Trumps Spiel mit den Medien
Der US-Präsident sieht sich als Avantgarde im Umgang mit den Sozialen Netzwerken, tatsächlich spielt er mit den Mainstreammedien wie ein Wrestler, ein solcher wäre er wohl auch gerne
Es ist schon eine neue Erfahrung, einen mit so viel Macht ausgestatteten US-Präsidenten zu sehen, wie er offensichtlich aufgebracht gegen seinen größten Feind vorgeht. Das sind die Medien des eigenen Landes. Gut möglich, dass Donald Trump auch erkannt hat, dass das Einschlagen auf die amerikanischen liberalen Medien, genannt Fake News, ihm bei seiner Anhängerschaft Punkte bringt und in allen Medien Aufmerksamkeit auf seine Person. Das scheint Trump primär wichtig zu sein, weswegen er seinen Präsidentenjob dafür instrumentalisiert.
Natürlich, die meisten großen Medien in den USA haben sich schon während des Wahlkampfs gegen Trump gestellt, der mit seinen Provokationen diese aber geschickt ausspielte und immer präsent war. Auch eine negative Aufmerksamkeit kann im Wahlkampf entscheidend werden, weil sie für Prominenz sorgt. Auf der medialen Bühne holzt Trump daher wie ein Wrestler herum und führt vornehmlich über Twitter seine Kämpfe aus, die ihm Beifall oder Verwunderung einbringen sollen. Niemand scheint im Weißen Haus unter seinen Beratern und Ministern vorhanden zu sein, der ihn als Selbstdarsteller mäßigen könnte, dem die Quote alles ist.
Auch persönliche Beleidigungen teilt der angeblich mächtigste Mann der Welt aus, den niemand belangen wird und den auch Twitter nicht blockieren wird, weil der gealterte Wutbürger an den Schalthebeln der Macht doch für Werbung sorgt und es geschäftsschädlich wäre, mit ihm ins Gehege zu kommen. Gerade war er gegen Mika Brzezinski und Joe Scarborough von MSNBC vorgegangen, nannte sie Crazy Mika und Psycho Joe. Deren Show schaue er nicht, sie habe eh schlechte Quoten, aber er habe gehört, Psycho Joe habe schlecht über ihn gesprochen, weswegen er auch gleich noch Crazy Mika mit einem niedrigen IQ auszeichnete und die wegen einer Schönheitsoperation geblutet habe.
Gestern Nacht setzte Trump seine Kampagne gegen die Medien fort und verkündete, die "FAKE MEDIA" würden versuchen, "uns zum Schweigen zu bringen", um zu versprechen: "Das werden wir nicht zulassen". Man habe schließlich gewonnen, während sie verloren haben. Die unehrlichen Medien würden ihn niemals von den Zielen zugunsten der großen amerikanischen Menschen abhalten können: "The FAKE MEDIA is trying to silence us - but we will not let them. We won & they lost! The dishonest media will NEVER keep us from accomplishing our objectives on behalf of our GREAT AMERICAN PEOPLE!"
Aber es geht noch besser. Ein paar Stunden zuvor machte Trump selbst deutlich, auf welcher Bühne er kämpft. Er veröffentlichte auf seinem nicht offiziellen Twitter-Account "Real Donald Trump", wo er aber doch als "45th President of the United States of America" auftritt, also irgendwie doch offiziell, ein überarbeitetes Video von einer Wrestlingmania-Veranstaltung namens "Battle of the Billionaires" unter den Hashtags "#FraudNewsCNN #FNN". Das Video stammt aus dem Jahr 2007, auf ihm schlägt Trump ganz im Wrestling-Stil und zur Show Vince McMahon, den Präsidenten von World Wrestling Entertainment (WWE), triumphierend zu Boden. Beide hatten Wrestler auf die Bühne geschickt. Jetzt wurde das Gesicht von McMahon durch das CNN-Logo ersetzt.#
Zuvor hatte er schon angekündigt, #FakeNews CNN zu #FraudNewsCNN! zu verändern, weil CNN eine Story zurückziehen musste, die fälschlich berichtet hatte, dass eine Beziehung zwischen einer russischen Bank und einem Trump-Vertrauten untersucht werde. Am Samstag erklärte Trump trotzig, dass seine Benutzung der Sozialen Netzwerke nicht präsidentiell sei, aber sie sei, wie moderne Präsidenten dies machen würden:
"My use of social media is not Presidential - it’s MODERN DAY PRESIDENTIAL. Make America Great Again!"
Der alte Wutbürger sieht sich als Avantgarde auch im Einsatz neuer Medien, der sich allerdings vornehmlich auf Twitter und die dort möglichen Kurzbotschaften beschränkt. Zweifelsohne wird Trumps Verhalten Maßstäbe setzen und Nachahmer finden, zumindest wenn er sich einige Zeit an der Macht halten wird.
Damit wird gewissermaßen von unten der meist gepflegte höfische Stil von Regierungen und der Diplomatie gebrochen, aber eben nur halb. Denn Donald Trump akzeptiert nur Kritik und Schmähungen, wenn sie von ihm oder seiner Seite ausgehen, nicht aber, wenn sie von anderen kommen. Oder unterschätzt man ihn möglicherweise damit? Geht es in einem Kampf gegen die FakeNews nur um eine Wrestling-Show, in der die brutal wirkenden Aktionen nur simuliert sind? Und fallen auf die Simulation gerade die Medien herein, die objektiv und kritisch sein wollen, aber das Spiel nicht verstehen? Schließlich braucht Trump die FakeNews, um sich inszenieren zu können.
Mit Donald Trump ist die hohe Politik jedenfalls unterhaltsam, persönlich und zum giftigen Medienspektakel geworden. Im Unterschied etwa zu Erdogan und Putin, die in weitgehend gesäuberten Medienlandschaften agieren, zieht Trump, der immer ein Medienphänomen war und deren Logik kennt, geschickter die Fäden, vielleicht auch nur aus Zwang, weil er kritische Medien nicht so einfach ausschalten kann. Journalisten werden sich mit Trump und möglichen Nachahmern neue Strategien der Berichterstattung einfallen lassen müssen, um nicht immer in der Falle zu sitzen und ausgespielt zu werden. Das ist einfach, das hat auch schon im 19. Jahrhundert der anarchistische Terrorismus mit dem Konzept der "Propaganda der Tat" vorgeführt, die immer noch funktioniert.