Trump erklärt, er werde das Problem mit dem "kleinen Raketenmann" lösen

Kim Jong-un in der üblichen Pose. Bild: Rodong Sinmun

Über Twitter fällt Trump seinem Außenminister Tillerson in den Rücken, der von Gesprächen mit Nordkorea gesprochen hatte

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Kurz hätte man denken können, dass die USA, d.h. Präsident Donald Trump, nicht auf Eskalation mit Nordkorea setzt, sondern jenseits des militärischen Macho-Gehabes und hinter der Bühne sich bemüht, eine diplomatische Lösung zu finden. Das ist zugegeben schwierig, denn das Regime in Nordkorea weiß, dass die Atombombe und die Langstreckenrakete seine Überlebensgarantie darstellen. Kaum vorstellbar ist, dass man in Pjöngjang darauf verzichten könnte. Es ginge also um eine andere Lösung, allerdings hadert bekanntlich Trump auch mit dem Abkommen mit dem Iran, das auf die Entwicklung von Atomwaffen verzichtet hat.

Angeblich will Trump wieder seine "Armada" Richtung Nordkorea schicken, auch wenn er dies schon einmal ergebnislos getestet hat. So soll der in Japan stationierte Flugzeugträger USS Ronald Reagan (CVN-76) mit seinem Geschwader Mitte des Monats an einer Militärübung mit der südkoreanischen Marine teilnehmen. Das sagte ein anonym bleibender südkoreanischer Regierungsmitarbeiter. Geplant seien Übungen, um nordkoreanische Raketen zu entdecken, zu verfolgen und abzuschießen. Zuletzt hatte Trump B1-Bomber nahe an der Grenze zu Nordkorea entlang fliegen lassen, man müsste eigentlich sagen: gockeln lassen, um Nordkorea zu drohen.

Als der US-Außenminister Tillerson erklärte, man spreche auf eigenen Kanälen mit Pjöngjang, war man in Südkorea gar nicht angetan. Dort fürchtete man, von den USA ausgebootet zu werden. Die neue Regierung unter Präsident Moon Jae-in war angetreten, auf eigene Faust einen weniger konfrontativen Kurs wie die konservative Vorgängerregierung zu fahren, was auch hieß, aus dem Verbund mit den USA stärker auszuscheren und auf einen Dialog zu setzen.

Das hat allerdings Kim Jong-un mit seinen zahlreichen Raketentests und dem kürzlichen Atomwaffentest gründlich verhindert, weswegen Seoul wieder näher an die USA und zur Wiederholung der militärischen Drohgebärden rücken musste. Man versicherte, man setze auf eine friedliche Lösung. Dazu könne es auch amerikanisch- nordkoreanische Gespräche geben. Heather Nauert, Sprecherin des US-Außenministeriums, wollte aber jede Abhängigkeit von Südkorea vermeiden und sprach von "mehreren offenen Kanälen" zur Kommunikation mit Nordkorea.

Donald Trump scheint dies diplomatische Getue zu langweilen. Der mächtigste Mann der Welt will sich nicht herablassen, sondern will weiterhin am Ruder bleiben, zumal wenn er es mit einem verrückten "Raketenmann" zu tun hat, der die amerikanischen Raketen und damit den Ballermann herausfordert. Hinter dem Rücken von Außenminister Tillerson setzte Trump zwei Tweets ab, in denen er diesen düpierte und weiterhin auf Machtdemonstration setzt.

"Nett zum Raketenmann zu sein, hat 25 Jahre lange nicht funktioniert"

Er gab der Öffentlichkeit kund, er habe Tillerson gesagt, er verschwende seine Zeit mit Gesprächen mit dem "kleinen Raketenmann". Und er demonstrierte seine offenbar offene Geringschätzung, indem er Tillerson als "unseren wunderbaren Außenminister" bezeichnete. Dass Tillerson noch nicht zurückgetreten ist, nachdem ihm Trump in der Außenpolitik wiederholt abgekanzelt hat und sein Spielraum kaum einer ist, muss verwundern.

Er riet "Rex" wiederum öffentlich und damit als Rüge gemeint, er solle seine Energie sparen, um dann vier Stunden später - nach heftigem Nachdenken? - noch hinzuzufügen, was Sache ist: "Nett zum Raketenmann zu sein, hat 25 Jahre lange nicht funktioniert, warum sollte es dies jetzt? Clinton scheiterte, Bush scheiterte und Obama scheiterte. Ich werde nicht scheitern." Das Ego von Trump bricht immer wieder durch, er spielt weiterhin die populäre Karte, um burschikos und scheinbar witzig die Menschen auf seine Seite zu bringen und Aufmerksamkeit zu finden, dabei hat er seit seinem Amtsantritt noch nicht viel geleistet, im Hinblick auf Südkorea bislang einzig eine Eskalation, die schnell in einen Krieg münden könnte. Sein größter Erfolg ist, permanent im Fokus der Öffentlichkeit zu stehen.

Derweil haben koreanische und amerikanische Streitkräfte erstmals wegen der angespannten Lage Luftverteidigungsübungen gegen tief fliegende Ziele (SHORAD) in Pocheon, nördlich von Seoul, durchgeführt. Mit SHORAD wird geübt, tief fliegende Ziele wie nordkoreanische Kampfflugzeuge oder Hubschrauber abzuschießen. USPACOM teilte mit, man plane auch in Zukunft weitere Übungen, um die neu geschmiedete Beziehung zu festigen.

Nordkorea bezeichnete das Verteidigungsabkommen zwischen Südkorea und den USA als Invasionsplan. Am 1. Oktober 1953 wurde das Abkommen geschlossen, zwei Monate vor Kriegsende. In dem Abkommen wurde gegenseitige militärische Hilfe bei einem Angriff und die rechtliche Grundlage für die amerikanischen Stützpunkte auf Südkorea vereinbart. Nordkoreas primäre Forderung ist stets der Abzug der amerikanischen Streitkräfte von der koreanischen Halbinsel. Das Abkommen ist Grundlage für die gemeinsamen Militärübungen und die Verlegung von strategischen Waffen, zuletzt von B1-Bombern, nach Südkorea, was Nordkorea als "ernsthafte Sicherheitsbedrohung" für die koreanische Halbinsel bezeichnet, "wo die Angst besteht, dass jederzeit ein Krieg ausbrechen könnte". In der nordkoreanischen Zeitung Rodong Sinmun wurde gestern erneut der Abzug der US-Streitkräfte gefordert.

In Südkorea wird erwartet, dass Nordkorea im Oktober eine weitere "große Provokation" ausführen könnte. Gerne werden dazu irgendwelche Feiertage benutzt. So wird am 10. Oktober die Gründung der herrschenden Arbeiterpartei gefeiert. 2006 fand der erste Atomwaffentest einen Tag davor statt. Der südkoreanische Geheimdienst spekuliert, ob Pjöngjang erneut eine Langstreckenrakete abfeuern könnte. Am 18. Oktober beginnt der Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas, eine Waffendemonstration könnte daher auch an diesem Tag als "Gruß" an China begangen werden. Und dann ist da noch Kim Jong-il, der Vater von Kim Jong-un, der am 8. Oktober vor 20 Jahren das oberste Amt des Generalsekretärs übernahm, aber schon seit 1994 an der Herrschaft war. Die südkoreanische Regierung und die Streitkräfte haben sich auf mögliche "Provokationen" vorbereitet und sind in Alarmbereitschaft.