Trump zieht USA aus dem Freihandelsabkommen TPP zurück
- Trump zieht USA aus dem Freihandelsabkommen TPP zurück
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Bernie Sanders begrüßt die neue Handelspolitik, die den Arbeiter-Familien helfe. Eine klare neoliberale Ausrichtung Trumps lässt aber offen, wie arbeitnehmerfreundlich seine Wirtschaftspolitik ist
Unternehmen handeln nicht nur mit Produkten, sondern auf politischer Ebene mit Arbeitsplätzen. Sie gehören zu ihrer Verhandlungsmasse und sind ihr größter Trumpf, mit dem sie wirkungsvoll Druck ausüben. Weswegen sich sozialdemokratische Politiker - und Gewerkschaften - immer wieder auf Deals eingelassen haben, die Interessen der Arbeitgeber vor die der Arbeitnehmer stellen.
Drohkulissen und Ausstieg
Die Drohkulisse, die hierzulande bei der Diskussion über den Freihandelsvertrag TTIP aufgebaut wurde, baute wesentlich auf die Angst vor dem Verlust an Arbeitsplätzen. Volkswirtschaftler, die den freien Markt postulieren, und Journalisten, die, frei nach Habermas, zu Kofferträgern und Dienstleistern der auf Unternehmensinteressen zielenden Wirtschaftspolitik wurden, sekundierten.
An seinem ersten Arbeitstag hat US-Präsident Trump damit begonnen, seine Ankündigung einer neuen Handelspolitik in ersten Schritten umzusetzen. Er zog die USA aus dem TPP-Abkommen zurück. Das Freihandelsabkommen war noch nicht vom Kongress ratifiziert. Sein präsidentielles Dekret setzte dem jahrelangen Streit, der durch beide Parteien ging, ein Ende. Auch das nordamerikanische Freihandelsabkommen (Nafta) soll neu verhandelt werden.
Trumps Schwiegersohn Kushner soll demnächst mit den wichtigsten Partnern Kanada und Mexiko in Verhandlungen gehen. Statt Freihandelsverträge mit mehreren Ländern, will Trump bilaterale Verträge, die bessere Bedingungen für den Zugang der USA zu Märkten außerhalb aushandeln. Mehr Arbeitsplätze für american workers lautet das Versprechen Trumps, das seinen Wahlsieg beförderte.
Daran dass sich auch Republikaner für das TPP-Abkommen stark machten, und etwa John McCain, der für eine Linie der Partei steht, vor einem "schwerwiegenden Fehler mit langwierigen Konsequenzen für die amerikanische Wirtschaft" warnte, ist zu ermessen, dass Trump mit seiner Handelspolitik auf Konfrontationskurs auch im Lager der Republikaner geht. Der Widerstand und die Drohkulissen sind nicht verschwunden.
"Da dreht das deutsche Establishment vollkommen durch"
Wie die New York Times gestern berichtete, hatte auch Obama in seinem Wahlkampf deutliche Kritik an Freihandelsverträgen geübt. Im Amt hatte er jedoch, wie andere Präsidenten vor ihm auch, so die Zeitung, einen anderen Kurs eingeschlagen. Für TPP habe Obama lange gestritten.
Nun hat es Trump zum Altpapier gelegt. Das ist angesichts der Widerstände, die mit der Angst vor einem wirtschaftlichen Niedergang Politik machen, ein mutiger Schritt, den sich viele in Deutschland bei TTIP von Sozialdemokraten gewünscht oder erwartet hätten. Der Zorn auf die Haltung der SPD in der Sache ist groß. Sie stehe dem "Establishment" näher als den Interessen der Leute, die sie zu vertreten beansprucht, wird ihr vorgeworfen. Der Wirtschaftswissenschaftler Heiner Flassbeck bringt dies eindringlich in seinem Kommentar zur Antrittsrede Trumps deutlich Sprache.
"Wäre er kein Milliardär, würde man glauben, er sei ein Sozialist", schreibt Heiner Flassbeck. Der Mann klage die Armut an und mache das Establishment dafür verantwortlich. "Da dreht das deutsche Establishment vollkommen durch (…) und geifert."
Das wichtigste aber war der freie Handel, an dem wir uns goldene und diamantene Nasen verdienten, aber das muss ja nicht jeder wissen. Schließlich waren wir ja auch bereit, immer mal wieder offen über die Ungleichheit zu reden, so lange das keine konkreten Folgen hatte.
Heiner Flassbeck
Sanders bietet Unterstützung an
In den USA hat Bernie Sanders, der linke Gegen-Kandidat der Demokraten zu Hillary Clinton, der lange Zeit gut im Rennen lag, Trumps Rückzug aus dem TPP-Abkommen freudig begrüßt. Es sei an der Zeit eine neue Handelspolitik zu entwickeln, die den Arbeiter-Familien hilft und nicht nur den multinationalen Konzernen, kommentierte Sanders. Sollte Trump mit einer Politik, die amerikanischen Arbeitern helfe, weiter machen, würde er ihn gerne unterstützen.
Solche Aussagen konterkarieren Positionierungen, die es sich gegenüber Trump zu einfach machen und sich kopfüber in die Wellen der Erregung und Empörung über den Polarisierer stürzen. Man findet sich sonst schnell in einem Lager wieder, das distanzlos Kampagnen anhängt.
Zum größeren Bild gehört, dass sich von Trumps Plänen verunsicherte Führungsmanager in Konzernen, denen Arbeitsplätze nicht das nächste Hemd sind, sondern Boni und gute Unternehmenszahlen, die Hände reiben angesichts der Medienarbeit, die Trump zum Keine-Ahnung-von-Politik-Trottel zu machen versucht und den Fokus auf die narzisstischer Persönlichkeitsstörung legt (wofür der Mann allerdings viel Angriffsfläche bietet).
Die Lagerstreitigkeiten zwischen Unterstützer oder Gegner Trumps verstellen den Blick auf die Politik von Trump selbst. Er ist kein Sozialist, nicht weil er mutmaßlich ein Milliardär ist, sondern weil seine Agenda klare neoliberale Elemente enthält.