 Ländern teil. Selbstverständlich fast ausschließlich Männer.

Darunter waren laut Kölner Stadtanzeiger auch hochrangige Vertreter der Muslimbrüder. Somit wurde die Moschee offiziell in das Netzwerk der Muslimbruderschaft eingepflegt - und zwar nicht nur als ein Ort von vielen, sondern als der Zentrale eines zu formierenden Europäischen Islamischen Rates. Dieser soll dort seinen Sitz haben und vorerst alle zwei Jahre tagen.

Dieser Rat soll laut einer Erklärung, die auf der Webseite von Ditib steht, "die effektive und schnelle Kommunikation zwischen den europäischen Muslimen gewährleisten und Visionen unterbreiten. Der Rat sollte die Vorreiterschaft für die Zusammenarbeit und Veranstaltungsorganisationen übernehmen, einen Beitrag für die Koordination auf regionaler und globaler Ebene für gemeinsames Handeln leisten und Ansprechpartner für andere zivilgesellschaftlichen Organisationen und öffentliche Ämter und Institutionen sein sowie die erforderlichen Planungen für gemeinsame Tätigkeiten durchführen. Dieser Rat sollte mit Gelehrten, Vertretern von Institutionen, vom Bereich Recht und Sozialwissenschaften u. Ä. Vertretern besetzt werden".

Den Hut soll die türkische Religionsbehörde Diyanet aufhaben. Das ist ein massiver Eingriff in innereuropäische Angelegenheiten, denn in einem 18-Punkte-Plan werden weitreichende Felder abgesteckt, auf denen dieser Rat unter Federführung von Diyanet aktiv werden, bzw. in die gesellschaftliche Debatte eingreifen soll.

Der Rat soll u.a. gegen FETÖ (Gülen) und die PKK in Stellung gebracht werden. Damit sind gesellschaftliche Verwerfungen in der türkischen Community, bzw. unter in Europa lebenden kurdisch- und türkisch-stämmigen Menschen vorprogrammiert.

Der Rat soll die Medien beeinflussen, damit sie die "Religion des Friedens" entsprechend würdigen. Auf dem Treffen wurde beraten, wie Flüchtlinge langfristig und nachhaltig in die entsprechenden muslimischen Communities einzubinden sind.

Außerdem wird unter Punkt 14 der Erklärung angekündigt, verstärkt den Rechtsweg beschreiten zu wollen:

Als untrennbarer Teil der europäischen Gesellschaft sollten Muslime bei Anwendung von Gewalt, in Diskriminierungsfällen und bei allen anderweitigen unrechtmäßigen Handlungen alle rechtlichen Wege bis zur letzten Instanz ausschöpfen, die sie als Bürgerrechte wahrnehmen können.

In diesem Sinne ist es erforderlich, dass die zivilgesellschaftlichen Organisationen, die in Europa tätig sind, rechtliche Mechanismen etablieren, die den geschädigten Personen Beratung anbieten, die ihnen jegliche Unterstützung und Möglichkeiten gewährleisten sowie institutionelle Strukturen aufbauen, die Schädigungen noch systematischer beobachten.

Abschlusserklärung, Treffen europäischer Muslime, Ditib

Im Klartext könnte das bedeuten, die europäischen Rechtsstaaten mit Klagen zu überziehen, z. B. um Verschleierung in Kindergärten, Schulen, Universitäten oder im Staatsdienst durchzusetzen, bis das Justizsystem zusammenbricht und die Staaten klein beigeben. Der "Paragraphen-Dschihad" ist schon in vollem Gange, z. B. gegen das Berliner Neutralitätsgesetz, und soll künftig verstärkt werden.

Alles in allem lässt sich aus meiner Sicht sagen, dass unter Federführung der Türkei, bzw. Diyanet, der legalistische muslimische Fundamentalismus sunnitischer Prägung in Europa als organisierte politische Kraft etabliert werden soll. "Das kann gar nicht überschätzt werden", zu diesem Schluss kommt die islam-kritische Bloggerin Sigrid Herrmann-Marschall, die sich eingehend mit der Erklärung beschäftigte. Interessanter- oder vielmehr bezeichnenderweise werden darin die Forderungen an die europäischen Mehrheitsgesellschaft als allererstes formuliert.

