Trump: Nicht Russland, China soll Clintons Emails gehackt haben

Trump triumphiert. Bild: Weißes Haus

Der US-Präsident bezieht sich auf Berichte, nach denen die Emails von Clinton nach einem Hack direkt CC an eine chinesische Firma weitergeleitet wurden, das FBI habe sich nicht darum gekümmert

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US-Präsident Donald Trump wittert eine Möglichkeit, ein wenig aus dem Schussfeld der Politiker, Medien und Geheimdienste zu kommen, die Russland für den Hack auf die Emails des DNC im Wahlkampf verantwortlichen machen. Unterstellt wird, dass Russland damit Trump unterstützen wollte, der womöglich davon gewusst haben könnte. Jetzt soll auf einmal China der Bösewicht gewesen sein, der Hillary Clintons Mails von ihrem privaten Server entwendet hat, was Trump jedenfalls ganz gelegen kommt, um FBI, dem Justizminister und natürlich Robert Mueller vorzuwerfen, in die falsche Richtung zu ermitteln.

Medien hatten, nachdem Sonderermittler Robert Mueller die Anklage gegen 12 russische Geheimdienstmitarbeiter passenderweise kurz vor Trumps Treffen mit Putin vorgelegt hatte, darauf hingewiesen, dass nach der Anklage die Hacker erstmals am 27. Juli in die Computer mithilfe der durch Spearfishing ergatterten Passwörter eingedrungen seien. Das war der Tag, an dem Trump Russland in einem Tweet aufforderte, die restlichen 30.000 Emails von Clinton aufzuspüren (Anklage von 12 russischen Geheimdienstmitarbeitern ist politisch motiviert ).

Als im Juli der republikanische Abgeordnete und Trump-Unterstützer Louie Gohmert von Texas im Justizausschuss des Repräsentantenhauses das Thema aufbrachte, war die Resonanz allerdings gering, medial wurde fast nur kolportiert, dass sich Gohmert mit FBI-Mann Peter Strzok, der seit 2016 eine wichtige Rolle in den FBI-Ermittlungen innehatte, stritt und diesem seine außereheliche Beziehung mit seiner Mitarbeiterin Lisa Page vorwarf. Strzok wurde kurz darauf entlassen, weil er, was schon länger bekannt war, während des Wahlkampfs Emails an Page gegen Trump geschrieben hatte, so in einer, in der er versicherte, dafür sorgen zu wollen, dass Trump nicht Präsident wird.

"Anomalie" bei Clintons Emails

Während der Anhörung fragte Gohmert Strzok, ob er Kenntnis davon habe, dass Chuck McCullough, der damalige Generalinspektor der Geheimdienste (ICIG), eine "Anomalie" herausgefunden habe. Nach einer forensischen Untersuchung habe sich herausgestellt, dass über 30.000 Emails von Clintons privaten Server zu einer Adresse gegangen seien, die nicht auf der Verteilerliste stand. Sie gingen zu einer nicht-russischen ausländischen Organisation. Prekär daran auch, dass es sich um Emails handelte, die als geheim klassifiziert waren und gar nicht auf dem privaten Server hätten gewesen sein dürfen. Clinton hatte zunächst abgestritten, geheim klassifizierte Emails über ihren privaten Server zu empfangen und zu verschicken, es wurde dann aber nachgewiesen, dass sie hier die Sicherheitsvorschriften umgangen hatte. Der von Trump entlassene ehemalige FBI-Chef Comey hatte 2016 zwar Ermittlungen gegen Clinton wegen der geheimen Emails eingeleitet, aber dann wieder abgeblasen.

Der ICIG habe die Weiterleitung der Emails Strzok mitgeteilt, woraufhin aber nichts geschehen sei. Strzok erklärte, davon nichts zu wissen und sich nicht daran zu erinnern. Gohmert musste allerdings einräumen, dass sich McCullough zwar über die Demokraten beschwerte, die das nicht zur Kenntnis nehmen wollten, dies aber auch nicht veröffentlicht hat. Nach Gohmert könne der EX-ICIG dies aber dokumentieren.

Donald Trump bezog sich bei seinem Tweet wohl auf einen Artikel, der im Daily Caller am Montag veröffentlicht wurde. Dort heißt es, anonym bleibende Quellen hätten gesagt, bei der ausländischen Organisation habe es sich um eine staatliche chinesische Firma in Washington gehandelt. Diese habe auf den Server eine Malware eingeschleust, die in Echtzeit Kopien von fast allen der eintreffenden und abgehenden Emails weitergeleitet habe.

Ein früherer Geheimdienstmitarbeiter sagte dem Daily Caller, der ICIG-Mitarbeiter Frank Rucker und die Anwältin Janette McMillan hätten sich wiederholt mit FBI-Agenten, darunter auch Strzok, getroffen und sie vor dem chinesischen Hack gewarnt. Die Warnung sei bereits zum ersten Mal 2015 erfolgt, als ICIG den privaten Server von Clinton untersuchte. Er wisse zwar den Namen der Firma, wolle ihn aber angeblich nicht mitteilen, um nicht in Schwierigkeiten zu geraten. "Die Chinesen sind berüchtigt", sagte er gegenüber dem Daily Caller, "kleine Überraschungen wie diese einzubetten." Angeblich wurden in den Metadaten der Emails entdeckt, dass eine Kopie CC an eine dritte Partei weitergeleitet wurde, die sich als eine chinesische Firma entpuppte, welche für China spioniert haben soll.

Das chinesische Außenministerium wies die Behauptung zurück. Eine offizielle Bestätigung der Inhalte des Berichts von Daily Caller gibt es nicht. Unklar ist auch, ob Trump sich nur auf den Artikel bezog oder weitere Informationen besitzt. Selbst wenn Kopien der Emails von Clinton an eine chinesische Firma weitergeleitet wurden, muss dies allerding nicht bedeutet, dass nicht andere Hacker über Spearfishing ebenfalls an die Emails herangekommen sind. Der Server soll nicht gut abgesichert gewesen zu sein.

Update: Ein FBI-Sprecher erklärte gestern, man habe keine Hinweise dafür gefunden, dass Clintons private Mail-Server von einer chinesischen Firma gehackt wurde. Man habe auch keine Hinweise, dass die Server überhaupt.

Wegen eines falschen Bezugs zum DNC-Hack wurden Korrekturen vorgenommen.