Totalitarismus hat viele Gesichter
Seite 4: Wie die Muslimbrüder sich hierzulande als politische Kraft etablieren konnten
- Totalitarismus hat viele Gesichter
- Die europäische Umma formiert sich
- Brüder an der Waffe und im Geiste
- Wie die Muslimbrüder sich hierzulande als politische Kraft etablieren konnten
- In München fing alles an
- Das Netzwerk entsteht
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Die Muslimbruderschaft (MB) wurde 1928 von Hassan al-Banna in Ägypten gegründet. 1937 formierte sich eine Sektion in Syrien. Als in den 1950er Jahren die Mitglieder der MB in Ägypten unter der Regierung von Gamal Abdel Nasser verfolgt wurden, die MB schließlich in Ägypten und 1963 auch in Syrien verboten wurde, fand ein Teil von ihnen in Saudi-Arabien eine neue Heimat.
Die Ideologie der MB ähnelte sehr stark dem Wahabismus, der salafistischen Ausprägung des Islams, die mittels Geld und Ausbildung unterdessen in alle Welt exportiert wurde, und der auch Terror-Organisationen wie Al-Quaida oder IS entsprangen.
Saudi-Arabien kam in den 1970er Jahren durch die Erdölvorkommen zu Reichtum. Ein guter Teil dieses Reichtums floss - und fließt - in die weltweite Ausbreitung des fundamentalen Islams. Nachdem zunächst in Ägypten und dann in Syrien die MB verboten wurde, kamen deren Anhänger auch nach Europa, z. B. als Studenten. Dort gründeten sie Moscheen und Islamvereine - aus dem Ausland finanziert. Was damals gern gesehen war, sowohl die Gründung als auch die Fremdfinanzierung.
So entbanden die reichen Golfstaaten die Bundesrepublik in zweifacher Hinsicht von der schwierigen Aufgabe, für den spirituellen Beistand der islamischen Studenten zu sorgen. Die suchten indes nicht nur spirituellen Beistand, sondern waren von Anfang an bestrebt, ihre Weltsicht auf Europa auszudehnen.
Durch verschiedene Faktoren, u.a. der islamischen Revolution in Iran und der damit verbundenen Aufwertung und Vergegenständlichung des Schiitentums sowie dem Einmarsch der Sowjetunion in Afghanistan, geriet Saudi-Arabien unter Druck und versuchte zunächst, die MB im Land zufriedenzustellen. Die MB war das saudische Königshaus indes zu "unislamisch", sie wurde zunehmend zur gefährlichen Opposition.
Außerdem geriet Saudi-Arabien nach 9/11 in Verruf wegen Unterstützung islamischer Terrororganisationen und wurde von der "westlichen Weltgemeinschaft" unter Druck gesetzt, so dass die MB schließlich auch im Königreich verboten wurde. Der Hamas, die sich dem weltumspannenden Netzwerk der MB zugehörig fühlt, wurde indes weiterhin erlaubt, den Sitz in Saudi-Arabien zu behalten.
Saudi-Arabien: Von Terroranschlägen freigekauft
Experten halten es laut einer Publikation des Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam für wahrscheinlich, dass Saudi-Arabien sich von Terroranschlägen im eigenen Land freikauft, in dem die Aktivitäten u.a. der MB im Ausland finanziert werden.
Seit Ende der 1950/Anfang der 1960er Jahre agiert die MB auch in Deutschland, in Form der 1958 gegründeten "Islamischen Gemeinschaft Deutschland" (IGD) und dem Islamischen Zentrum München. Die IGD war mal mehr in Richtung Syrien, mal mehr in Richtung Saudi-Arabien ausgerichtet. Das Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam bescheinigt ihm, unterdessen, sich in der Ära Aiman Mazyek und Ibrahim El-Zayat quasi verselbständigt und sich zu einem autonomen Zweig der MB entwickelt zu haben.
Ziel der MB ist die Errichtung eines islamischen Staates, letztlich überall auf der Welt. Dabei setzen sie in Europa auf den Marsch durch die Institutionen, nicht auf Terror. Was sie allerdings nicht davon abhält, in anderen Regionen der Welt durchaus auch Terrororganisationen zu unterstützen.
Als Etappe auf dem Weg zum islamischen Staat wird in Europa die Gleichrangigkeit der Scharia, des islamischen Normen-, Werte- und Rechtssystems, mit Verfassung und Gesetzgebung der jeweiligen Nationalstaaten angepeilt.
Dazu wurden Netzwerke, zunächst mit anderen, z. T. zutiefst verfeindeten, islamischen Strömungen eingegangen und es wird großen Wert auf die Anbindung der nachfolgenden Generationen gelegt, die ihrerseits, als Deutsche, deutsche Musliminnen und Muslime, die viele von ihnen unbestreitbar sind, neue Formen des politischen Kampfes entwickelt haben: Networking mit den "Kuffar", den "Ungläubigen.
Ausbreitung und Phasen
So ist es ihnen gelungen, ihr Netz in alle Bereiche unserer Gesellschaft, Bildung, Ausbildung, Wissenschaft, Medien, Justiz, Wirtschaft und Politik zu spinnen und dabei selbst die Kleinsten mit einzubeziehen, die so ganz en passant den fundamentalen Islam, z. B. in Form verschleierter Mitschülerinnen, als völlig normal zu empfinden und als gleichberechtigte Lebensweise zu akzeptieren.