Seit Anfang 2017 ist bekannt, dass die MB in Sachen Osterweiterung aktiv ist. Sie machen sich das zunutze, wovon auch die Neonazis nach der Wende profitierten: Leerstand und günstige Preise. Wobei die Grundstücks- und Immobilienpreise oder die Mieten relativ egal sind: "Die gehen mit einem Haufen Geld durch die Lande und kaufen Liegenschaften", zitierte die Welt den Präsidenten des sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV), Gordian Meyer-Plath.

"Derzeit würden massiv Gebäude aufgekauft, um Moscheen oder Begegnungsstätten für Muslime einzurichten. Geschehen sei dies unter anderem in Leipzig, Riesa, Meißen, Pirna sowie Dresden, Bautzen und Görlitz", so die Springer-Zeitung, Anfang 2017.

Zentral dabei ist die Sächsische Begegnungsstätte (SBS) mit Hauptsitz in Dresden und Niederlassungen in Leipzig, Riesa, Meißen, Görlitz und Zittau. Laut LfV Sachsen ist der Geschäftsführer der SBS, Saad Elgaza, der Muslimbruderschaft zuzurechnen:

ELGAZAR hat über einen längeren Zeitraum in öffentlich zugänglichen sozialen Netzwerken im Internet zahlreiche Beiträge veröffentlicht, in denen Aktivitäten der MB dargestellt wurden. So verbreitete und kommentierte er unter anderem auch Beiträge von bzw. über Yusuf AL-QARADAWI, der inoffiziellen Leitfigur bzw. des derzeitigen Chefideologen der MB, über Hassan AL-BANNA, dem Gründer der MB, sowie Sayyid QUTB, dem einstigen Hauptideologen der MB.

In seinen eigenen Äußerungen und Kommentaren zu diesen Beiträgen unterstrich ELGAZAR die religiösen Leistungen dieser Personen für die MB und rief die Muslime dazu auf, den wahren Kern des Islam zu leben (gemeint ist in diesem Zusammenhang das Islamverständnis der zitierten MB-Ideologen). Darüber hinaus verfasste er auch eigene Artikel, die die MB als die beste Lösung für alle derzeitigen Probleme in Ägypten darstellen (Stichwort: "Die Lösung ist die Muslimbruderschaft").

Des Weiteren nutze ELGAZAR mehrfach als Profilbild eine Fotomontage von bekannten Vertretern der MUSLIMBRUDERSCHAFT in Ägypten: Im Vordergrund befinden sich die Konterfeis der vier prominentesten Vertreter der in Ägypten inhaftierten Führungsriege der MB versehen mit der Bezeichnung "Muslimbrüder" und dem Symbol der Organisation. (…) Im Hintergrund der Fotomontage befinden sich wiederum Flaggen mit dem Symbol der MB. Veröffentlichungen wie diese tragen zur Verbreitung ideologischer Grundsätze der extremistischen MB bei und sind als Bekenntnis ELGAZARs zur MB zu werten, und sie unterstreichen seine Verbundenheit mit deren Führungspersönlichkeiten.

Darüber hinaus muss davon ausgegangen werden, dass sich ELGAZAR selbst als Teil der MB versteht. Wiederholt verwendete er in verschiedenen Beiträgen die erste Person Plural, indem er Formulierungen wie "unsere Feinde", "unsere Methoden" oder auch "der Krieg gegen uns" wählte.

Einige seiner Äußerungen in sozialen Netzwerken spiegelten des Weiteren seine dezidiert antisemitische Grundeinstellung wider: In einem von ihm dort geteilten Video mit einer geographischen Landkarte Palästinas ohne Israel wurde Mahmud ABBAS (Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde) als Verräter bezeichnet. ELGAZAR kommentierte das Video mit: "Es gab für uns ein Land mit dem Namen Palästina -und wird es [wieder]werden."

Verfassungsschutz Sachsen

Da fragt sich dann allerdings - genau wie bei den Neonazistrukturen - wieso es in solchen Fällen bei Beobachtungen bleibt, gegen offensichtlich agierende Führungspersönlichkeiten wie Elgazar kein Betätigungsverbot verhängt wird und die Einrichtungen geschlossen werden.