Treibhausgase auf allen Ebenen vermeiden
Seite 2: Führte ein Fischsterben in der Jungsteinzeit zu verstärktem Ackerbau?
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Natürlich hat sich das Klima im Verlauf der Erdgeschichte immer wieder gewandelt. Dem oben erwähntem Professor Tiedemann zufolge begann der Ackerbau in der Warmphase des sogenannten Atlantikums vor 8.000 bis 5.000 Jahren, als es mindestens zwei bis drei Grad wärmer war als heute.
Vor kurzem fanden Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde (IOW)heraus, dass erst in jüngerer Zeit ein deutlicher Temperaturanstieg die neue Lebensweise begünstigte.
In den vorangegangenen Jahrhunderten hatten die Menschen lediglich im Süden Ackerbau betrieben, während sich die Menschen im viel kälteren Norden lange nur durch Jagd, Sammeln und Fischerei ernährten. Als vor etwa 6.000 Jahren die Temperatur in Nordeuropa deutlich anstieg, war auch hier Ackerbau möglich.
Um vergangene Klimabedingungen zu rekonstruieren, untersuchten die Forscher Sedimentkerne in der Ostsee auf der Basis von im Oberflächenwasser lebenden Mikroorganismen. Die sich mit dem Temperaturwechsel verändernden Membran-Lipide sterben ab und sinken zum Meeresboden. Für Jahrhunderte bleibt in ihnen die Information über die Temperatur im Oberflächenwasser gespeichert.
Im betreffenden Zeitraum muss es eine deutliche Umweltveränderung gegeben haben, weiß Matthias Moros, Geologe am IOW. Denn plötzlich seien homogene Sedimentschichten von feinlamellierten abgelöst worden. Dieses Phänomen sei bereits von den so genannten "toten Zonen" mit Sauerstoffmangel am Ostseeboden bekannt.
Es zeigte sich, dass vor etwa 6.000 Jahren, parallel zum Einsetzen der Sauerstoffnot am Meeresboden, die Temperatur signifikant angestiegen war. Offenbar hat die damalige Erwärmung zu großflächigen "Todeszonen" in der Ostsee geführt. Der damit einhergehende Sauerstoffmangel muss zu einem massiven Fischsterben geführt haben. Vielleicht hat so manch einem auch die nötige Portion Anglerglück gefehlt.
Jedenfalls setzte sich, wie archäologische Funde belegen, zu jener Zeit in Nordeuropa der Ackerbau als Ernährungsgrundlage durch. Gleichzeitig hat sich die Bevölkerung im Ostseeraum verdreifacht. Ungeklärt bleibt allerdings, ob der Ackerbau durch günstigere Temperaturen gefördert wurde oder ob sich die Menschen wegen abnehmender Fischbestände fortan von der Landwirtschaft ernährten.
Immerhin wiesen die Forscher eine kausale Verbindung zwischen Temperaturerhöhung und der Ausbreitung toter Zonen am Boden in der Ostsee nach. Demnach war der plötzlich einsetzende Sauerstoffmangel nicht ohne Folgen für die Fischbestände geblieben.
Ausblick
Vielleicht konnten kleinere, oft noch wandernde, Menschengruppen vor 6.000 Jahren mit dem Klimawandel besser umgehen als unsere modernen, technisierten Zivilisationen. Der heutige Klimawandel trifft auf störanfällige, wenig resiliente Industriekulturen, oder aber, in anderen Teilen der Welt, auf einfach lebende Menschen, deren Äcker sich mehr und mehr in Wüsten verwandeln.
Damit verlieren sie ihre Lebensgrundlage und wandern dorthin, wo sie sich bessere Überlebenschancen erhoffen. Sicher haben Menschen in der Jungsteinzeit kaum das Klima beeinflussen können - im Gegensatz zum ausgehenden 19. Jahrhundert, als man begann, verstärkt Kohle abzubauen und zu verbrennen.
Fallen die letzten Wälder für Kohle-Abbau, so wie RWE es für den Hambacher Forst vorsieht, wird nicht nur ein weiterer Wald als CO2-Speicher vernichtet, sondern es wird erneut massenhaft Kohlendioxid emittiert.
"Wenn wir alle bereits freigegebenen Braunkohlereserven verbrennen würden, würde Deutschland sein CO2-Budget für den gesamten Energiesektor ausschöpfen und die Atmosphäre um zusätzlich rund 3,84 Milliarden Tonnen CO2 belasten", warnt der WWF.
Die Emissionen aus Kohlekraftwerken müssten um rund 100 Millionen Tonnen gesenkt werden, soll das Klimaziel von 1,5 ° C noch erreicht werden, hieß es Ende Juni an dieser Stelle (vgl. Kohleausstieg bis oder ab 2030?).
Und dies muss möglichst schnell passieren. Ein Kohle-Ausstieg, der erst ab 2030 erfolgt, dürfte die Klimaerwärmung kaum mehr ausbremsen. Ob Auto-, Flugverkehr oder Kohle- bzw. Ölverbrennung, intensive Landnutzung und Tierhaltung - auf allen Ebenen müssen Treibhausgase vermieden, zumindest eingedämmt werden.
Gelingt uns dies nicht, werden sommerliche Ernteausfälle unser geringstes Problem sein. Die Dürre der letzten Sommerwochen kann als Folge des Klimawandels betrachtet werden. Sie sollte uns eine Warnung sein (WWF-Petition: Kohleausstieg statt Klimakrise).