So schreibt der Politikwissenschaftler Johannes Kandel in dem Buch "Islamismus in Deutschland - Zwischen Panikmache und Naivität":
Die Muslimbrüder sind seit den Fünfzigerjahren in Europa präsent. Europa gilt den Muslimbrüdern als der "dar al-da'wa", als "Land der Mission", das aufgrund der garantierten Religionsfreiheit für Muslime besonders günstige Rahmenbedingungen für die Eroberung bietet - Eroberung nicht wie einst durch islamische Heere und das Schwert, sondern wie Scheich Yussuf al-Quaradawi es ausdrückte, durch Predigt, Lobbyismus und "friedliche Transformation. Der Bayerische Verfassungsschutz spricht von der IGD als der "deutschen Zentrale des ägyptischen Zweigs der Muslimbruderschaft".
Johannes Kandel
Die Ausbreitung der MB in Deutschland und die damit verbundene Etablierung des fundamentalen Islams lassen sich in 4 Phasen einteilen:
- Gründung und (ökonomische)Konsolidierung Die Errichtung der Moscheen in München und Aachen, die sowohl die logistische als auch die ideelle Basis zum Ausbau der Organisation und Verbreitung der Ideologie der MB dienten. Mit Gründung der al-Taqwa-Bank wurde die ökonomische Basis gelegt.
- Vernetzung auch mit Organisationen anderer islamischer Strömungen Die Vernetzung und Institutionalisierung, zunächst mit der IGMG, mittlerweile aber auch mit schiitischen Vereinigungen, deren exponierteste Wirkungsstätte das "Islamische Zentrum Hamburg" (IZH) ist. Unterdessen entstanden eine Reihe von Dachverbänden, in denen die unterschiedlichsten - und vielerorts blutigst verfeindeten - islamischen Gruppierungen vereint sind, wie z. B. den "Rat der islamischen Gemeinschaften" SCHURA Hamburg. Der wohl wichtigste Dachverband ist der "Zentralrat der Muslime", in dem neben IGD und IZH auch ein Ableger der faschistischen türkischen "Grauen Wölfe" organisiert sind. Der ZMD präsentiert sich, und wird auch seitens der Politik so angenommen, als zentrale Vertretung DER Musliminnen und Muslime in Deutschland und tritt entsprechend selbstbewusst, fordernd und allerorten auf.
- Nachhaltigkeit Die Rekrutierung von Jugendlichen und Gründung von Jugendorganisationen wie der "Muslimischen Jugend Deutschlands" und dem europäischen Dachverband "FEMYSO" (Forum of European Muslim Youth and Student Organizations). Auch die Millî Görüş ist ebenfalls Mitglied bei FEMYSO , und viele Akteure in den islamischen Hochschulgruppen haben ihre Wurzeln in der IGMG. So werden junge Leute an die Ideologie und die Organisationen herangeführt, die ihrerseits - und vielfach als Deutsche, die sie unbestreitbar sind, neue Wege suchen und finden, sich als selbstverständlich - gläubiger - Teil unserer Gesellschaft zu etablieren und entsprechende Forderungen zu stellen und Kooperationspartner außerhalb des islamischen Spektrums zu finden.
- Networking mit den "Kuffar"/Ungläubigen Der Marsch durch die Institutionen und die Einbindung von Organisationen und Persönlichkeiten der Zivilgesellschaft, der Politik, Medien und Wissenschaft in das legalistische Netzwerk, so dass unterdessen sämtliche Bereiche dieser Gesellschaft bis in die Schulklassen hinein von der MB und den Partner-Organisationen infiltriert sind und Stück für Stück und von der Pieke auf den fundamentalen Islam und das damit verbundene Normen-, Werte und Rechtssystem Scharia nachhaltig in unserer Gesellschaft verankern.
Inzwischen setzt schon die fünfte Phase ein: Die Verselbständigung. In weiten Bereichen der Gesellschaft ist es ein wichtiges Anliegen, die Sonderwünsche der Fundamental-Muslime zu erfüllen, Konferenzen bis hin zur Islam-Konferenz wurden eingerichtet, um zu besprechen, wie das ermöglicht werden kann.
Die Rücksicht auf Muslime ist vielen sozusagen zur zweiten Natur geworden, ohne dass muslimische Organisationen das heute noch einfordern müssen. Schulen stellen den Kantinen-Speiseplan um, Lehrerinnen verzichten auf den Handschlag, Linke und Grüne wollen das Berliner Neutralitätsgesetz kippen, Gerichte halten Kinderehen für rechtlich schützenswert und Polygynie für mit der deutschen Staatsbürgerschaft vereinbar.
Wie reibungslos das funktioniert, von der autonomen Antifa bis hin zur Bundeskanzlerin und dem Bundespräsidenten, wie geschickt es fundamental-islamische Gruppierungen verstanden haben, den Marsch durch die Institutionen anzutreten, wie geschickt sie Vertreterinnen und Vertreter in Parteien, Medien, Wissenschaft und Justiz lancieren konnten und wer sie dabei unterstützt, das beschreibe ich ausführlich in meinem demnächst im Alibri Verlag erscheinenden Buch "Das Scharia-Kartell - Fundamental-islamische Netzwerke in Deutschland".