Trinken gegen die Krise

Über "End of Days", den neuen Film mit Arnold Schwarzenegger

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Früher, da ging man noch ins Kino, weil man sicher sein konnte, dass man darin gut aufgehoben war. Männer im Film - das konnte, wer wollte, auf die einfache Formel bringen: Sylvester Stallone oder Arnold Schwarzenegger. Die Welt war reaganmäßig schwer in Ordnung, als Rocky Balboa vor einem Schwarzenegger-Poster mit Blick auf die eigenen Muckis verächtlich die Mundwinkel verzog oder sich anstatt eines Frühstücks einfach drei rohe Eier in den Mixer warf.

Doch, ach, das ist lange her. Wie lange, das wird einem zur Zeit beinahe täglich vorgeführt. Susan Faludi sagt es in ihrem kontroversen Buch "Stiffed: The Betrayal of the American Man". Und David Fincher zeigt es in seinem "Fight Club". Der Mann als solcher hat ein Problem. Ein Problem, das er so schnell nicht mehr los zu werden scheint. Selbst in Action-Filmen, die einer schnell herbei geredeten Männerkrise ja sonst eher unverdächtig sind, ist längst nicht mehr alles so, wie es sein sollte.

Ein Beispiel gefällig? Peter Hyams' neuer Film End of Days. Gleich in der Eröffnungsszene sitzt da ein schwer angeschlagener und in die Jahre gekommener Arnold Schwarzenegger alias Security-Guard Jericho Cane in seiner abgedunkelten Bude auf der Bettkante. Er meditiert gerade über eine wichtige Frage. Im wesentlichen geht es dabei um die Pistole, die er sich kurz zuvor in den Mund gesteckt hat. Sein Finger am Abzug zittert. Wird er oder wird er nicht? Übernächtigt, unrasiert und alkoholabhängig wie er ist, braucht man eigentlich kein Prophet zu sein, um voraus zu sehen, dass das neue Jahrtausend wohl ohne den ehemaligen Mister Universum auskommen muss.

Doch kurz vor dem entscheidenden Augenblick platzt sein Freund und Partner Buddy Chicago (Kevin Pollack) unaufgefordert ins Zimmer. Er erzählt ihm von einem neuen Auftrag, den sie unbedingt annehmen müssten. Es geht dabei um die Bewachung eines Wall-Street-Bankers, der etwas paranoid sei. Ja, ja, vielleicht das nächste Mal, ist der Gedanke, der Jericho durch den Kopf geht, als er die Pistole aus dem Mund nimmt und auf den Nachttisch neben dem Bett legt. Mit einem Seufzer, der aus dem tiefsten Herzen kommt, rappelt er sich mühsam hoch.

Aber, ach Gott, man hört dabei fast alle Knochen knarzen und ächzen. Ein Mann will nicht mehr. Ein Mann kann nicht mehr. Trotzdem schleppt sich Alpen-Arnie wie zu besseren Zeiten erst mal in die Küche. Als Anspielung auf eine Szene seines alten Konkurrenten "Sly" Stallone (dessen letzter Auftritt als fette, watschelnde Ente in "Cop Land" auch nicht gerade ein Mutmacher war) stellt er sich vor den Mixer. Doch anstatt drei rohe Eier hinunter zu stürzen, kippt er alles, was gerade verfügbar ist, hinein: Kaffee, O-Saft und zu guter Letzt auch noch eine angeschimmelte Pizza. Prost Mahlzeit. "Frühstück, das ist das wichtigste Essen am Tag, weißt du?", sagt er, bevor er alles durch die Kehle rinnen lässt.

Nein, der Mann hat ein Problem. Er ist ein bemitleidenswertes Auslaufmodell, das nicht mehr gebraucht wird. Oder zumindest nur noch ein letztes Mal. Denn nach der traurigen Eröffnung nimmt der Film doch noch ziemlich Fahrt auf. "End of Days", das ist Peter Hyams' Beitrag zur allgemeinen Milleniums-Stimmung. Der Teufel höchstselbst und in Person von Gabriel Byrne ist unter uns gekommen, um am Silvesterabend die Welt zu "retten".

Doch auf diese Rettung würde die Menschheit am liebsten verzichten. Eine starke Allianz, die vom Papst bis zu Schwarzenegger reicht, stemmt sich mit aller Macht gegen den Teufel. Zumal der es zuallererst auf die süße Christine abgesehen hat, mit der er in der Nacht der Nächte ein Kind zeugen will - einen Messias oder so ähnlich, das wird nicht ganz klar. Braucht es aber auch nicht, der Worte sind sowieso genug gewechselt und fortan explodiert und ballert sich die Handlung nach einigen Aufs und Abs einem Happy End entgegen. Männerkrise hin oder her, letztlich ist Arnold Schwarzenegger doch wieder der Strahlemann.

Nicht allerdings, ohne vorher noch einmal zu Höchstform aufzulaufen. Christine, wegen der bevorstehenden Entjungferung durch den Teufel von Alpträumen geplagt, versucht sich mit Arzneimitteln zu beruhigen. So schnell wie ein Tennis-Automat die Bälle ausspuckt, wirft sie sich eine Pille nach der anderen ein. Als Arnold sie dabei ertappt, zögert sie einen Moment, um ihm dann ganz trocken eine aus ihrem Vorrat anzubieten. "Willst du?", fragt sie. Mit dem Gedanken an den Whiskey vom letzten Abend schüttelt er den Kopf und sagt: "Nein danke, ich trinke. Das hilft todsicher." Er ist halt doch ein echter Mann.

Kinostart: 2. Dezember

"End of Days", USA 1999, Regie und Kamera: Peter Hyams, Buch: Andrew Marlowe, Darsteller: Arnold Schwarzenegger (Jericho Cane), Gabriel Byrne ("Der Mann"), Robin Tunney (Christine), Kevin Pollack (Chicago), 122 Min. TP - End of Days -1- 24.11.99