Vietnam auf dem Weg zur Halbleitermacht
Vietnam wirbt weltweit um Chipkonzerne. Das Land lockt mit gut ausgebildeten Ingenieuren und niedrigen Löhnen. Doch was steckt hinter dem Boom?
Wer heute einen PC zusammenbaut oder ein neues Elektrogerät kauft, wird statt "Made in China" auf den Verpackungen immer häufiger "Made in Vietnam" finden. Wie die Asia Times berichtet, entwickelt sich das südostasiatische Land zu einem bedeutenden neuen Akteur in der globalen Halbleiterindustrie und profitiert dabei von der Abkopplung von China, die von den USA im Rahmen des Chipkrieges vorangetrieben wird.
Gute Ausbildung bei niedrigen Löhnen
Vietnam punktet vor allem mit gut ausgebildeten und hoch motivierten Ingenieuren, die für vergleichsweise niedrige Gehälter arbeiten. Das hat mittlerweile zahlreiche Halbleiterverpackungs- und Designunternehmen aus den USA, Deutschland, Japan, Südkorea und Taiwan angezogen.
Laut dem Think-Tank ISIS Malaysia folgt Vietnam mit seiner technologieorientierten Industriepolitik dem Beispiel Malaysias, das derzeit der sechstgrößte Halbleiterexporteur der Welt ist und 13 Prozent der weltweiten Montage-, Test- und Verpackungsindustrie stellt.
Der Trend, Vietnam als Alternative zu China zu fördern, wird von der Biden-Administration im Rahmen der "strategischen Partnerschaft" beider Länder unterstützt, dürfte aber auch unabhängig davon stattfinden.
Marktforschungsinstitute schätzen, dass vietnamesische Ingenieure rund 8.000 US-Dollar pro Jahr verdienen, etwa die Hälfte dessen, was in Malaysia gezahlt wird. Im Vergleich dazu liegen die Gehälter in Südkorea bei 34.000 USD, in Taiwan bei 46.000 USD, in Japan bei 50.000 USD und in Singapur bei 68.000 USD.
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Die Gehälter für Konstrukteure mit weniger als drei Jahren Berufserfahrung liegen in Vietnam zwischen 10.000 und 15.000 US-Dollar, in den USA dagegen zwischen 65.000 und 70.000 US-Dollar.
Diese Lohnunterschiede erklären, warum Intel seine größte Montage-, Verpackungs- und Testanlage für integrierte Schaltkreise in Vietnam und seine fortschrittlichste 3D-Verpackungsanlage in Malaysia betreibt.
Auch Deutschland baut Präsenz in Hanoi aus
Auch Infineon Technologies, Deutschlands größter Halbleiterhersteller, hat ein Entwicklungsteam in seinem neuen Büro in Hanoi eingerichtet, das im Juni letzten Jahres eröffnet wurde. Infineon-Manager betonen die Bedeutung Vietnams aufgrund der hohen Nachfrage nach Funktionstests und kundenspezifischem Schaltungsdesign.
Auch japanische, südkoreanische, taiwanesische und US-amerikanische Unternehmen haben ihre Präsenz in Vietnam ausgebaut. Renesas Electronics, Japans größter integrierter Halbleiterausrüstungshersteller, ist seit 2004 in Vietnam tätig und hat hier sein größtes Designzentrum außerhalb Japans. Samsung Electro-Mechanics, Hana Micron Vina und Hanmi Semiconductor produzieren in Vietnam Verpackungssubstrate, Leiterplatten und Halbleiterverpackungsausrüstung.
Die vietnamesische Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 50.000 Halbleiteringenieure auszubilden – etwa zehnmal so viele wie heute, wie Associate Professor Truong Viet Anh von der Hanoi University of Science berichtet.
Vietnam profitiert von globaler Auseinandersetzung um Halbleiter
Die größte ausländische Präsenz in der vietnamesischen Halbleiterindustrie kommt jedoch aus den USA. Neben Intel sind US-Unternehmen wie Microchip, Marvell, Qualcomm, Synopsis, Cadence, Savarti, Uniquify und Amkor in Vietnam vertreten.
Amkor eröffnete beispielsweise im Oktober 2023 seine erste Fabrik in Vietnam, die als "state of the art" gilt und eine sichere und zuverlässige Lieferkette für die Kommunikations-, Automobil-, High-Performance-Computing- und andere Schlüsselindustrien bieten soll.
Dabei profitiert das autoritär regierte sozialistische Land direkt von der Systemauseinandersetzung zwischen den USA und China: Obwohl das CHIPS-Gesetz der USA auch finanzielle Unterstützung für die Halbleiterindustrie in Vietnam und anderen überseeischen Gebieten im Rahmen des International Technology Security and Innovation (ITSI) Fund vorsieht, sieht es so aus, als würde diese Initiative mehr Arbeitsplätze in Vietnam als in den USA schaffen.
US-Handelsministerin Gina Raimondo sagte, die vorgeschlagene Finanzierung werde die Sicherheit der Lieferkette erhöhen, aber es scheint, dass sie zumindest kurzfristig vor allem dem vietnamesischen Arbeitsmarkt zugute kommen wird.