Trumps Einschätzung nach könnte Nordkorea wirtschaftlich eine "Rakete" werden
Zweites Gipfeltreffen Kim Jong Un am 27. und 28. Februar im vietnamesischen Hanoi
Am 27. und 28. Februar treffen sich US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Staatschef Kim zum zweiten Mal persönlich. Bei einem ersten Treffen im letzten Sommer im südostasiatischen Stadtstaat Singapur hatten die beiden Staatsoberhäupter eine "Denuklearisierung" der koreanischen Halbinsel vereinbart, deren konkrete Bedingungen und Details jedoch offen blieben (vgl. Singapur: Medienspektakel der Dealmacher).
Dass das zweite Treffen in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi stattfinden wird, ist für Südkoreas Präsident Moon Jae In ein Symbol für die Möglichkeit eines Friedensschlusses zwischen ehemals erbitterten Feinden. Der Vietnamkrieg, auf den er dabei verweist, hatte in den 1960er und 1970er Jahren etwa drei Millionen Vietnamesen und knapp 60.000 Amerikaner die Leben gekostet und zahlreiche weitere mit lebenslangen Behinderungen belastet (vgl. Was Präsidenten wirklich glaubten - und was sie der Öffentlichkeit sagten). In den USA hinterließ er ein nationales Trauma, das in Filmen und Serien bis heute nachwirkt (vgl. Vietnam: Gedenken an My-Lai-Massaker).
Vor dem Treffen in Singapur hatte Donald Trump Kim Jong Un in Anspielung auf dessen Raketenprogramm öffentlich als "Little Rocket Man" geschmäht. In einem Interview mit Fox News meinte er dazu später, das sei eine absichtliche Provokation gewesen, um Kim Jong Un an den Verhandlungstisch zu bekommen. Am Wochenende griff er diese Äußerung wieder auf und twitterte, Nordkorea werde "unter der Führung von Kim Jong Un […] eine andere Art von Rakete werden - eine wirtschaftliche!" Damit werde Kim Jong Un viele Leute überraschen, aber nicht ihn, weil er den nordkoreanischen Staatschef "kennen lernte und vollkommen verstehe, wie fähig er ist".
Möglichkeit, dass Nordkorea sich mit einer veränderten Ressourcenallokation wirtschaftlich besser entwickelt
Ob diese Einschätzung Trumps Wirklichkeit wird, ist offen. Die Möglichkeit, dass Nordkorea sich mit einer veränderten Ressourcenallokation wirtschaftlich verbessert, besteht allerdings durchaus - auch deshalb, weil es dort weder kulturelle Hindernisse noch ethnischen Gegensätze gibt, die andere ehemalige Kolonien zu gescheiterten Staaten werden ließen (vgl. Sollbruchstellen eines neuen Staates).
Nach dem Trennungskrieg entwickelte sich die Wirtschaft Nordkoreas (unter anderem durch intensiven Austausch sowohl mit China als auch mit der Sowjetunion) anfangs sogar so günstig, dass der nördliche Teil der Halbinsel bis Ende der 1960er dem südlichen als wirtschaftlich überlegen galt. Dann propagierte der damalige Staatschef Kim Il Sung die Chuch'e-Ideologie (vgl. Haiti, Nordkorea und Vietnam - drei unterschiedliche Entwicklungswege). In den 1970ern ersetzte diese auch offiziell den Marxismus als Weltanschauung. Statt einer klassenlosen Gesellschaft propagierte man nun eine Art Ständestaat und "Freundschaft zwischen den Klassen".
Im Zuge dieses Umbaus schaffte man Steuern ab und ersetzte sie unter anderem durch deutlich höhere Gebühren für öffentliche Leistungen. 2003 griff Nordkorea sogar auf ein von Ayn Rand propagiertes Rezept zurück und gab Volksanleihen aus, die zwar nicht verzinst wurden, aber gleichzeitig Lotterielose waren. Besonders eifrige Loskäufer wurden von der Regierung öffentlich geehrt (vgl. Westerwelle-Wunderland).
Südkorea erwirtschaftet das weltweit elftgrößte Bruttoinlandsprodukt
Um die Autarkie, die in der Chuch'e-Ideologie ganz oben stand, zu wahren, wurden erhebliche Ressourcen in die Verteidigung gesteckt, wodurch in anderen Bereichen Forschung und Modernisierung zunehmend auf der Strecke blieben. Der Ideologie entsprechend wurde die Entstehung von Fortschritt durch Arbeitsteilung (auf welche sich sowohl die kapitalistische als auch die sozialistische Welt berief) verworfen, weswegen man dem internationalen Warenaustausch weniger Wichtigkeit beimessen konnte. Seit 1989 fiel auch der früher wichtige Handel mit den RGW-Staaten zunehmend weg. Flutkatastrophen in den Jahren 1995 und 1996 sowie mehrere Dürrejahre seit 1997 zeigten die Schwächen dieses Modells auf und führten zu schweren Hungerkatastrophen ebenso wie zu massiven Produktionsausfällen durch Rohstoffmangel.
Das mit ähnlichen Voraussetzungen gestartete Südkorea arbeitete sich währenddessen auf das weltweit elftgrößte Bruttoinlandsprodukt hoch und ist heute mit Unternehmen wie Samsung, LG und Hyundai Technologie einer der wichtigsten Technologieexporteure. Mit einer Arbeitslosenquote von 3,6 Prozent gibt es fast ausschließlich Fluktuationsarbeitslosigkeit und faktisch Vollbeschäftigung. Bei der Lebenserwartung liegt das Land mit durchschnittlich 82 Jahren auf Platz elf, die Geburtenrate ist mit 1,17 geborenen Kindern pro Frau die niedrigste der Welt.
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