Trump: "Ich werde der größte Jobs-Präsident sein, den Gott jemals geschaffen hat"

Seite 3: Automatisierung bedroht globale Wirtschaft

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The future is now. Die Automatisierung ist keine bloße Zukunftsmusik, sondern bereits im vollen Gange. Und sie zerstört mehr Jobs als sie neue schafft. Klar, Automatisierung gab es schon immer, auch die Webstühle ersetzten massenweise Arbeitsplätze. Historisch einmalig ist an der heutigen Lage aber nicht nur, dass die Automatisierung schneller wächst als die Märkte, sondern auch, dass die Maschinen weit mehr Jobs ersetzen, als zu ihrer Herstellung notwendig sind.

Die wenigen Jobs, die in der Computer- und Roboterbranche entstehen, können die gegenwärtige Jobvernichtung keineswegs kompensieren: In den 1980ern waren noch 8,2 Prozent der Arbeitnehmer in denjenigen Technologie-Branchen tätig, die in diesem Zeitraum neu geschaffen wurden. In den 1990ern betrug die Quote 4,2 Prozent und in den 2000ern lediglich 0,5 Prozent.

Fahrerlose U-Bahnen gibt es bereits in Paris, Barcelona, Helsinki, Budapest, Vancouver, São Paulo und Nürnberg. Sollten beispielsweise auch fahrerlose LKWs bald serienreif sein, dann werden in den USA auf einen Schlag 3,2 Millionen Lastkraftfahrer arbeitslos. Fast 500.000 weitere Jobs entfallen in den USA auf Taxifahrer und Chauffeure. Bei den "white collar jobs" sieht es nicht anders aus, hier verdrängt hochspezialisierte "Legal Tech"-Software schon jetzt zahlreiche Rechtsanwälte. Kurzum: Die Automatisierung ersetzt Jobs am laufenden Band.

New Deal?

Trump könnte natürlich – nach dem Vorbild Franklin D. Roosevelts und John Maynard Keynes’ – einen neuen New Deal initiieren. Im Wahlkampf hat er mehrfach betont, dass er die marode Infrastruktur des Lands, also Brücken, Flughäfen, Schulen, Stromleitungen, Glasfaserkabel, Wasserversorgung und so weiter, modernisieren wolle. Mal abgesehen von den Folgen der Automatisierung: mit welchem Geld?

Die USA sind haushoch verschuldet, alle paar Monate wird der Staatsbankrott abgewendet. Ein "deficit spending" mit Billionen-Investitionen scheint da wenig realistisch, zumal Trump dann – vereinfacht gesagt – Geld von Reich nach Arm umverteilen müsste. Nur eine hohe Vermögens- und Unternehmenssteuer könnte einen neuen "New Deal" querfinanzieren.

Doch Trump hat ebenfalls angekündigt, dass er die Unternehmen und Banken noch weitreichender als ohnehin schon entlasten wolle: Der Spitzensteuersatz für Unternehmen soll von derzeit 35 auf 15 Prozent purzeln. Und der Spitzensteuersatz für Privatpersonen soll von derzeit 39,6 Prozent auf 33 Prozent fallen. (Zum Vergleich: Bis zum Amtsantritt von Ronald Reagan lag der Satz bei durchschnittlich 70 Prozent.) Insgesamt will Trump die (vermögenden) Steuerzahler um 4,4 Billionen US-Dollar entlasten.

Der Neoliberalismus, dem von Trump bis zur AfD viele Rechtspopulisten huldigen, zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass er vom Keynesianismus – der den Kapitalismus natürlich auch nicht retten würde – demonstrativ abrückt. Spätestens mit der Aufhebung des Goldstandards 1971 wurde das Geld vogelfrei. In den 1960ern entfielen in den USA rund 15 Prozent der inländischen Gewinne auf den Finanzsektor und rund 50 Prozent auf die Produktion. 2015 jedoch kassierte der Finanzsektor fast 50 Prozent der Gewinne, der Produktionssektor aber nur noch weniger als 15 Prozent. Die Verlagerung hin zu einem Finanzkapitalismus mitsamt seinem "jobless growth", seinem Hochfrequenzhandel und seiner virtuellen Geldblasen ist also offensichtlich. Diese Nuss wird Trump, ein republikanischer Hardcore-Neoliberaler durch und durch, niemals knacken.

Trumps Behauptung, dass "die Ausländer den Leuten alle Jobs wegnehmen" und dass er "Millionen neuer Jobs schaffen wird", ist also nichts anderes als rechtspopulistischer Humbug. Trump hat unter anderem mit diesem Humbug die US-Präsidentschaftswahlen gewonnen. Schlimm genug. Doch sein zentrales Versprechen wird er, wie viele vor ihm, kaum halten können. Das gilt natürlich auch für etliche andere Industriestaaten, in denen Neoliberale und/oder Protofaschisten gegenwärtig vermehrt davon faseln, dass man nur die Grenzen schließen müsse, um neue Jobs zu kreieren. Nein, zu sehr ist die Produktion von der menschlichen Arbeitskraft entkoppelt, als dass man ein neues Jobwunder aus dem Hut zaubern könnte. Und zu sehr ist der Kapitalismus am Röcheln, als dass man mit ihm die Verheißung vom "Wohlstand für alle" je wird erreichen können.

Patrick Spät lebt als freier Journalist und Buchautor in Berlin. Zuletzt erschien von ihm das Buch "Die Freiheit nehm ich dir. 11 Kehrseiten des Kapitalismus", Zürich: Rotpunktverlag 2016.